Ein Jahr ohne Likes: Kosmetikunternehmen Lush zieht Bilanz nach Social-Media-Rückzug

Den sozialen Medien den Rücken zu kehren, ist für die meisten Unternehmen heutzutage undenkbar. Plattformen wie Facebook, Instagram, Snapchat und TikTok gelten als wichtige Marketingkanäle, um Kundinnen und Kunden zu erreichen und zu wachsen – allerdings zuweilen auf Kosten der mentalen Gesundheit der Nutzerinnen und Nutzer. So wie die Beweise gegen den Klimawandel jahrzehntelang ignoriert und heruntergespielt wurden, werden die negativen Auswirkungen der sozialen Medien bisher leider auch kaum beachtet. Wir bei Lush möchten die Welt besser hinterlassen als wir sie vorgefunden haben – 2021 bedeutete das daher den Ausstieg aus den Meta Plattformen und TikTok das „PR-Journal“ berichtete ausführlich). Lush ist ein internationales Kosmetikunternehmen mit Sitz in Poole, Südengland.

Statt in den sozialen Medien war Lush “woanders”

Wenn die Leute mit Lush in Verbindung kommen, wollen wir, dass sie an einen Ort kommen, der ihnen guttut und an dem sie sich wohlfühlen können – wie ein entspanntes Bad. Die Geschäftspraktiken und Atmosphäre auf Social Media sind davon weit entfernt und das Gegenteil von allem, wofür Lush steht: Wohlbefinden, Selfcare, Freundlichkeit und gut zu sich selbst und anderen sein. Warum sollten wir also an einem Ort sein wollen, der diese positive Veränderung nicht bewirkt? Anstatt zu warten, verabschiedeten wir uns vor einem Jahr von der von Likes und Doppelklicks dominierten Welt und verlegten die Interaktion mit unseren Kundinnen und Kunden zurück in die reale Welt. Die Lush Shops sind das Herzstück unseres Unternehmens und können als Community Hubs bezeichnet werden – hier können wir das Umfeld, in dem unsere Kundschaft mit uns in Verbindung treten, selber gestalten und sicherstellen, dass das Erlebnis und der Service ein positives Gefühl erzeugt. Daher investierten wir im vergangenen Geschäftsjahr 7,6 Millionen Pfund in den stationären Handel, eröffneten 26 neue Shops europaweit und gestalteten zwölf weitere um.

Zudem brachten wir unsere Produkte in die Hände der Menschen statt auf Bildschirme: So riefen wir beispielsweise im April den World Bath Bomb Day aus, um die Erfindung von Lush Mitbegründerin Mo Constantine zu zelebrieren und verschenkten weltweit 100.000 Badebomben, damit alle, die noch nie eine Badebombe ausprobiert hatten, die Gelegenheit dazu bekamen. Neben unseren üblichen Kommunikationskanälen setzten wir auch hier vor allem auf unsere klassischen Schaufenster, um die Kundschaft zu überraschen. Mit Erfolg: Am Tag der Aktion stieg der gesamte Traffic online und in den Shops um 60 Prozent im Vergleich zu einem durchschnittlichen Tag. Auch zwei Wochen danach blieb er für die Jahreszeit überdurchschnittlich hoch – einen Effekt, den wir durch Marketingaktionen auf Instagram bis dato nie beobachtet hatten.

Des Weiteren bauten wir im letzten Jahr Markenpartnerschaften weiter aus, die schon früher eine Rolle für uns gespielt haben. Unter anderem kooperierten wir mit One Piece, einem japanischen Anime, der Netflix Serie Stranger Things und dem britischen Slow-Fashion-Label Lazy Oaf. Durch diese Zusammenarbeit ist es uns gelungen, Kundinnen und Kunden jenseits der üblichen Kanäle zu erreichen: Nach dem Launch der Kollektion mit One Piece stieg die Zahl der Online-Sitzungen auf der deutschen Website um 75 Prozent gegenüber der Vorwoche und insgesamt konnten wir 32 Prozent mehr neue digitale Websitenutzer in Deutschland begrüßen.

Zusätzlich zu den Markenkooperationen sowie den neu gestalteten Läden und Kampagnen, zeigten wir, dass ein Ausstieg aus den sozialen Medien, nicht bedeutet, jeglicher digitaler Präsenz den Rücken zu kehren. Mit “Bathe” haben wir eine App auf den Markt gebracht, die das Wohlbefinden der Nutzerinnen und Nutzer stärkt, statt negative Auswirkungen auf ihre mentale Gesundheit zu haben.

Lush vertraut auf Unternehmenswerte und -ziele

Viele Kritiker sahen unseren globalen Abschied von den bekannten Social-Media-Plattformen als eine PR-Aktion, um in der Weihnachtszeit noch mehr Badebomben zu verkaufen. Aber wir meinen es ernst und sind auch weiterhin nicht bereit, die negativen Auswirkungen von Social Media durch unsere Teilhabe zu unterstützen. Unsere Mission “to leave the world Lusher than we found it” hat heute eine größere Tragkraft als jemals zuvor und die jüngeren Generationen spielen hier eine treibende Rolle. Wir wollen Probleme an der Wurzel packen und einen langfristigen Wandel herbeiführen. Als der Erfinder der Badebombe setzt Lush alles daran, Menschen zu helfen, abzuschalten, sich zu entspannen und auf ihr Wohlbefinden zu achten. Es ist kein Geheimnis, dass die sozialen Medien die mentale Gesundheit der Nutzer negativ beeinflussen – damit sind sie kein Ort, an dem wir mit unserer Kundschaft in Verbindung treten wollen. Neben den kritischen Stimmen zum Social-Media-Ausstieg haben viele unsere Entscheidung auch bewundert, tatsächliche Nachahmer blieben allerdings trotz allgemeiner Zustimmung aus. Die bisherigen Konsequenzen des Ausstiegs auf unser Geschäft zu bestimmen, ist eher schwierig – neben dieser bewussten Entscheidung, war das letzte Jahr durch die Pandemie, die anhaltende Invasion in der Ukraine und die Lebenskostenkrise eine turbulente Zeit. Was wir aber sagen können, ist, dass wir nach unserem Abschied von Social Media die besten Zahlen im Weihnachtsgeschäft seit zwei Jahren verzeichnen konnten.

Kurzum: Auch ohne Social Media läuft es. Statt auf Likes und Reichweite zu setzen, haben wir uns auf das konzentriert, was uns besonders am Herzen liegt: Sinnvolle und reale Erlebnisse für unsere Kundinnen und Kunden zu schaffen, die das Wohlbefinden fördern.

Über die Autorin: Florence Welke, Senior PR Comms Strategist bei Lush für UK und Deutschland, ist eine international erfahrene PR- und Kommunikationsspezialistin. Die Berlinerin hat Erfahrung im Einzelhandel sowie in den Bereichen Lifestyle und Umwelt und der PR-Industrie. Vor ihrer Zeit bei Lush arbeitete sie bereits für globale Marken wie Universal Music und Missguided.

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