Kommentare Kommentar zum Edelman Trust Barometer: Die Wirtschaft muss ihren Vertrauensvorsprung einlösen
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- von Thomas Dillmann, Bad Honnef
Alle Jahre wieder! Erneut zeigt das Edelman Trust Barometer, dass die Wirtschaft bei insgesamt stagnierenden Zahlen immer noch die besten Werte in Sachen Vertrauen für sich verbuchen kann. Die Wirtschaft mit ihrem Führungspersonal ist es also, die für eine optimistische Zukunft weiter vorangehen soll und sich durch schnelles und verlässliches Handeln („da wird angepackt“) von Regierungen und Medien sowie NGOs abhebt und immerhin noch ein wenig Vertrauen geschenkt bekommt. Dieses Bild hat sich seit einigen Jahren verfestigt.
Doch ist das uneingeschränkt berechtigt? Der CDU-Bundestagsabgeordnete Norbert Röttgen, der Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und stellvertretender Vorsitzender der Atlantik-Brücke ist, hinterfragte das. Im Rahmen der Präsentation der diesjährigen Ergebnisse des Edelman Trust Barometers war er am 26. Januar Gast einer Diskussionsrunde mit Richard Edelman, Christiane Schulz, CEO Edelman Germany, Metin Hakverdi (SPD), Bundestagsabgeordneter und ebenfalls Vorstandsmitglied der Atlantik-Brücke, und Moderatorin Julia Friedlander, Geschäftsführerin der Atlantik-Brücke. Dabei mahnte Röttgen unter anderem mehr öffentliche Präsenz der CEOs an. Wenn ihnen denn die Bevölkerung relativ am meisten vertraue, dann müsse die Wirtschaft auch mehr Engagement zeigen, um gesellschaftliche Missstände abzubauen. Konkret forderte er, die Wirtschaftsführer sollten sich in Talkshows oder bei öffentlichen Auftritten häufiger einer offenen Diskussion stellen. Nur im offenen Diskurs könnten sie ihren „Vertrauensvorsprung“ rechtfertigen und im Austausch mit Politikern und Medienvertretern zeigen, dass er berechtigt sei.
Recht hat er! Denn CEOs versagen in einem zentralen Punkt, nämlich ihrem unternehmerischem Auftrag und der damit zusammenhängenden gesellschaftlichen Verantwortung gleichermaßen gerecht zu werden. Das bemängeln auch die Befragten im Edelman Trust Barometer 2023. Sie erwarten, dass Unternehmensführer im öffentlichen Raum Stellung beziehen zu Themen wie Energieknappheit, Zugang zur Gesundheitsversorgung oder Klimawandel. Dazu ist mehr Mut erforderlich, als viele CEOs tatsächlich an den Tag legen.
Doch das Risiko, sich beispielsweise in Talkshows einer offenen Diskussion zu stellen, scheuen viele CEOs. Diesen Missstand zu beseitigen und den Vertrauensvorsprung zu nutzen, um daran mitzuwirken, gesellschaftliche Probleme zu beseitigen, ist deshalb eine berechtigte Forderung.
Übrigens richtet sie sich auch an die Kommunikationsabteilungen, die vielfach eher als Schutzbataillon für ihre CEOs auftreten und sie gekonnt abschirmen. Für sie liegt die Herausforderung darin, dafür zu sorgen, dass CEO-Kommunikation mehr bedeutet, als hier und da auf LinkedIn oder Twitter Präsenz zu zeigen. Gefragt ist die öffentliche Präsenz, darauf müssen sie ihre Chefinnen und Chefs vorbereiten.
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