Jack Constantine, Chief Digital Officer und Produkt-Erfinder von Lush. (© Lush)

Mit einer im Jahr 2021 mindestens ungewöhnlichen Nachricht erweckt das internationale Kosmetikunternehmen Lush - Fresh Handmade Cosmetics, Sitz der deutschen Gesellschaft ist in Berlin, aktuell große Aufmerksamkeit. Denn ab dem 26. November 2021 wird die Kosmetikmarke Lush den Social Media Plattformen Facebook, Instagram, Snapchat, und TikTok den Rücken kehren. Das Unternehmen hat entschieden, so lange nicht mehr auf Facebook, Instagram, TikTok und Snapchat vertreten sein zu wollen, bis die Plattformen Maßnahmen ergreifen, um ein sicheres Umfeld für die Nutzerinnen und Nutzer zu schaffen. Die neuen „Anti-Social-Media-Grundsätze“ werden in allen 48 Ländern eingeführt, in denen Lush vertreten ist.

Die Begründung des Unternehmens liest sich wie folgt: „So wie die Beweise gegen den Klimawandel jahrzehntelang ignoriert und heruntergespielt wurden, werden auch die bedenklichen Auswirkungen der sozialen Medien bisher leider kaum beachtet. Lush wartet nicht länger und nimmt sich dieser Thematik jetzt an. Das Unternehmen ändert seine Social-Media-Richtlinien, und wartet nicht länger, dass andere realisieren, welche realen Probleme im Social-Media-Bereich liegen.“ Hintergrund für die Schließung aller Lush Marken-, Shop- und Personenkonten auf der ganzen Welt sind unter anderem die jüngsten Enthüllungen Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen.

Die ehemalige Facebook-Managerin Frances Haugen hatte eine ganze Reihe interner Dokumente von Facebook gesammelt und verschiedenen Behörden und Medien sowie dem US-Kongress zugänglich gemacht. Damit wollte Haugen den Beweis antreten, dass nicht das Wohl der User sondern das Wohl des Netzwerks Facebook an erster Stelle aller geschäftlichen Aktivitäten des Konzerns stehen. Haugen bekräftigte öffentlich, dass für Nutzer schädliche Entwicklungen ignoriert worden seien. Facebook wies die Vorwürfe zurück.

Statement von Lush

Lush verbreitete über die eigene Website das folgende Statement: „Wie so viele Menschen hinterfragen auch wir den Nutzen von Social Media und haben bereits versucht, uns von den sozialen Medien zu lösen. Nachdem wir in UK 2019 einen ersten Versuch gewagt hatten, uns von Facebook und Instagram zu verabschieden, wurde unsere Entscheidung diesen Schritt jetzt zu gehen durch aktuelle Informationen von mutigen Whistleblowerinnen und Whistleblowern gestärkt. Diese zeigen klar auf, welchen Schädigungen Nutzerinnen und Nutzer durch aktuelle Algorithmen und die nachlässige Regulierung dieses neuen Lebensbereichs ausgesetzt sind.“

Jack Constantine, Chief Digital Officer und Produkt-Erfinder: "Als Erfinder von Badebomben setze ich alles daran, Produkte zu entwickeln, die den Menschen helfen, abzuschalten, sich zu entspannen und auf ihr Wohlbefinden zu achten. Social-Media-Plattformen sind zum Gegenteil dieses Ziels geworden. Sie nutzen Algorithmen, die darauf abzielen, Menschen scrollend ans Smartphone zu fesseln und sie vom Abschalten und Entspannen abzuhalten.”

Lush ruft zur Veränderung auf und kritisiert, dass mehrere Social Media Plattformen immer mehr zu Plätzen würden, zu deren Besuch man die eigenen Kundinnen und Kunden niemals ermutigen würde. Da man mit den Kunden immer nur in einem sicheren Umfeld in Kontakt treten wolle, mache man auch keine Geschäfte an dunklen Straßenecken. Lush hofft darauf, dass die Plattformen strenge Richtlinien einführen und internationale Regulierungen gesetzlich verankert werden. Darauf könne man aber jetzt nicht warten und ziehe daher zunächst einmal die Reißleine. Wörtlich heißt es: „Wir können aber nicht warten, bis es soweit ist. Wir fühlen uns in der Pflicht unsere Kundinnen und Kunden vor den Folgen und Manipulationen sozialer Medien zu schützen, denen sie ausgesetzt sind, wenn sie über diese Plattformen mit uns kommunizieren.“

Daher wird sich Lush ab dem 26. November von Facebook, Instagram, TikTok und Snapchat zurückziehen, bis diese Plattformen ein sicheres Umfeld für die Nutzerinnen und Nutzer bieten. Dieser Schritt könnte das Unternehmen nach eigenen Berechnungen kurzfristig bis zu zehn Millionen Pfund (das entspricht knapp zwölf Millionen Euro) kosten. Dies nehme man aber bewusst in Kauf. Außerdem gehe man davon, die Verluste wieder ausgleichen zu können.

In Kontakt mit den Kundinnen und Kunden will Lush aber bleiben und sich nicht völlig aus den sozialen Medien zurückzuziehen. Man werde alles in der eigenen Macht stehende tun, um neue Wege zu finden, Kontakte aufrecht zu erhalten und bessere Kommunikationskanäle zu finden. Man wolle aber auch die alten, bewährten Kanäle zu nutzen. Ab dem 26. November sei man zum Beispiel noch auf Twitter, YouTube oder LinkedIn zu finden – allerdings, ohne dass auf “Gefällt mir”, “Abonnieren” oder “Benachrichtigungen erhalten” geklickt werden müsse.


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