Autoren-Beiträge Interne Kommunikation: Anforderungen an Führungskräfte sind stark gestiegen
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- von Georg Kolb, Frankfurt am Main
Früher ging es vor allem darum, bestehende Prozesse zu optimieren und gelegentlich eine einmalige große Veränderung zu kommunizieren. Heute geht es um kontinuierliche Anpassung an immer schnellere, oft unvorhersehbare Veränderungen. Selbst während eine Organisation noch gut funktioniert, müssen bereits neue Wege gefunden werden, um Schritt zu halten. Für Führungskräfte fühlt sich das oft wie ein Dilemma an.
Denn es sind die Führungskräfte, die das bestehende Geschäft aufrechterhalten und gleichzeitig die Transformation vorantreiben müssen. Die permanenten Umbauten erzeugen zudem einen hohen Abstimmungsaufwand, während die sozialen Bindungen in Teams durch Remote-Arbeit und flexible Teamstrukturen stark abnehmen. Eine wachsende Zahl von Kollaborations- und Kommunikationsplattformen sorgt für ständige Ablenkung. Auf diese Herausforderungen sind viele Führungskräfte nicht vorbereitet. Interne Kommunikation kann helfen.
Zuhören, vernetzen und konkretisieren
Um ein Team erfolgreich durch Zeiten großer Veränderungen zu führen, müssen Führungskräfte Hierarchie- und Netzwerkkommunikation kombinieren. Hierarchische Kommunikation gibt eine klare Richtung vor, während Netzwerkkommunikation Feedback und Vernetzung ermöglicht. Je mehr Veränderungen es gibt, desto mehr Netzwerkkommunikation ist erforderlich. Die Führungskräfte müssen mehr zuhören und das Wissen in der Organisation vernetzen, um die besten Antworten auf den permanenten Wandel zu finden. Dazu gehört es, Dialogprozesse zu etablieren und Plattformen für den Austausch zu schaffen. Doch neue Prozesse und Kanäle allein reichen nicht aus.
Die Mitarbeitenden müssen den Sinn hinter den Veränderungen erkennen, um bereit zu sein, sich einzubringen. Dazu muss das Top-Management in Form einer Corporate Story ein motivierendes Zielbild vermitteln. Aber auch die individuellen Auswirkungen auf die Teams müssen erklärt werden, damit sie sich für das Ziel engagieren. Den mittleren Führungskräften kommt dabei eine entscheidende Rolle zu, denn nur sie können den Zusammenhang zwischen Unternehmensstrategie und Teamalltag konkretisieren. Gemeinsam mit ihren Teams schreiben sie die Kapitel zu der Rahmenhandlung von oben.
Die meisten Führungskräfte benötigen Unterstützung durch Trainings und Coachings, um diese Herausforderungen zu meistern. Das ist eine zentrale Aufgabe für die interne Kommunikation.
Spannungen in Energie verwandeln
Veränderungen in Unternehmen führen häufig zu Spannungen, wenn es darum geht, das bestehende Geschäft zu erhalten und es gleichzeitig für die Zukunft umzugestalten. Wird die Notwendigkeit des Wandels einseitig betont, frustriert dies diejenigen, die sich auf das bestehende Geschäft konzentrieren. Sie fühlen sich durch die Transformation abgewertet, obwohl ihre Leistung den Umbau finanziert.
Auf der anderen Seite erfordert die Transformation Experimente und Investitionen, die sich nicht sofort auszahlen. Es ist wichtig zu verstehen, dass dies eine Investition in die Zukunft ist und dass Fehler gemacht werden dürfen, um Neues zu lernen. Wer glaubt, dass damit nur Geld aus dem bestehenden Geschäft verbrannt wird, liegt ebenso falsch.
Es gibt kein Entweder / Oder zwischen Kontinuität und Wandel, sondern beides ist wichtig für den Erfolg. Der Organisationspsychologe Barry Johnson nennt solche Spannungsfelder, die sich nicht auflösen lassen, Polaritäten. Davon gibt es viele, zum Beispiel Struktur und Flexibilität oder Zentralisierung und Dezentralisierung.
Führungskräfte und Teams können diese scheinbaren Gegensätze produktiv nutzen, indem sie die Pole ausbalancieren und durch moderierte Dialoge eine gemeinsame Vision entwickeln. So können Spannungsfelder durch interne Kommunikation in unternehmerische Energie umgewandelt werden.
Kanäle verstehen und Teams fokussieren
Mit zunehmendem Wandel steigt auch die Notwendigkeit, mehr Themen zu kommunizieren. Das führt zu einem erhöhten Abstimmungsbedarf und häufig zu einer übermäßigen Nutzung von Meetings und Videokonferenzen. Endlose Meetings schaffen das Problem, dass für die eigentliche Arbeit keine Zeit mehr bleibt.
Hinzu kommen neue Kollaborations- und Kommunikationsplattformen, schneller wechselnde Teamkonstellationen und ein wachsender Anteil an hybrider Arbeit. Das ist anstrengend, senkt die Produktivität und obendrein geht viel von der Bindung an das Unternehmen verloren. In einem Markt mit Fachkräftemangel wird dies für die Unternehmen bedrohlich.
Interne Kommunikation kann helfen, den Zusammenhalt in Teams zu stärken und die Produktivität wieder zu steigern: Indem sie über die Stärken und Schwächen der Kommunikationskanäle aufklärt. Und indem sie Schulungen für Teams und Führungskräfte anbietet, die dabei helfen, Regeln für eine effiziente Kommunikation und Zusammenarbeit aufzustellen und dem Team eine klare Richtung und Identität zu geben.
Fazit
Die Anforderungen an Führungskräfte sind stark gestiegen. Sie müssen mehr zuhören, vernetzen und konkretisieren, um ihre Teams anpassungsfähiger zu machen. Sie müssen unvermeidbare Spannungsfelder wie das zwischen Kontinuität und Veränderung in produktive Energie verwandeln. Und sie müssen in einer Zeit wachsender Abstimmungen und Ablenkungen ihre Teams fokussieren und klare Regeln für die Zusammenarbeit aufstellen. Die interne Kommunikation kann sie dabei unterstützen und damit zugleich ihren eigenen Beitrag zur Personal- und Organisationsentwicklung unter Beweis stellen.
Über den Autor: Dr. Georg Kolb ist Mitinhaber von Klenk & Hoursch, einer Beratung für Kommunikation und Public Affairs. Er berät Unternehmen in der Frage, wie Kommunikation dabei helfen kann, dem anhaltenden Druck zu Veränderungen und Innovationen gewachsen zu sein. Kolb bringt dazu über 30 Jahre Erfahrung in den Bereichen Kommunikation und Marketing mit.
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