Mit Dokumentationspflichten überlastet: Das DAX-Reporting 2022/2023

Es grünt so grün in den Jahresberichten der deutschen Unternehmen. Die Berichterstattung hierzu ist überbordend. Teils aufgrund der CSR-Dokumentationen. Die meisten setzen noch eins drauf und ergänzen diese Pflichtangaben mit eigens erhobenen Daten, sodass die Berichte – so scheint es jedenfalls – immer „grüner“ werden. Gegeneinander gestellt liest sich das wie ein Überbietungswettbewerb. Jeder will der „grünste“ sein. Rentabilitätsdaten und Kapitalmarktorientierung geraten dabei leicht aus dem Blick. Nachfolgend ein erster Überblick über das DAX-Reporting 2022/2023.

Seit einigen Jahren sind kapitalmarktorientierte Unternehmen mit Dokumentationspflichten (Lieferkettengesetz, CSR-Reporting-Dokumentationen) überlastet. Als Folge haben die Umfänge zugenommen. Bei kaum einen DAX-Unternehmen liegt der Berichtsumfang unter 300 Seiten; bei der Deutschen Bank sind es knapp unter 800 Seiten. Dabei ist nicht berücksichtigt, dass einzelne Unternehmen Teile ihrer berichtspflichtigen Informationen auf die Website ausgliedern, wie beispielsweise die Vergütungsberichte von Vorstand und Aufsichtsrat. Die digitale Bereitstellung hat sich binnen weniger Jahre durchgesetzt. Unter den DAX-Unternehmen veröffentlicht einzig Qiagen noch eine Druckversion. Zwölf der 40 DAX-Unternehmen veröffentlichten im Berichtsjahr 2022 einen separaten Nachhaltigkeitsbericht. Der betriebliche Aufwand steigt immens. Mehr Gewicht bekommt die gesellschaftliche Rolle der Unternehmen.

Berichtsprofile sind notwendig geworden

Vorangestellt in den Berichten finden wir fast durchgängig Tabellen mit einschlägigen Kennzahlen. Wie überhaupt die Häufigkeit von Statistiken und Tabellen in der Darstellung stetig an Platz gewinnt. Mittlerweile gehen zahlreiche Unternehmen dazu über, ein eigenes Kapitel „Über diesen Bericht“ (alternativ: „Berichtsprofil“) voranzustellen, um damit den Investoren und anderen Interessenten eine erste Orientierung zu ermöglichen, was angesichts der breit angelegten Berichterstattung auch recht sinnvoll erscheint. Die zur Pflicht gewordenen Vergütungsberichte von Vorstand und Aufsichtsrat einschließlich deren notwendiger Testierung nehmen mehrheitlich ein Zehntel (!) der gesamten Finanzberichterstattung ein.

Defizit Kapitalmarktorientierung

Ein deutliches Defizit ist bei der Kapitalmarktorientierung auszumachen, obwohl die Kapitel „Unsere Aktie“ das Gegenteil vermuten lassen. Bei einzelnen Unternehmen (wie z.B. bei Heidelberg Materials) lässt sich erkennbar eine Kapitalmarktorientierung feststellen, was eigentlich das primäre Ziel wäre. Bei der Deutschen Telekom sowie einer Mehrzahl weiterer DAX-Unternehmen lässt sich eine Fokussierung auf den Kapitalmarkt allerdings nur schwer herauszulesen. Mehr als die Hälfte berichtet über die jeweilige Kapitalmarktkommunikation (Anzahl der Roadshows etc.).

Kaum noch Sonderzeichen und Sternchen

Sprachlich ist im Großen und Ganzen wieder etwas mehr Ruhe eingekehrt. Eine deutliche Mehrzahl der DAX-Unternehmen (32 von 40) verwendet in der Regel keine Sonderzeichen wie Sternchen, Unterstrich, sogenannte Beidbezeichnungen hingegen (wie Aktionär, Aktionärin) kommen häufiger vor und gehören wohl inzwischen zum orthographischen Repertoire. Den Gender-Stern gebrauchen beispielsweise Zalando und die Deutsche Telekom; den Gender-Doppelpunkt Henkel und MTU. Beiersdorf tut dies in kaum noch akzeptabler Weise, wie die beiden Beispiele zeigen: „verbraucher*innennahen Marke“, „Kund*innen“.

Gruppenportraits dominieren

Anders als erwartet, stellt die Mehrzahl der Unternehmen ihr Vorstandsgremium fotografisch vor. Das passiert in elf Fällen in Form von Einzelportraits und in 18 Fällen im Rahmen von nicht immer überzeugenden Gruppenportraits. Der Rest verzichtet auf eine Abbildung. Auffallend die Bekleidung: Offene Hemdkragen bei den Herren; Krawattenträger (z.B. bei Merck und RWE) gewinnen den Status eines Unikats. Dahinter verbirgt sich die Frage, ob die jeweils gewählte Darstellung dem Autoritätsstatus der Vorstandsmitglieder gerecht wird.

Satte Honorare für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften

Die Honorare der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind kräftig angewachsen. Sie generieren zwischen 1,2 Millionen Euro (Sartorius) am unteren und 92,8 Millionen Euro (Allianz) am oberen Ende Und das hat seine Gründe. Einer davon ist, dass inzwischen auch die Nichtfinanzielle Erklärung von Wirtschaftsprüfern mit einem – wenn auch eingeschränkten – Testat versehen werden muss. Zum anderen, weil die Prüfungsleistungen analog zu den Berichtspflichten zugenommen haben.

Verantwortlichkeiten unklar

Hinsichtlich der Angaben in den Impressen ist kein einheitliches Bild zu finden. Immerhin erkennen wir dort Anhaltspunkte über die Zuständigkeiten. Am häufigsten werden Kontaktadressen genannt, und zwar in unterschiedlicher Ausprägung. Auf der einen Seite mit Namen, Durchwahl-Telefon- und / oder Faxnummer. Ein anderes Mal nur Telefonnummer. Corporate Communications und Investor Relations werden am häufigsten genannt; bei einigen Unternehmen Corporate Sustainability. Als „verantwortlich“ gibt SAP als einziges Unternehmen Investor Relations an. Allianz wie auch Continental belassen es bei der Nennung der Unternehmensadresse. Selten wird wie bei Henkel die Hinzuziehung eines Lektorats angegeben. Mercedes Benz nennt als „Verantwortlich für den Herausgeber“ Eckehard Mosler, ohne dessen Funktion darzulegen (S. 266). Externe Dienstleister für Konzeption, Gestaltung und Realisierung werden mehrheitlich beauftragt und im Impressum benannt. Erkennbar sind drei bis vier Agenturen, die das Feld innerhalb der DAX-Unternehmen beherrschen, und, wie es aussieht, ihr Geschäft gut verstehen.

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Personalien

Menschenrechte sind kein moralisches Add-on

Zum Mai 2025 hat Kristal Davidson die Leitung der Abteilung Kommunikation und die Funktion der Pressesprecherin am Deutschen Institut für Menschenrechte übernommen. (Foto: Barbara Dietl)Wenn Kristal Davidson über ihre neue Rolle spricht, klingt das nicht nach dem üblichen Antrittsinterview. Eher nach Überzeugung. Nach einem klaren Verständnis davon, was Kommunikation leisten muss – gerade jetzt und in diesem Jahr. Seit Mai verantwortet sie die Öffentlichkeitsarbeit am Deutschen Institut für Menschenrechte. Sie will nicht verwalten, sondern gestalten. Und sie bringt das nötige Handwerkszeug mit, um beides zu verbinden: strategische Kommunikation mit Haltung.

Unternehmen

Kommunikationschef der Commerzbank stirbt unerwartet

Philipp Encz, Kommunikationschef der Commerzbank, verstarb Pfingstmontag (Foto: Commerzbank)Philipp Encz, Leiter Kommunikation, Marke, Public Affairs und der Commerzbank-Stiftung, ist Anfang Juni überraschend verstorben. Er hatte die Funktion bei der Commerzbank am 1. Juni 2024 übernommen und war zuvor bei der US-Großbank Citigroup als „Head of Public Affairs Germany & Europe“ im Einsatz.

Verbände

DPRG setzt wieder auf hauptamtliche Geschäftsführung

Sybille Höhne ist die Geschäftsführerin der DPRG (Foto: privat)Organisiert wurde bei der DPRG bisher vieles nebenbei: von engagierten Vorständ:innen, getragen vom Ehrenamt, oft am Rand der Belastbarkeit. Natürlich gab es eine Geschäftsstelle und operative Hilfe, aber jetzt schafft der Verband die Struktur, die er braucht. Ab 1. Juli übernimmt Sybille Höhne die Geschäftsführung. Sie soll professionalisieren, entlasten, weiterentwickeln.

Branche

Wir müssen (endlich) über Strukturen sprechen 

Rund 150 Kommunikator:innen kamen auf den Otto Group Campus in Hamburg, um den Einsatz von KI in Kommunikationsstrukturen und -prozessen zu diskutieren. (Foto: Otto Group)Künstliche Intelligenz ist Realität. Die Frage ist also nicht, ob wir sie einsetzen, sondern wie wir sie wirklich in die Organisation bekommen. Das wird auch auf der diesjährigen CommTech Academy Summer School am 9. Juli in Hamburg deutlich. Zwischen Panels, Präsentationen und Praxisbeispielen aus Unternehmen wie Audi, Panasonic oder der Bundesdruckerei zeigt sich: Die Tools sind da. Der Wille vieler auch. Was fehlt, sind die strukturelle Verankerung und ein realitätsnaher Umgang mit der Lücke zwischen Anspruch und Alltag.

Medien

Andreas Marx ist neuer Chefredakteur der Absatzwirtschaft

Andreas MarxAndreas Marx (Foto © Open Up) übernimmt die Chefredaktion der Absatzwirtschaft in Düsseldorf. Er folgt auf Christa Catharina Müller, die die Chefredaktion zum Jahreswechsel auf eigenen Wunsch abgegeben hat. Marx ist seit 2022 Teil der Redaktion und trieb den Ausbau der Social-Media-Präsenz voran und etablierte datengetriebene Prozesse im redaktionellen Alltag. Davor war er bei Meedia für den Bereich Marken und Marketing verantwortlich und sammelte Agenturerfahrung bei C3 in München, wo er die Social-Media-Content-Produktion für zwei Großkunden verantwortete.

Das PR-Interview

Krisen lassen sich nicht prompten

Was passiert, wenn eine KI auf einen Shitstorm trifft? Kann ein Prompt Vertrauen retten? Und warum ist gerade die beste Technik oft hilflos, wenn niemand Verantwortung übernimmt? Patrick Hacker, Leiter der europaweiten Krisenkommunikation bei Team Farner und stv. Geschäftsführer von komm.passion, erklärt im Interview, was KI heute wirklich leisten kann – und warum kluge Vorbereitung und menschliche Haltung wichtiger sind als jedes Tool.

Autoren-Beiträge

Kommunikation in Change-Projekten

Birgit GrassmannViele Transformationsprojekte starten mit einer durchdachten Strategie und versierten Expertinnen und Experten an ihrer Seite – und scheitern dennoch. Nicht an der Technik, nicht am Budget, sondern an den Menschen. Praxis und Studien zeigen immer wieder: Die größte Hürde ist die Akzeptanz. Häufig misslingen Veränderungsprozesse, weil die Mitarbeitenden diese nicht annehmen wollen oder nicht bereit sind, sich darauf einzulassen. Daher gilt: Wer Transformation wirklich will, muss sie nicht nur durchdenken, sondern auch durchsprechen.

Der Sprach-Optimist

Bitte laber Deine Kunden oder Kollegen nicht voll …

Murtaza AkbarJetzt gibt’s Real Talk. Genauso wie Du hat unser Sprach-Optimist Murtaza Akbar (Foto: Agentur Wortwahl) nämlich überhaupt keine Lust mehr darauf, dass Leute ihm mit ihrem Geschwafel die Zeit stehlen. Unvorbereitet, respektlos und nervig findet er das. Klingt hart. Du merkst, er redet dieses Mal richtig Tacheles. Kannst Du das viele Gelabere auch nicht mehr hören?

Rezensionen

„Starke Signale“ ist ein starker Buchtitel

Der innovativste Teil findet sich auf den letzten Buchseiten. (Foto: itscroma / Carl-Auer Verlag / Annett Bergk)Aber, ist es auch ein starkes Buch, was Michel Reimon hier auf 270 Seiten ausbreitet? Nun, das Urteil sollte sich vielleicht entlang der Frage entfalten, was man von einem erfahrenen Politiker als Autor erwarten darf, wenn er sich Themen der systemischen Kommunikation zuwendet, noch dazu in einem Buchverlag wie Carl Auer, der eine starke Qualitäts-Position in psychologischen Themengebieten hat.

Kommentare

Mit Daten spielt man nicht – oder?

Für viele Lesenden dürfte die Überschrift ein Bild der Die Headline muss knallen und die Erkenntnisse überraschen – PR-Schaffende wissen, wie Studien und Umfragen aussehen müssen, um Interesse zu wecken. Denn repräsentative Umfragen lassen sich, der Digitalisierung sei Dank, leichter und kostengünstiger erstellen als noch vor zehn Jahren. Mit diesem entstandenen Daten-Überfluss sind Zahlen selbst in Zeiten schrumpfender Redaktionen kein Garant mehr für Aufmerksamkeit. Das stellt Kommunikator:innen immer wieder vor die Frage: Wie viel Einfluss darf ich auf die Deutung meiner Daten nehmen, um dieses Ziel zu erreichen?

Studien

Gesundheitskommunikation muss Vertrauen neu verhandeln 

Gesundheitsinformationen entstehen längst auch außerhalb der Praxis. (Foto: National Cancer Institute / Unsplash)Das Vertrauen in das Gesundheitssystem sinkt. Auch in Deutschland, und gerade bei jungen Menschen. Der neue Edelman Trust Barometer 2025 Special Report: Trust and Health legt offen, wie tief der Bruch mittlerweile geht. Doch es ist nicht nur ein medizinisches oder politisches Problem. Es ist ein kommunikatives. Und es stellt Profis in Gesundheits-PR und -kommunikation vor eine neue Realität.

Aus- und Weiterbildung

Unternehmenskultur 5.0

Carolin WrightDie Deutsche Akademie für Public Relations (dapr) hat neu das zweitägige Praxisseminar Unternehmenskultur 5.0 in ihr Weiterbildungsportfolio aufgenommen. Dieses findet erstmalig ab dem 29. September 2025 in Düsseldorf statt. Dozentin Carolin Wright bereitet darin Kommunikations-, HR- und Marketing-Profis auf die Entwicklung einer zeitgemäßen Unternehmenskultur vor.

Macht der Bilder

Dealmaker?

Trump und Selenskyi im Petersdom in RomWir wissen nicht, was gesprochen wird. Aber instinktiv spitzen wir die Ohren. Auf zwei banalen Stühlen sitzen sich zwei Männer in einem prunkvollen Setting gegenüber. Der Fußboden scheint um sie zu kreisen und vielleicht in diesem Moment auch die ganze Welt. An der Stelle, an der die Päpste ihren Segen Urbi et orbi – der Stadt und dem Erdkreis spenden, findet ein möglicherweise schicksalhaftes Gespräch zwischen US-Präsident Trump und Ukraine Präsident Selenskyj statt.

Agile Denkpause

Die Währung der PR: Reputation, Ethik, Strategie und Expertise

Kathrin BehrensDie PR-Branche ist in Bewegung, und der PR World Report 2024/25 der International Communications Consultancy Organisation (ICCO) zeigt deutlich, wohin die Reise geht. Vier zentrale Trends prägen die Zukunft der Kommunikation: Reputation als Kapital, Ethik als Kompass, Strategie als Erfolgsfaktor und erfahrene Profis als unersetzliche Navigatoren in der KI-gestützten Welt. Was bedeutet das für Unternehmen und PR-Profis?

Jobprofile

Was macht eigentlich ein Junior Consultant bei MSL Germany?

Zara TariqDas Traineeprogramm von MSL war für Zara Tariq der ideale Einstieg in die Kommunikationsbranche. Damit hatte sie zunächst die Möglichkeit, in verschiedene Bereiche der Agentur hineinschnuppern zu können. Schnell war klar, dass sie sich in den Bereichen Healthcare Communications und Brand PR sehr wohl fühlt. So begann im September 2022 ihr Traineeship bei MSL. Wie es weiterging, schildert sie im nachfolgenden Jobprofil.

Preise und Awards

Die Shortlist des Inkometa Awards steht fest

Hybride Finaljurysitzung (Foto: SCM)Über 60 Projekte haben es auf die Shortlist des Inkometa Awards 2025 geschafft – ein Zeichen dafür, dass sich interne Kommunikation zunehmend auch über externe Bewertung und Auszeichnung definiert. Preise wie dieser verstehen sich als Gradmesser für Qualität, Strategie und Wirksamkeit. Ob sie diesem Anspruch gerecht werden, hängt aber nicht zuletzt davon ab, wie kritisch Jury und Branche hinschauen.

Whitepaper

Richtig kommunizieren in der Cyberkrise

Das Cover des Whitepapers Kommunikation in der CyberattackeLaut der Studie PwC Digital Trust Insights 2025 hatten nur fünf Prozent der deutschen Unternehmen in den letzten drei Jahren keinen Fall von Datendiebstahl oder -missbrauch. 83 Prozent der betroffenen Unternehmen erlitten Schäden von bis zu 9,9 Millionen Dollar. Das zeigt, wie entscheidend eine solide Krisenkommunikationsstrategie ist. Doch wie reagiert man richtig auf einen Cyberangriff? Erste Antworten liefert das Whitepaper „Kommunikation in der Cyberkrise“ der Agentur komm.passion / Team Farner.