Alexander Karl fordert die PR auf, sich ihrer Rolle bewusst zu werden: „Sie ist eben nicht nur Bote, sondern sie ist Sprachrohr und Enabler, Verstärker und Kurator in einem.“ (© hypr)

PR-Schaffende sehen sich oftmals nur als Boten, die Informationen weitergeben und Menschen zum Austausch verknüpfen. Damit machen sie es sich jedoch zu einfach, findet Alexander Karl, Attention Lead bei der Berliner Agentur hypr. Er sieht PRler mehr denn je in einer aktiven Kommunikationsrolle – und somit auch in der Verantwortung für das, was sie tun.

Von Alexander Karl, Berlin

Botinnen und Boten übermitteln nur, PRler aber schaffen

„Don’t shoot the messenger“ oder – auf gut Deutsch: erschieß nicht die Botin oder den Boten, die nur überbringen – ist keine Weisheit der Neuzeit. Dieses Bonmot gab es schon bei den alten Griechen, etwa in Gestalt von Sophokles, der in seiner Tragödie Antigone den Boten feststellen ließ: „Denn niemand liebt den Boten schlimmer Worte.“

Und natürlich hat dieser Bote Recht: Schlechte Nachrichten färben schon mal zu Unrecht auf die Überbringer ab. Selbst, wenn die gar nichts dafür können. Denn sie sind ja nur der Dienstleister, übermitteln Worte und Gedanken, die gar nicht wirklich von ihnen stammen. Sie erfüllen ihren Auftrag, mehr nicht, und dürfen danach ihre Hände in Unschuld waschen. 

Oft hat man das Gefühl, dass PR-Schaffende sich auch darauf zurückziehen: Nur Botin und Dienstleister zu sein, die eben eine Botschaft überbringen, aber nicht Absender sind. Aber PR-Schaffende sind nicht nur Boten, sie geben nicht nur als Mittler zwischen einem Unternehmen und einem Medium Informationen oder Botschaften weiter. Sie formulieren und gestalten, sie kontextualisieren und rahmen, kurz: PR-Schaffende tragen allem Dienstleister-Verständnis zum Trotz Verantwortung für das, was sie kommunizieren.

Wie kritisch soll das Mindset der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirklich sein?

Diese Verantwortung für all das zu sehen, was PR-Schaffende kommunizieren, kommt im Branchendiskurs oft zu kurz. Denn wer Unrechtsstaaten als erholsame Urlaubsdestinationen anpreist oder Suchtmittel aus Partyspaß verharmlost, der ist eben nicht nur Bote. Sondern ein die Botschaften von Kundinnen und Kunden zuschneidendes Organ, das durch die Auswahl des Mediums mitsamt des ausgewählten Narrativs dazu beiträgt, was bei den Menschen ankommt.

Und doch ist es nicht allein damit getan, sich im Unternehmen auf Werte zu verständigen und No-Gos zu definieren. Denn ohne die passenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist alles nichts. Suchen Agenturen und Pressestellen nur nach Erfüllungsgehilfen, die möglichst effizient das tun, was ihnen gesagt wird? Oder wird tatsächlich nach Menschen, die mitdenken, die kritisch hinterfragen und "Nein" sagen, rekrutiert? Wer Werte will, muss auch Werte einstellen.

PR muss anfangen, sich groß zu machen – und sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden

Nun lässt sich leicht entgegnen, dass die Rechnungen ja auch irgendwie bezahlt werden müssen. Wird ja alles teurer und letztlich muss man ja auch nehmen, was die Wirtschaft und Gesellschaft bietet – wir sind ja nicht bei Wünsch-dir-was.

Was durchaus stimmt. Denn natürlich kann nicht jede PR-Agentur nur für NGO arbeiten. Natürlich liegt es immer auch im Auge der Betrachter, was wirklich schlimm ist und was gerade so noch gut ist. Und natürlich ist PR in Zeiten von User-Generated-Content und Social Media nicht alleinverantwortlich dafür, dass unser gesellschaftlicher Kitt immer poröser wird.

Aber wir leben in einer Zeit, in der es Haltung braucht, nach innen und nach außen. Die PR hat die Macht, dass diese Haltung einen tatsächlichen Impact hat. Sie ist eben nicht nur Bote, sondern sie ist Sprachrohr und Enabler, Verstärker und Kurator in einem.

Und, was oft übersehen wird: PR-Schaffende können durch strategisch konsistente Arbeit auch unternehmerische Werte schaffen – und „nicht nur" Öffentlichkeit. Das erfordert natürlich, dass Presse-Menschen rechtzeitig in sensible Entscheidungen eingebunden werden und ihre Perspektive berücksichtigt wird. Kommunikation wird dadurch jedoch vom Boten von Entscheidungen zum Pulsmesser unternehmerischer Werte.

PR-Schaffende sollten und dürfen sich daher nicht mehr hinter der Botschaft verstecken, sondern müssen sich ihrer Rolle und der damit einhergehenden Verantwortung bewusst werden. Denn in allerletzter Konsequenz trägt eine wertebasierte PR dazu bei, dass auch die sie beauftragenden Unternehmen und Organisationen in die Pflicht genommen werden, Verantwortung zu übernehmen. Und das wäre in Zeiten wie diesen eine ziemlich gute Botschaft.

Über den Autor: Alexander Karl arbeitet als Attention Lead für die Berliner Kommunikationsagentur hypr, die sich auf digitale Geschäftsmodelle und Personal Profiling spezialisiert hat. (Als Attention Manager sorgt für Aufmerksamkeit im Sinne des Auftraggebers, in der Lead-Funktion übernimmt er zusätzlich unternehmerische Verantwortung.) Zuvor war er Leiter Kommunikation und digitale Inhalte beim Murmann Verlag in Hamburg. 2017 war er einer der #30u30 („30 unter 30“), ausgewählt von der gleichnamigen Nachwuchsinitiative in der PR- und Kommunikationsbranche.


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