Rezensionen Rezension über ein Werk des Rezensenten: Moderne Unternehmenskommunikation in aller Kürze

Moderne Ukom Essay Sammlung Cover Kiefer 2021Eine Rezension über die neueste Essay-Sammlung des wichtigsten Rezensenten des „PR-Journals“? Vorsicht, hier wird das Eis für den Chefredakteur besonders dünn, sagt meine innere Stimme. Aber dennoch hält die Redaktion es für geboten, auf die neue „Broschüre“ von Markus Kiefer aufmerksam zu machen. In zwölf kurzen Essays nimmt sich der Kommunikationsprofessor und PR-Experte den aktuellen Herausforderungen der mittelständischen Unternehmenskommunikation an. Dabei macht Kiefer konkrete Vorschläge für die Unternehmenspraxis. Tauglich für die konkrete Anwendung sind die Vorschläge allemal, nur an einer Stelle regt sich Widerspruch beim Chefredakteur.

Das vom Autor selbst als „Broschüre“ bezeichnete kleine Fachbuch gliedert sich in die Teile Mitarbeiter- und Führungskräftekommunikation, Denkanstöße wider den Vertrauensverlust großer Organisationen und Wirksamkeit bestimmter Kommunikationskanäle. Die Essays gehen größtenteils zurück auf bereits veröffentlichte Texte in der Wirtschaftszeitschrift „Wirtschaft aktuell“. Dabei beleuchtet Kiefer die Unternehmenskommunikation vor allem aus der Perspektive mittelständischer Betriebe. Nach den genannten Themenblöcken sortiert, bietet Kiefer zahlreiche Hinweise und Ratschläge, wie ein zeitgemäßer Austausch zwischen der Führungsetage und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aussehen kann; wie CEOs aus der Glaubwürdigkeitsfalle rauskommen und mutige Krisenkommunikationsstrategien ausgearbeitet werden können; welche Kommunikationskanäle bespielt werden sollten.

Einspruch, Euer Ehren!

Lediglich ein Beitrag von Kiefer aus dem Jahr 2019 ist nach eigenen Angaben bisher unveröffentlicht. Unter der Überschrift „Twitter ohne Habeck – der Grünen-Star löscht seinen Account – die richtige Entscheidung mit Vorbildcharakter für Führungskräfte in Unternehmen?“ thematisiert Kiefer, inwieweit CEOs speziell bei Twitter Präsenz zeigen sollten. Um es vorweg zu nehmen: Kiefer spricht sich klar dafür aus und kritisiert den Co-Chef der Grünen, Robert Habeck, weil der seinen Twitter-Account gelöscht hat. Kiefer: „In der Sache Twitter: Es ist doch nicht eine Kommunikationstechnologie, die uns den Inhalt, Stil und Ton unserer öffentlichen Stellungnahmen vorgibt! Das sind persönliche Kommunikations-Entscheidungen, wahrscheinlich, auch Charakter-Fragen – und diese haben nicht mit der Medienplattform zu tun.“ Natürlich sei es so, dass gerade Twitter durch seine Begrenzung von reinen Text-Tweets auf 280 Zeichen zu Kürze zwinge, schreibt Kiefer weiter. „Zu Kürze, aber doch nicht zu Aggression, Beleidigung und Angriff“, führt er aus.

Einspruch, Euer Ehren! Genau an dieser Stelle möchte ich Zweifel anmelden! Zahlreiche Beispiele aus der Zeit vor Habecks Ausstieg oder auch danach belegen, dass noch so geübte und gewiefte Twitterer durch arge Verkürzungen und Zuspitzungen plötzlich doch eine Schärfe und einen Aggressionslevel an den Tag legten, die verstörend wirkten. Das mag im Einzelfall der kurzen Reaktionszeit geschuldet sein oder einfach einer unüberlegten Wortwahl. Aber die Kürze baut letztendlich eben doch einen hohen Druck auf, dem sich selbst ein so wortgewandter Politiker wie Habeck offensichtlich nicht mehr gewachsen gefühlt hat.

Weitsichtigkeit oder Fluchtverhalten?

Und selbst wenn Habeck, wie Kiefer mutmaßt, eine für ihn brenzlige Situation mit dem geschickten Entlastungsangriff des Rückzugs bei Twitter pariert habe, so darf man dem Politiker nicht einen persönlichen Erkenntniszuwachs absprechen. Wenn Habeck nämlich zu dem Schluss kommt, dass für ihn Twitter eher vermintes Gelände als Plattform für politischen Austausch auf Augenhöhe ist, dann zeigt das in meinen Augen eher Weitsichtigkeit als Ablenkungs- oder Fluchtverhalten.

Und wenn Kiefer dann gerade viel beschäftigte Unternehmenslenker dazu ermuntern will, speziell auf Twitter Präsenz zu zeigen, dann ist aus meiner Sicht Vorsicht geboten. Nicht alle CEOs -insbesondere in mittelständischen Unternehmen – haben eine Schar von geübten Social-Media-Spezialisten um sich herum wie beispielsweise Twitterer Joe Kaeser, bis vor wenigen Wochen CEO des Weltkonzerns Siemens. Sie müssten also selbst zur Tastatur greifen, ihre Standpunkte formulieren, sich möglicherweise gegen Angriffe zur Wehr setzen und ebenso schlagfertig wie souverän bleiben. Eine anspruchsvolle Herausforderung!

LinkedIn statt Twitter

Vielleicht ist für diese Klientel LinkedIn die bessere Plattform, Professor Kiefer. Hier sind die Textlängen nicht limitiert, hier gibt es Raum für ausführlichen Austausch und differenzierte Positionen. Das dürfte CEOs aus dem Mittelstand vielleicht eher entgegenkommen.

Doch auch, wenn der zwölfte Essay Anlass zur Diskussion gibt, so ist die „Broschüre“ mit ihren wertvollen Zusammenfassungen und gut geschriebenen Texten lesenswert. Sie bietet einen guten Überblick über die aufgezeigten Themenfelder.

Titel: Moderne Unternehmenskommunikation; Autor: Professor Markus Kiefer; Verlag: Rechtsverlag, Hötzel, RFS & Partner GmbH, Düsseldorf und Stadtlohn; Umfang: 48 Seiten; Preis: 8,00 Euro plus Versandkosten; Artikel-Nr.: RV10044 zur Bestellung auf der Verlags-Website.

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