Autorenbeitrag: PR-Abteilungen nutzen KI, doch reden ungern darüber

PR-Verantwortliche nutzen jede Gelegenheit, ihre Zielgruppen über den Einsatz bahnbrechender Technologien in ihren Organisationen zu informieren. Es sei denn, es geht um die Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) in ihrem eigenen Ressort. Nur wenige Sprecher großer Unternehmen wie Bosch, Siemens und Microsoft gaben bislang Einblicke in Projekte, in denen sie KI anwenden. Anders als im Marketing scheinen entsprechende Systeme in der PR noch keine wichtige Rolle zu spielen. Doch stimmt die Vermutung? Um das herauszufinden, sprach Autor Collin Scholz mit drei renommierten KI-Experten.

Welche Rolle spielt KI in der PR? (© PilotProjekt GmbH)

„Ich bin mir sicher: In etlichen Unternehmen nutzen die Kommunikatoren diverse Arten der KI wie selbstlernende Systeme“, sagt Professor Ana Adi, die an der Quadriga Hochschule Berlin Public Relations und Corporate Communications lehrt. „Aber weil sie sich dadurch Vorteile im Wettbewerb verschaffen wollen, halten sie sich mit öffentlichen Aussagen zurück. Denn warum sollten sie Konkurrenten wissen lassen, dass sie KI-Systeme nutzen?“

Doch es gibt Ausnahmen. Ana Adi verweist auf das Beispiel des Automobilherstellers Lexus: „Die Werbe-Kampagne für den Lexus ES wurde mit Hilfe des KI-Programms IBM Watson realisiert. Watson schrieb das Drehbuch für den Video-Clip, Kreative setzten es um.“ Das Allerdings wüssten die wenigsten der potenziellen Autokäufer, die sich das Video ansehen. Ganz anders verhalte es sich bei Personen aus der Kommunikations-, Werbe und IT-Branche. Der Grund sei gezielte PR-Arbeit. „Alle am Projekt beteiligten Firmen berichteten über die Kooperation, um sich als Unternehmen an der Spitze der Entwicklung darzustellen. Sie betrieben PR zugunsten ihrer Reputation als Arbeitgeber.“

Es drängt sich die Frage auf, ob KI-Systeme demnächst völlig eigenständig PR-Kampagnen entwickeln und realisieren werden. Davon geht Peter Gentsch nicht aus. Der KI-Experte lehrt internationale Betriebswirtschaftslehre, Schwerpunkt Digital Management und Data Science, an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Aalen. Allerdings räumt er ein, dass „KI wesentlich zu deren Erfolg beitragen kann, indem sie geeignete Themen ermittelt, Content kreiert, relevante Plattformen identifiziert und berechnet, welche Kommunikations-Kanäle mit welchen Inhalten zu bespielen sind.

Auch eignen KI-Systeme sich hervorragend für das Monitoring einer unbegrenzten Zahl von Kommunikationskanälen und liefern blitzschnell datenbasiere Ergebnisse. „Deshalb werden KI-basierte Systeme seit längerer Zeit im Krisenmanagement eingesetzt“, erläutert Professor Gentsch. „Bei der Analyse des Grundrauschens im Web können selbstlernende Systeme Muster erkennen, die frühzeitig potenzielle Risiken und Gefahren für das Unternehmen anzeigen.“

Ein weiteres Anwendungsgebiet sei die Themenanalyse. „Aus meiner Zusammenarbeit mit der Deutschen Post weiß ich, dass sie in ihrem Newsroom KI-Systeme einsetzt, um zu erfahren, welche Themen nicht besetzt sind und welche sich zu Trendthemen entwickeln.“ Nicht zuletzt dienen entsprechende Programme dazu, die für ein Unternehmen wichtigen meinungsbildenden Personen zu ermitteln. Um die Kommunikatoren dann kontinuierlich darüber zu informieren, zu welchen Themen diese Meinungsführer sich wie und in welchen Kontexten äußern.

„Diese aus dem Monitoring resultierenden Erkenntnisse kann eine PR-Abteilung in verschiedenen Zusammenhängen gewinnbringend verwenden“, ist Thomas Pleil überzeugt, Professor für Public Relations mit dem Schwerpunkt Online-PR an der Hochschule Darmstadt. „Zum Beispiel können die Kommunikatoren die Wirkung ihrer Botschaften bei bestimmten Zielgruppen kontrollieren und optimieren.“

Damit kann das Fazit gezogen werden, dass alle drei Wissenschaftler sich in den folgenden Punkten einig sind: KI-Systeme sind nicht nur ein hochwirksames Instrument proaktiver Krisen-PR. Sie erhöhen darüber hinaus die Qualität und die Wirkung der Unternehmenskommunikation.

Dies gelingt der KI, indem sie

  • die Abteilung darin unterstützt, die Ansichten und Forderungen der Stakeholder besser zu verstehen,
  • präzise Prognosen ermöglicht, wie sich deren Verhalten auf die Reputation, das Image und den Geschäftserfolg des Unternehmens auswirken wird und
  • dazu beiträgt, die Plausibilität und Überzeugungskraft der PR-Botschaften zu steigern und sie in ihrer Schwerpunktsetzung und Tonalität zielgruppengerecht zu individualisieren.

Angesichts dieser Vorteile scheint der Einsatz von KI in der externen Kommunikation ein wettbewerbsrelevanter Faktor zu sein, den insbesondere finanzstarke Unternehmen nutzen können. Doch Peter Gensch widerspricht: „Wir erleben derzeit eine Art Demokratisierung der KI. Denn mittlerweile können selbst kleinere Unternehmen für relativ wenig Geld leistungsstarke KI-Services nutzen.“

Der Einsatz von KI-Systemen macht also vor den PR-Abteilungen nicht Halt. Doch Angst um ihre Jobs müssen die Kommunikatoren nach Meinung der Wissenschaftler nicht haben. Denn sie seien der KI deutlich überlegen, wenn Daten interpretiert, Ideen kreiert, Konzepte entwickelt und spannende Texte geschrieben werden müssen.

Über den Autor: Collin Scholz ist Mitglied der Geschäftsleitung der Pilot:Projekt GmbH, Hannover. Nach seinem Studium und seiner Zeit als wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Linguistik an der Universität Szeged/Ungarn begann Scholz 1999 bei der Pilot:Projekt GmbH unter der Leitung von Eberhard Pilot sein Volontariat zum Redakteur sowie die Zusatzqualifikation zum PR-Berater. Beide Ausbildungen schloss er 2001 ab. Seit 2007 ist er Mitglied der Geschäftsleitung der Agentur.

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