Buchhinweis: „Ich will Bundeskanzler werden, nicht Zirkusdirektor.“

Olaf Scholz Der Weg zur Macht Buchcover Lars HaiderDieses Buch kommt zur rechten Zeit, auf den Markt geworfen zum Zeitpunkt der Kanzlerwahl im Deutschen Bundestag. Die Lektüre ist schon deswegen spannend, weil es, interessanterweise, bislang gar kein Buch über Olaf Scholz gab. Geschrieben hat es Lars Haider, der unseren neuen Bundeskanzler als langjähriger Chefredakteur des „Hamburger Abendblatts“ seit langem kennt und über zehn Jahre hinweg aus der journalistischen Nähe beobachtet. Das Buch zeichnet, wie sein Untertitel korrekt ausweist, den Aufstieg des norddeutschen Politikers zum Gipfel der Macht. Ein Aufstieg, an den er, mit nur sehr wenigen Getreuen in seinem Umfeld, immer geglaubt und diesen Weg mit größter Konsequenz beschritten hat.

Aber das Buch bietet mehr als eine Chronologie der Verantwortungsübernahme von wichtigen politischen Ämtern bis zur Spitzenkandidatur in einem außergewöhnlichen Bundestagswahlkampf. Wenn man dieses Buch nicht nur liest, sondern reflektiert, ist es zugleich ein kluger Beitrag zur politischen Psychologie in unserem Land.

Die Deutschen wollten den Anti-Schröder

Wenn man die Debatte über Politische Kommunikation kontinuierlich verfolgt, dann zeigt sich in Wissenschaft und Medien ein unübersehbarer Grundzug: Gefordert werden dort zumeist Führungstypen mit Charisma. So einen, wie sich die CDU gerade mit Friedrich Merz an die Spitze geholt hat. Da ist es dann schon faszinierend zu sehen, dass sich die Deutschen insgesamt und in ihrer Breite jetzt ein zweites Mal anders entschieden haben. Und dieses, wenn man die Umfragedaten sorgfältig auswertet, offenbar sehr bewusst. Nämlich für einen ganz anderen Typ.

Indem sie das wichtigste Amt im Staat erneut einer Person anvertrauten, die genau das nicht ist: charismatisch. Scholz und Merkel, sie sind beide fast gänzlich uneitel, sind Vernunftmenschen, nüchtern, zurückhaltend bis spröde, Scholz sogar fast schüchtern, Lars Haider arbeitet gerade diesen Charakterzug des Hanseaten deutlich heraus. Ein echter Anti-Schröder oder auch Anti-Söder, Anti-Seehofer. Und trotzdem, vielleicht sogar genau deswegen haben beide, Merkel wie Scholz, es geschafft, die höchsten persönlichen Zustimmungswerte für Politiker in Deutschland zu bekommen. Und die von Scholz lagen und liegen ja schon länger vor denen seiner Partei, eigentlich immer schon.

Warum das so ist, weiß man nach diesem Buch besser.

Das Buch zeigt den zielstrebigen Weg des heutigen Kanzlers. Anders als viele glauben, hatte Olaf Scholz einen Plan, der auf einer exakten Analyse beruht. Und dieser Plan hat auf erstaunliche Weise funktioniert. Sein Kalkül ging auf. Unabhängig von den früheren Umfragen, würden die Deutschen erst wenige Wochen vor der Wahl wirklich merken, dass Merkels Zeit tatsächlich endet – und sie würden nach jemandem Ausschau halten, der ähnlich ist: erfahren, sachlich, intelligent, zurückhaltend im Auftritt, beharrlich und belastbar. So war sein Kalkül. So kam es, genauso.

„Scholzomat“ nicht im Dauerbetrieb

Und dies hat durchaus mit einer besonderen Art der Kommunikation zu tun. Scholz ist kein Lautsprecher vor der großen Menge. Er ist nicht der Mann für sprühende Funken in Fernseh-Interviews und Talkshows. Er wird keine mitreißenden Regierungserklärungen im Bundestag halten. Und er wird den Journalisten keineswegs täglich Schlagzeilen durch zugespitzte politische Wertungen liefern. Ganz im Gegenteil wird er Letzteres meiden und auf seine unnachahmliche Rhetorik so unspektakulär wie möglich und so sachlich wie möglich antworten. Gelegentliche rhetorische Volltreffer nicht ausgeschlossen („Ich will Bundeskanzler werden, nicht Zirkusdirektor“). Wenn er überhaupt in Erscheinung tritt. Denn er wird die politische Vorderbühne oft auch anderen überlassen, seinen Ministern und Koalitionspartnern. Das mag ihn für journalistische Beobachter zuweilen langweilig machen. Aber nicht unsympathisch fürs Publikum – solange er es schafft, Phrasendrescherei zu vermeiden und den klassischen „Scholzomaten“ nicht im Dauerbetrieb zu halten.

In kleineren Formaten und persönlichen Begegnungen ist er wohl anders als ihn das große Fernsehpublikum erlebt. Olaf Scholz kann offenbar persönlich sehr gewinnend sein. So porträtiert ihn jedenfalls Haider: stets höflich, individuell zugewandt, gut und ausdauernd zuhörend, zuweilen charmant und nicht unwitzig. Das ist keiner für die große Show, Aber vielleicht will das Publikum die auch gar nicht. Jedenfalls nicht im Moment.

Titel: Olaf Scholz. Der Weg zur Macht; Autor: Lars Haider; 3. Unveränderte Auflage; Verlag: Klartext Verlag, Essen 2021; Umfang: 198 Seiten; Preis: 20,00 Euro; ISBN 978-3-8375-2489-5

Kiefer Markus Prof FOM kleinerÜber den Autor der Rezension: Markus Kiefer (63, Foto) ist Professor an der FOM - Hochschule für Oekonomie und Management. Dort lehrt er BWL, mit dem Schwerpunkt der Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation.
Im Rechtsverlag (Düsseldorf / Stadtlohn) hat er im März 2021 das Buch „Kommunikationskompetenz“ und die Essay-Sammlung „Moderne Unternehmenskommunikation“ veröffentlicht. Das Buch zeigt Wege zu einer zeitgemäßen Führungskräfte- und Organisationskommunikation auf, die zweite Schrift liefert Bausteine und Vorschläge für die Praxis – insbesondere der mittelständischen Unternehmenskommunikation. Zur Verlags-Website mit direkter Bestellmöglichkeit geht es 
hier.

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