Rezension: Digitalisierte Public Relations

PR u Digitalisierung Herbst Schildhauer CoverAngenommen, der motivierte Sachbuchleser ist auf der Suche nach der nächsten Lektüre, steht in einer größeren Buchhandlung vor prall gefüllten Buchregalen mit ökonomischen und sozialwissenschaftlichen Neuerscheinungen, würde er dann zu diesem Werk greifen? Noch ein weiteres Sachbuch zur Digitalisierung, dem gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Hype-Begriff der vergangenen Jahre? Und jetzt soll das auch noch über das PR-Feld dekliniert werden? Das wirkt auf den ersten Blick ein bisschen nach Auf-der-Welle-reiten – solange sie noch da ist. Schaut man aber auf die Namen der beiden Autoren, dann weiß der kundige Betrachter, reinschauen lohnt sich.

Dieter Georg Herbst und Thomas Schildhauer sind namhafte Hochschullehrer, beide als Professoren aktuell an der Universität der Künste in Berlin tätig und einschlägige Fachbuchautoren, versiert in den Feldern des modernen Netzes wie Social Media, digitales Marketing und E-Commerce.

Autoren-Expertise ist da also mehr als genug, um den programmatischen Buchtitel in elf Kapiteln auf 256 Textseiten (plus Anhang) mit Leben zu füllen. Das thematische Anliegen ist doppelt. Erstens: Was und wie können Public Relations beitragen, um den relevanten Stakeholdern lebendig zu vermitteln, dass ihr Unternehmen eine erfolgreiche Digitalisierungs-Reise antritt oder schon angetreten hat? Und zweitens: Welche digitalen Technologien und Formate kann die PR-Disziplin in besonderer Weise als Handwerkszeug nutzen, um ihrem Job in der Gegenwart gerecht zu werden – vor dem Hintergrund neuer, jüngerer Generationen mit dramatisch gewandelter Mediennutzung?

Grundlegende Definition

Da jedermann zwar Digitalisierung im Munde führt und darunter sehr Unterschiedliches zu meinen scheint, ist es wohltuend, dass Herbst und Schildhauer definitorisch grundlegen, was sie unter dem Schlüssel-Begriff verstehen: „Digitalisierung ist die Neuausrichtung von Geschäftsmodellen durch neue Technologien, um die Kundenerlebnisse an jedem Berührungspunkt (Touchpoint) mit dem Unternehmen zu verbessern“ (S. 19).

Als Beispiele solcher Technologien werden als Digitalisierungstreiber unter anderem benannt: Biotechnologie, Neuro- und Nanotechnologie, Mobile Technologien, Sensorik, Robotik, 3 D-Print, Künstliche Intelligenz, Maschinelles Lernen, Drohnen etc. Mit kurzen Beispielen aus der Marketingpraxis verlebendigen die Autoren das Potential: Predictive Maintenance zeigt dem Kunden an, wann sich sein Produkt dem Ende seines Lebenszyklus‘ nähert. Wenn der Chip im Sportschuh sowohl dem Kunden als auch dem Unternehmen die aufgebrauchte Dämpfung signalisiert, dann kann der Hersteller einen neuen Schuh anbieten. Der Autofahrer wird zur Wartung gerufen. Der Konsumgüterhersteller kann während der Nutzung seines Produktes Daten erheben, und dem Kunden, darauf aufbauend, weitere Dienstleistungen („Smart Services“) anbieten, beispielsweise über dessen Social-Media-Accounts. In diese neuen Welten, die ja an vielen Stellen schon realisierte Gegenwart ist, führt das Buch gut und sehr plastisch ein.

Die konkrete Rolle der PR bei der Digitalisierung

Eine klare Präferenz setzen Herbst und Schildhauer dabei auf die Emotionen. PR vermittelt eben nicht nur sachliche Fakten. Sie baut eine Gefühls- und Erlebniswelt auf. Dabei sollte sie vor allem auf Erlebnisse, lebendige Erfahrungen auf die Kunst des Storytellings und der Bilder-Welten setzen. Bilder und Geschichten sind die „Kommunikationsmittel des Unbewussten“ (S. 113). Und: „Erlebnishafte Unternehmen sind daher bildhaft und erzählstark“ (ebd.). Wie man solche Bild-Welten strategisch anlegen und mit Leben füllen kann, wird an konkreten Beispielen (Smarthome-Techniken in der Immobilienwirtschaft, Weiterbildungs-Angebot eines E-Learning-Start-ups) durchgehend beispielhaft deutlich gemacht.

Die folgenden knapp 90 Seiten reflektieren nun, welche konkreten digitalen Kommunikationsmittel und Handwerkszeuge der Public Relations ganz allgemein in der Zukunft nützlich sein können. Dabei steigen Herbst und Schildhauer tief in das moderne Internet sowie in aktuelle Social Media und andere mediale Phänomene ein. Als Erfolgstreiber in der konkreten PR-Umsetzung nennen Herbst und Schildhauer: Redaktionspläne, interessante Content-Erstellung, Optimierung der Informations-Architektur (vor allem auf der zentralen Unternehmens-Website), ständige Optimierung der einzelnen Kanäle, Monitoring.

Menschlicher Faktor der PR bleibt zentral im Spiel

Eines kann all diese faszinierende Technik jedoch nicht. Der menschliche Faktor des PR-Managers bleibt zentral im Spiel. Aber der Fokus seiner Aufgabe verschiebt sich: „PR-Manager werden für das Schwierige gefragt sein, für das Maßgeschneiderte, das Konzeptionelle und das Spezielle. PR-Profis werden für das gebraucht, was der Computer nicht kann: Beziehungen herstellen und entwickeln, Intuition durch langjährige Erfahrung nutzen und einzigartige Erlebnisse bei Mitarbeitenden, Kunden, Journalisten und Geldgebern aufbauen“ (S. 229). Das ist doch eine Perspektive nicht nur für den Nachwuchs, sondern auch für schon gestandene Kommunikationsmanager!

Empfehlung!

Titel: Public Relations und Digitalisierung; Autoren: Dieter Georg Herbst und Thomas Schildhauer; Verlag: Herbert von Halem, Köln 2020, Umfang: 272 Seiten; Preis: 26,00 Euro; ISBN-Nr.: 978-3-7445-1968-7

Kommunikationskompetenz Moderne U kom Buchcovers Kiefer 2021Über den Autor der Rezension: Markus Kiefer (62) ist Professor an der FOM - Hochschule für Oekonomie und Management. Dort lehrt er BWL, mit dem Schwerpunkt der Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation.
Im Rechtsverlag (Düsseldorf / Stadtlohn) hat er im März 2021 das Buch „Kommunikationskompetenz“ und die Essay-Sammlung „Moderne Unternehmenskommunikation“ veröffentlicht. Das Buch zeigt Wege zu einer zeitgemäßen Führungskräfte- und Organisationskommunikation auf, die zweite Schrift liefert Bausteine und Vorschläge für die Praxis – insbesondere der mittelständischen Unternehmenskommunikation. Zur Verlags-Website mit direkter Bestellmöglichkeit geht es hier.

Seitennavigation

Personalien

Can Kupfermann-Gezer wird Client Service Director bei Laika

Can KupfermannCan Kupfermann-Gezer (44, Foto © Laika Communications) ist neuer Client Service Director bei der Berliner Kommunikationsagentur Laika. In seiner neuen Position soll er eine Schlüsselrolle für die Klienten übernehmen und die Geschäftsführung beim Kundenmanagement unterstützen. Bevor er vor vier Jahren zu Laika kam, war er unter anderem in der Unternehmensberatung bei den Werbeagenturen Ogilvy und Futurebrand tätig. Zudem ist er Autor des Buches "Metaphor Inside: Zum Zusammenhang zwischen Co-Branding und Metapherntheorie".

Agenturen

Nina Angermann wird neue Geschäftsführerin

Claudia Thaler und Nina Angermannconsense communications GmbH (GPRA) in München beruft die langjährige Mitarbeiterin und Prokuristin Nina Angermann (39) in die Geschäftsführung. Zudem schärft die Unternehmensberatung für Kommunikation ihr Beratungsportfolio in den Bereichen Strategie und Business Development, Nachhaltigkeit sowie Content Creation und besetzt verschiedene Leitungspositionen neu.

Unternehmen

Zwei deutsche Unternehmen unter den Top 100

Deckblatt des PwC Global Top 100 RankingNach einem schwierigen Jahr 2023 haben die 100 wertvollsten Unternehmen der Welt laut dem jährlichen „Global Top 100“-Ranking von PwC wieder ein neues Allzeithoch erreicht. Mit einer Gesamtmarktkapitalisierung von 39,9 Billionen US-Dollar zum 31. März 2024 übertrafen sie ihren bisherigen Spitzenwert aus dem Jahr 2022 von 35 Billionen US-Dollar. Deutschland landet im Länderranking auf Platz 13.

Verbände

DPRG und GPRA bündeln Kompetenzen

Ulf Mehner und Alexandra GroßWirtschaft und Gesellschaft stehen vor zahlreichen Transformationsprojekten: Energiewende, Mobilitätswende, Industrie-Umbau. Für den Erfolg sind Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung entscheidend. Dafür bedarf es transparenter und professioneller Kommunikation auf Basis verbindlicher und nachvollziehbarer Qualitätskriterien und -standards. Die werden jetzt gemeinsam mit DPRG und GPRA erarbeitet.

Branche

Journalisten kämpfen gegen Fehlinformationen

Das Media-Intelligence-Unternehmen Cision hat seinen 15. jährlichen State of the Media Report vorgestellt. Der 2024er Bericht, der auf einer Umfrage unter mehr als 3.000 Medienschaffenden weltweit basiert, hebt hervor, wie sehr sich Journalisten international auf die Bekämpfung von Fehlinformationen konzentrieren, wie sehr sie sich auf Daten verlassen und welche Veränderungen es bei den sozialen Plattformen gibt, auf denen sie aktiv sind.

Medien

Neue Chefredakteure für „profi“ und „top agrar“

Guido Höner, Hubert Wilmer und Christian BrüseGuido Höner (56) und Hubert Wilmer (57) werden zum 1. September 2024 gleichberechtigte Chefredakteure des Landtechnikmagazins „profi“, das im Landwirtschaftsverlag Münster erscheint. Die beiden erfahrenen Journalisten und Agraringenieure sind bereits seit vielen Jahren für den Verlag tätig, Wilmer als stellvertretender Chefredakteur von „profi“ und Höner als Chefredakteur von „top agrar“.

Das PR-Interview

KI-Pionierarbeit bei Bosch seit 2017

Michael SchmidtkeMichael Schmidtke ist VP Content Flow and Digital Channels bei Bosch. Beim Webinar der AG CommTech vom 23. April gab er einen tiefen Einblick in sieben Jahre Nutzung von KI in der Unternehmenskommunikation von Bosch. Im Vorgriff auf den nächsten „CommTech Newsletter“, der am 8. Mai erscheint, veröffentlicht das PR-JOURNAL ein Interview mit Michael Schmidtke, das mit Hilfe von KI-Tools auf Basis der Aussagen Schmidtkes im Webinar erstellt wurde.

Autoren-Beiträge

Anforderungen an Führungskräfte sind stark gestiegen

Georg KolbFrüher ging es vor allem darum, bestehende Prozesse zu optimieren und gelegentlich eine einmalige große Veränderung zu kommunizieren. Heute geht es um kontinuierliche Anpassung an immer schnellere, oft unvorhersehbare Veränderungen. Selbst während eine Organisation noch gut funktioniert, müssen bereits neue Wege gefunden werden, um Schritt zu halten. Für Führungskräfte fühlt sich das oft wie ein Dilemma an.

Rezensionen

Ein Buch für Kommunikationsstrategen

Buchcover Wirtschaft als KommunikationWie Unternehmen und Wirtschaft öffentlich werden, das war einmal in einem relativ einfachen Managementprozess organisierbar. Wissen bereitstellen, im Wesentlichen über Produkte und Dienstleistungen. Und dieses Wissen dann in einseitigen Informations-Prozessen an die relevanten Stakeholder verbreiten. Aber, das war einmal. Wirtschaft 1.0 könnte man das nennen. Heute hat sich dies grundlegend verschoben …

Kommentare

Brillante Ideen funkeln in düsteren Zeiten umso heller

Fünf Anmerkungen zu den Eurobest PR Awards 2023

Einen positiven Grundeindruck bei den Eurobest Awards 2023 hinterließ bereits die beeindruckende Zahl von über 160 Einreichungen bei PR – weit mehr als in einigen anderen Kategorien. Die Bedeutung von PR wird demnach mehr denn je als sehr hoch eingeschätzt. Selbst wenn die Beiträge bei Ausrichtung und Qualität extrem divers waren, habe ich als Juror einige Gesamteindrücke aus London mitgenommen:

Studien

Harte Fakten und Kennzahlen fehlen

Schriftzug CR BenchmarkNachhaltigkeitskommunikation ist auf den Corporate Websites zentral positioniert. Immer mehr Unternehmen verknüpfen den Geschäftserfolg inhaltlich mit Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Bedenklich ist aber die seit mehreren Jahren rückläufige Transparenz. Wichtige Kennzahlen verschwinden allmählich aus der Nachhaltigkeitskommunikation. Der neue CR Benchmark von NetFed zeigt die aktuellen Entwicklungen.

Aus- und Weiterbildung

Canva & Co. für PR-Professionals

Dominika RotthalerDie Deutsche Akademie für Public Relations (dapr), Düsseldorf, hat ihr Fortbildungsangebot um das Praxisseminar „Canva & Co.“ erweitert. Im dem zweitägigen Seminar mit erstmaligem Start am 30. September lernen Mitarbeitende aus den Bereichen Kommunikation, PR und Social Media, wie sie mit Online-Design-Plattformen selbst grafische Lösungen für ihre Organisation entwickeln.

Macht der Bilder

SORA Dich nicht!

Schon wieder droht eine ganze Branche im KI-Schlund zu verschwinden: erst waren es die Texter und Kreativen, jetzt sind es die Filmemacher. In der Tat: Was Open AI mit SORA auf unsere Wirklichkeit losgelassen hat, erscheint auf den ersten Blick atemberaubend. Zweifelsohne ist SORA ein Text-zu-Video-Tool der nächsten Generation. Aber erst die Kombination aus Technologie und der Marktmacht von OpenAI / Microsoft macht SORA zu einem Werkzeug, dass unsere Wirklichkeit beeinflussen wird. Aber schauen wir doch erstmal genauer hin...

Agile Denkpause

Wie Unternehmen das Vertrauen ihrer Kunden verspielen

Schriftzug Trust in Scrabble-BuchstabenVor rund vier Wochen piepte unsere Spülmaschine Alarm. Wir riefen den Fachmann. Er kam, prüfte und erklärte: „Die Pumpe ist defekt.“ Unsere Alternativen: 680 Euro, um das Teil auszutauschen oder ein neues Gerät. Eine unerwartete News, erst vier Jahre zuvor hatten wir die Miele-Maschine angeschafft und vermeintlich bewusst auf Qualität gesetzt.

Jobprofile

Was macht eigentlich ein Account Executive bei der Agentur Edelman Germany?

„Als ich bei Edelman eine Ausschreibung sah, die meine beruflichen Leidenschaften – Gesundheit und Kommunikation – vereint, war es wie ein ‚perfect match‘,“ erklärt Stella Henn heute. Bereits seit November 2022 ist sie bei Edelman Germany und beschäftigt sich mit Healthcare-PR und der Umsetzung von Multi-Channel Kommunikations-Strategien und -Kampagnen sowie deren Umsetzung. Nachfolgend stellt sie im Interview ihre Aufgaben und ihren Arbeitgeber vor.

Preise und Awards

idw-Preis würdigt Wissenschafts-Pressemitteilungen

Drei Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für ChemieJährlich kürt der Informationsdienst Wissenschaft (idw) aus 20.000 Pressemitteilungen, die von mehr als 1.000 wissenschaftlichen Einrichtungen über die idw-Website verbreitet werden, die besten ihrer Art. Nach dem Urteil der Jury haben im Jahr 2023 das Max-Planck-Institut für Chemie, die Universität des Saarlandes und das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie gewonnen.

Whitepaper

Erfolg der Kommunikation stichhaltig nachweisen

In der Unternehmenswelt stehen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren oft vor der Herausforderung, ihre Erfolge anhand von Kennzahlen wie Reichweite, Tonalität oder Share of Voice zu messen. Diese Metriken sind in der Kommunikationsbranche gängig und bieten Einblicke in die Wirksamkeit von PR- und Marketingkampagnen. Allerdings entsprechen diese Metriken nicht unbedingt den Anforderungen des Managements, das primär an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Unternehmenswert interessiert ist. Diese Diskrepanz kann zu Missverständnissen führen und die Anerkennung der Kommunikationsarbeit durch das Management beeinträchtigen.