Autorenbeitrag: So funktioniert Big Data in der PR

In manchen Pressestellen gibt es noch diese Relikte aus der Dinosaurierzeit der PR: Jede Woche kommt ein dicker Briefumschlag vom Clippingdienst mit den aktuell gefundenen Veröffentlichungen. Wer etwas mehr Geld ausgibt, erfährt in breit ausgewälzten Reports, wie viele Veröffentlichungen gefunden wurden, wie hoch die Reichweite und wie gut die Tonalität war. Um das Marketing glücklich zu machen, gibt es die Auswertung sogar nach Nielsen-Gebieten. Unter uns, waren diese Auswertungen jemals für Sie hilfreich, um Ihre Kommunikation strategisch auszurichten? Durch die Digitalisierung gibt es heute deutlich bessere Möglichkeiten.

Jörg Forthmann

Die Kommunikation im Internet ist ein Spiegel der Kommunikation in der analogen Welt: Veröffentlichungen in Print-Medien spiegeln sich in Online-Medien. Tratsch läuft über Facebook und Twitter. Und Ratgeber artikulieren sich auf Foren, Blogs und in Communities. Damit ist das Internet die ideale Quelle, um die Kommunikation zu Unternehmen, Marken und Institutionen abzugreifen. Mittels spezialisierter Crawler werden alle Aussagen zu bestimmten Suchbegriffen gesammelt und in Datenbanken abgespeichert. Das ist der erste große Vorteil gegenüber den Print-Clippings: Die Aussagen sind bereits digital und lassen sich nun effizient weiter aufbereiten.

Künstliche Intelligenz

Das Aufarbeiten von digitaler Kommunikation ist allerdings mit einer Herausforderung verbunden: In der Regel haben Unternehmen eine vierstellige, mitunter sogar eine sechsstellige Zahl an Aussagen, die ausgewertet werden müssen. Das ist händisch nicht mehr zu machen. Deshalb kommt künstliche Intelligenz zum Einsatz. Die künstliche Intelligenz wurde zuvor mit komplexen Regelwerken gefüttert, um die deutsche Sprache zu verstehen, Tonalitäten richtig zu erkennen und die Aussagen vordefinierten Themen zuzuordnen.

Qualität

Die Qualität dieser Technologie ist jedoch sehr unterschiedlich: Für die englische Sprache gibt es bereits leistungsfähige Lösungen, vor allem aus den USA und aus Großbritannien. Für die deutsche Sprache ist hingegen das Lösungsangebot eher bescheiden. Schwache Anbieter erzeugen Trefferquoten, die durch bloßes Würfeln glatt übertroffen werden. Gute Anbieter erzielen Trefferquoten von 80 Prozent und ein gutes Stück mehr. Es bleibt ein Graubereich der deutschen Sprache, den die künstliche Intelligenz nicht versteht, zum Beispiel Ironie. Nichtsdestotrotz ist der Einsatz der künstlichen Intelligenz sehr hilfreich, denn über die große Zahl an Aussagen, die digital vorliegen, relativiert sich der Fehler. Eine kluge Qualitätssicherung hilft zudem, die Ergebnisqualität nochmals zu verbessern.

Fünf Reputationsdimensionen

Was macht also die künstliche Intelligenz? Sie zerschneidet einen längeren Beitrag in Einzelaussagen und untersucht, welche Tonalität in einer Textsequenz vorherrscht und welches Thema besprochen wird. Gerade die Zuordnung und Bewertung von Aussagen zu Themenbereichen liefert einen enormen Mehrwert des so genannten „Social Listenings“ gegenüber schnöden Clippingdiensten. So lässt sich die Kommunikation zum Beispiel im Hinblick auf die fünf Reputationsdimensionen untersuchen:

  • Performance des Managements
  • Wirtschaftliche Performance
  • Performance als Arbeitgeber
  • Performance bei Produkten & Services
  • Performance in der Nachhaltigkeit

Wer sich die Kommunikation eher unter vertriebsunterstützenden Aspekten ansehen möchte, untersucht

  • Preis-Leistungsverhältnis,
  • Qualität,
  • Service und
  • Ansehen.

Welche Themen untersucht werden, obliegt der Entscheidung des verantwortlichen Kommunikators. Es lassen sich für jedes Thema Regelwerke für die künstliche Intelligenz aufbauen. Für die oben genannten Themen liegen bereits in der Praxis erprobte Regelwerke vor.

Vergleichende Analysen

Das Messen einer Ist-Situation liefert nur eine begrenzte Orientierung. Mehr Sinn ergibt es, seine eigenen Werte mit denen der wichtigsten Wettbewerber zu vergleichen. So werden Stärken und Schwächen im Markt besser sichtbar. Alternativ dazu ist eine Analyse im Zeitverlauf möglich, um die Entwicklung zu sehen, wie sich historisch die Kommunikation zum Unternehmen entwickelt hat – und ob es sich heute um einen vergleichsweise guten Status handelt. Bei Analysen im Zeitverlauf ist darauf zu achten, dass die Daten in der digitalen Welt frühzeitig gesammelt werden. Es können zwar auch Daten der Vergangenheit gecrawlt werden. Doch das geht für maximal drei Monate rückwärts. Dann verschwimmt die Datenqualität und es entstehen unbrauchbare Analysen. Deshalb sammelt zum Beispiel das Faktenkontor die gesamte Kommunikation zu den 5.000 mitarbeiterstärksten Unternehmen im deutschsprachigen Internet seit nahezu drei Jahren. Mit Hilfe dieser Datenbank sind rückwärtige Analysen leicht machbar.

Mut zur Nutzung der neuen Technologie

Die Technologie zur Analyse der digitalen Kommunikation ist also heute vorhanden. Was fehlt, ist die Nutzung durch Pressestellen. Einige Pioniere greifen bereits auf diese Werkzeuge zurück. Doch das ist – noch – eine Minderheit. Kommunikatoren scheuen mitunter vor dem Einsatz von Technologie zurück, weil sie damit wenig vertraut sind. Haben Sie ein wenig Mut, sich auch in der Pressearbeit der Digitalisierung zu stellen! Die Unterstützung in der Strategiefindung und im operativen Tagesgeschäft ist enorm.

Aufgabenstellung klar definieren

Wichtig beim Einsatz von Big Data und künstlicher Intelligenz ist eine durchdachte Aufgabenstellung: Was wollen Sie gemessen haben? Welche Themen sind für Ihre Kommunikation relevant? Ist Ihre Kommunikation eher auf Vertriebsunterstützung oder eher auf Reputationsaufbau ausgerichtet? Erst wenn Pressesprecher zu diesen Fragen eine klare Antwort haben, lohnt der Technologieeinsatz.

Erfreulicher Nebeneffekt der Digitalisierung in der PR sind niedrige Kosten für die Kommunikationsanalysen. Sie liegen dramatisch unter denen der klassischen Marktforschung und ermöglichen daher den Einsatz der Technik auch bei überschaubaren Budgets.

Wer sich über Reputationsmonitoring näher informieren möchte, kann sich hier per E-Mail beim Autor einen Sonderdruck des Harvard Business Managers zu diesem Thema kostenfrei bestellen.

Über den Autor: Jörg Forthmann ist seit 30 Jahren Kommunikator, anfangs als Journalist, später in den Pressestellen von Nestlé und Mummert Consulting, heute als Geschäftsführender Gesellschafter der Kommunikationsberatung Faktenkontor. Im Faktenkontor verantwortet Forthmann die Analyse und die Konzeption.

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Personalien

René Hartmann leitet Kommunikation der Kliniken Köln

René HartmannRené Hartmann (35, Foto © privat) ist seit April Leiter für Unternehmenskommunikation der Kliniken der Stadt Köln. Zuletzt leitete er die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing der Städtischen Kliniken Mönchengladbach. Zuvor war er Manager Group Marketing Communications bei der Aareal Bank sowie Head of Communications bei der Santander Consumer Bank.

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Targobank vertraut auf newskontor

Marco Cabras und Tanja PlebuchDie Targobank wird sich zukünftig in Kommunikationsfragen von newskontor beraten und unterstützen lassen. Die Bank, die zu den größten Kreditinstituten Deutschlands gehört, hat die in Düsseldorf beheimatete Agentur als neuen Partner an Bord geholt. Das Mandat umfasst neben der Beratung auch Corporate Communications und Contenterstellung. Die Zusammenarbeit hat im 1. Quartal 2024 begonnen.

Agenturen

Neues Joint Venture für Krisenkommunikation

Lars Niggemann, Gerald Hensel, Markus Mayr und Eva FrieseDer Hass greift um sich: Politische Extremisten ziehen Kapital aus konstruierten Empörungswellen. PR-Angriffe auf demokratische Institutionen und Unternehmen häufen sich. Das Resultat: Für Unternehmen wird nicht nur der kommunikative Alltag, sondern auch das Eintreten für Demokratie zur Herausforderung. Ein neues Angebot namens „Brand Spines“ verspricht Hilfe und will die Resilienz stärken.

Unternehmen

Noch Zwei deutsche Unternehmen unter den Top 100

Deckblatt des PwC Global Top 100 RankingNach einem schwierigen Jahr 2023 haben die 100 wertvollsten Unternehmen der Welt laut dem jährlichen „Global Top 100“-Ranking von PwC wieder ein neues Allzeithoch erreicht. Mit einer Gesamtmarktkapitalisierung von 39,9 Billionen US-Dollar zum 31. März 2024 übertrafen sie ihren bisherigen Spitzenwert aus dem Jahr 2022 von 35 Billionen US-Dollar. Deutschland landet im Länderranking auf Platz 13.

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DPRG und GPRA bündeln Kompetenzen

Ulf Mehner und Alexandra GroßWirtschaft und Gesellschaft stehen vor zahlreichen Transformationsprojekten: Energiewende, Mobilitätswende, Industrie-Umbau. Für den Erfolg sind Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung entscheidend. Dafür bedarf es transparenter und professioneller Kommunikation auf Basis verbindlicher und nachvollziehbarer Qualitätskriterien und -standards. Die werden jetzt gemeinsam mit DPRG und GPRA erarbeitet.

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Gehaltsstillstand in der PR

Grafik GehaltsentwicklungGehaltsstillstand in der PR: Trotz hoher Inflationsrate sind die Gehälter vieler PR-Fachkräfte im Jahr 2023 nicht gestiegen. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass 80 Prozent der Kommunikationsprofis in Deutschland im vergangenen Jahr keine Gehaltserhöhung erhalten haben oder ihr Gehalt lediglich unter der Inflationsrate gestiegen ist. Dennoch ist nur jede und jeder Fünfte mit dem eigenen Einkommen unzufrieden.

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Kürschner-Verlag wird 75

Zwei BuchcoverDas rot-weiß gestreifte Taschenbuch, in dem alle Bundestagsabgeordneten mit Bild und Biografie vorgestellt werden, hatten viele schon in der Hand. Der Verlag, der dieses Taschenbuch herausgibt, feiert in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum. Vor 75 Jahren wurde die Neue Darmstädter Verlagsanstalt GmbH durch Adolf Holzapfel in Darmstadt gegründet und nahm am 16. Mai 1949 den Geschäftsbetrieb als Verlag auf.

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Jacqueline Althaller weiß, wer im Driverseat sitzt

Jacqueline Althaller Gast im Podcast-Interview April ist Jacqueline Althaller, die Macherin der Studie zur Social Media Kommunikation von B2B Unternehmen und Geschäftsführerin der Agentur Althaller Communication Gesellschaft für Marktkommunikation mbH. Sie berichtet, wie es zu der Langzeitstudie kam, deren 14. Ausgabe Anfang April gestartet wurde, wie sich die Social-Media-Nutzung im B2B-Sektor verändert hat und was die dominierenden Themen sind.

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Design Thinking als faszinierende Lektüre

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Agile Denkpause

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Preise und Awards

Stolze Gewinnerinnen und Gewinner

Von links: Christoph Heshmatpour, Johanna Wittner, Michael Rotschädl und Lukas KalteisDie Erstplatzierten des diesjährigen Franz-Bogner-Wissenschaftspreises für PR stehen fest: Es sind Johanna Wittner, Michael Rotschädl, Christoph Heshmatpour und Lukas Kalteis. Insgesamt wurden 33 wissenschaftliche Arbeiten aus dem Jahr 2023 in vier Kategorien eingereicht. Zehn Arbeiten erhielten bei der Verleihung am 22. April in Wien eine Auszeichnung. Das Preisgeld beträgt insgesamt 8.900,00 Euro.

Whitepaper

Erfolg der Kommunikation stichhaltig nachweisen

In der Unternehmenswelt stehen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren oft vor der Herausforderung, ihre Erfolge anhand von Kennzahlen wie Reichweite, Tonalität oder Share of Voice zu messen. Diese Metriken sind in der Kommunikationsbranche gängig und bieten Einblicke in die Wirksamkeit von PR- und Marketingkampagnen. Allerdings entsprechen diese Metriken nicht unbedingt den Anforderungen des Managements, das primär an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Unternehmenswert interessiert ist. Diese Diskrepanz kann zu Missverständnissen führen und die Anerkennung der Kommunikationsarbeit durch das Management beeinträchtigen.