Zeit für Deep Talk! Warum Unternehmen ihr Marketing-Gewäsch in den Keller packen sollten

Befinden wir uns nicht alle im Wettbewerb, noch höher, schneller, weiter und innovativer zu sein als die anderen? Was jahrzehntelang mit dem olympischen Motto „citius, altius, fortius“ medial als Wettkampfgeist vorgelebt wurde, hat sich tief in unserem Denken und Handeln verankert. Das gilt natürlich auch für die Art und Weise wie wir Kommunikation gestalten. Wir haben uns selbst darin übertroffen, immer lauter, bunter und aufmerksamkeitsträchtiger zu kommunizieren – und lagen damit oft auch gar nicht falsch, was steigende Click- und Nutzer-Zahlen bewiesen. Doch in den letzten Jahren hat dieser Wachstumsmotor ein wenig an Glanz eingebüßt: Leser und Mediennutzer sind gesättigt und wählen sorgfältiger aus.

Das zeigen auch Statistiken: die Mediennutzungsdauer stagniert und die Nutzer agieren souveräner und nicht-linearer. Das fordert uns als Kommunikationsexperten dazu heraus, die Chancen in dieser Veränderung zu suchen und zu nutzen. Gemäß dem Motto „Weniger ist mehr“ lohnt sich eine Rückbesinnung auf die Grundprinzipien der Kommunikation. Dadurch öffnet sich zum Beispiel auch ein Raum für soziale Werte, die effektiver in der Kommunikation verankert werden können. Und es zahlt sich plötzlich wieder aus, langfristige strategische Ziele zu verfolgen, weil kurzfristiges Trend-Hopping nicht den gewünschten Mehrwert bringt. So bekommen Ehrlichkeit, Persönlichkeit und Selbstbewusstsein wieder einen ganz neuen Stellenwert in der Kommunikationsstrategie.

Ehrliche Kommunikation schafft langfristige Bindung

Wir wissen es bereits und es ist auch nichts wirklich Neues: Kunden und Konsumenten wollen nicht an der Nase herumgeführt werden. Sie wünschen sich Transparenz, wenn es um den Nutzen, die Nachhaltigkeit oder den Preis von Produkten sowie Services geht. Und sie wollen diese Informationen möglichst snackable und leicht verdaulich erhalten, ohne ständig auf allen Kanälen irgendwelche Bruchstücke aus schöngefärbten oder überflüssigen Informationen, Halbwahrheiten und Fake News zusammensetzen zu müssen.

Diesem Wunsch kommt auch der Gesetzgeber mit Deklarationspflichten, Gesundheits- und Nachhaltigkeitssiegeln oder der Lieferkettentransparenz immer stärker nach. Wer hier auf Zeit spielt, setzt auf das falsche Pferd und ignoriert den Wunsch der Menschen, nach ehrlicher, schlanker und informativer Kommunikation. Wer sich darauf einlässt und sich traut, die Marketing-Hüllen einmal fallen zu lassen, wird im Gegenzug mit einer langfristigeren Bindung der Nutzer rechnen können. Und seien wir einmal ehrlich – wir vertrauen doch selbst auf unsere eigene Urteilskraft, Greenwashing, Gedöns und Werbebotschaften auch als solche erkennen zu können.

Selbstbewusstsein und Menschlichkeit schärfen das eigene Profil

Öffentlich über den eigenen Burnout oder Momente des Scheiterns zu sprechen, war in der Berufswelt bis vor kurzem nur schwer denkbar. Doch in sozialen Netzwerken hat sich innerhalb weniger Jahre eine Kommunikation etabliert, die eine ehrliche und menschliche Aussprache fördert. Immer mehr Nutzer zeigen sich selbstbewusst auf unterschiedlichen Plattformen, treten mutig in einen direkten Dialog mit Kollegen, Kunden oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.

Und auch CEO-Kommunikation hat sich so erfolgreich als Bestandteil jeder PR-Strategie etabliert, weil sie unnahbaren Funktionsträgern ein menschliches Gesicht gibt. „Politiker sind Menschen“ – so hat es die neuseeländische Premierministerin Ardern vor wenigen Tagen bei ihrem Rücktritt zusammengefasst und sich öffentlich dazu bekannt, nicht mehr genug Energie für die Aufgabe zu haben. Für diesen mutigen Blick hinter die Fassade hat sie viel Anerkennung erhalten. Und dieses Rad wird sich weiterdrehen und denjenigen mehr Raum in der Kommunikation geben, die sich mit Mut und Selbstbewusstsein zu ihrem Profil bekennen. Gerade wenn Künstliche Intelligenz an vielen Touch Points im Alltag mit uns in Berührung kommt, wird uns dieses Bedürfnis nach Menschlichkeit im kommunikativen Miteinander immer deutlicher begegnen.

Weniger ist oft mehr – über die Kunst des Weglassens

Facebook, Reddit, Twitter, Youtube, Snapchat, TikTok – alle paar Jahre ist es wieder soweit, ein neuer Stern erscheint am Firmament der sozialen Netzwerke. Selbstverständlich wirft er bei vielen PR-Verantwortlichen die Frage auf, ob er Teil der Kommunikationsstrategie werden muss. Eine Entscheidung, die sicherlich in jedem Einzelfall anders zu bewerten ist. Und doch gilt für diese Situation das gleiche wie für jede Exit-Entscheidung, die beispielsweise viele Twitter-Aktive gerade gedanklich durchspielen: „Don’t panic!“ Die Frage, welche Kanäle und welche Inhalte genutzt werden, um mit Stakeholdern zu kommunizieren, sollte langfristig gedacht und selbstbewusst getroffen werden. Einem Trend hinterherzulaufen, nur weil er gerade angesagt ist, führt eben genau dazu, dass man hinterher- anstatt vorausläuft. Jede gute Strategie lebt von der Kunst des Weglassens, denn sie führt dazu, dass Überflüssiges entfernt wird und sich der Fokus auf das richtet, was wichtig ist. Eine Entscheidung, die übrigens umso leichter fällt, je klarer die eigenen Ziele gesteckt und KPIs formuliert worden sind.

Über den Autor: Alain Blaes war nach seinem Physikstudium zunächst als Redakteur bei der Elektronik-Zeitschrift „Markt & Technik“ tätig. Später arbeitete er als freiberuflicher Journalist für deutsche, französische und US-amerikanische IT- und Wirtschaftsmedien. Darüber hinaus war er Deutschland-Korrespondent der US-IT-Zeitschrift „Datamation“ und Chefredakteur diverser IT-Titel des Verlags Moderne Industrie.
1990 gründete Blaes die Beratungsgesellschaft für strategische Kommunikation PR-COM in München. Das Unternehmen zählt heute zu den führenden, auf High-Tech-Märkte fokussierende PR-Agenturen in Deutschland.

 

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Personalien

Birgit Höss steigt bei Bora weiter auf

Birgit HössBirgit Höss (Foto © privat) leitet seit April den Bereich Global PR & Media Relations bei Bora in Tirol. Sie ist bereits seit Anfang 2021 für den Hersteller von Kücheneinbaugeräten tätig, zuletzt als Team Lead Marketing Kommunikation. Zuvor war sie unter anderem Head of Marketing bei der IT-Firma Projekt Pro und Head of Marketing & Communications bei Hawe Mattro.

Agenturen

Schwartz PR wieder mit an der Spitze

Screenshot Website Schwartz PRDie Münchner Agentur Schwartz Public Relations, die ihren Schwerpunkt im Bereich Technologie und Digitalisierung hat, ist bei den SABRE Awards 2024 erneut unter den „Best Agencies to Work for“. Die Agentur mit Gründer und Geschäftsführer Christoph Schwartz an der Spitze sieht sich durch die neuesten Auszeichnungen erneut in ihrem Engagement für ein exzellentes Arbeitsumfeld bestätigen.

Unternehmen

Zwei deutsche Unternehmen unter den Top 100

Deckblatt des PwC Global Top 100 RankingNach einem schwierigen Jahr 2023 haben die 100 wertvollsten Unternehmen der Welt laut dem jährlichen „Global Top 100“-Ranking von PwC wieder ein neues Allzeithoch erreicht. Mit einer Gesamtmarktkapitalisierung von 39,9 Billionen US-Dollar zum 31. März 2024 übertrafen sie ihren bisherigen Spitzenwert aus dem Jahr 2022 von 35 Billionen US-Dollar. Deutschland landet im Länderranking auf Platz 13.

Verbände

DPRG und GPRA bündeln Kompetenzen

Ulf Mehner und Alexandra GroßWirtschaft und Gesellschaft stehen vor zahlreichen Transformationsprojekten: Energiewende, Mobilitätswende, Industrie-Umbau. Für den Erfolg sind Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung entscheidend. Dafür bedarf es transparenter und professioneller Kommunikation auf Basis verbindlicher und nachvollziehbarer Qualitätskriterien und -standards. Die werden jetzt gemeinsam mit DPRG und GPRA erarbeitet.

Branche

Die Krise als Normalfall – Gastvortrag von Uwe Kohrs

GruppenbildWo findet die PR-Branche junge Nachwuchstalente? Sie sitzen an einem Freitagnachmittag in einem Vorlesungssaal der Hochschule Darmstadt und führen einen spannenden Dialog mit Praktikern der Branche. Am 26. April besuchte PR-JOURNAL-Chefredakteur Thomas Dillmann den Kurs „Issues Management und Krisenkommunikation“ von Professor Markus Kiefer. Mit dabei hatte er Uwe Kohrs, einen Experten für Krisenkommunikation.

Das PR-Interview

KI-Pionierarbeit bei Bosch seit 2017

Michael SchmidtkeMichael Schmidtke ist VP Content Flow and Digital Channels bei Bosch. Beim Webinar der AG CommTech vom 23. April gab er einen tiefen Einblick in sieben Jahre Nutzung von KI in der Unternehmenskommunikation von Bosch. Im Vorgriff auf den nächsten „CommTech Newsletter“, der am 8. Mai erscheint, veröffentlicht das PR-JOURNAL ein Interview mit Michael Schmidtke, das mit Hilfe von KI-Tools auf Basis der Aussagen Schmidtkes im Webinar erstellt wurde.

Autoren-Beiträge

Rechtsextreme Kommunikation erkennen und bekämpfen

Felix Meyer-WykUnsere Vorstellung von Rechtsextremen beschränkt sich oft auf offensichtliche Verfassungsfeinde: Glatzen mit Springerstiefel oder „Ausländer raus“-Rufe. Keine Frage, diese Gruppen sind gefährlich. Deutlich unauffälliger, aber mindestens genauso gefährlich sind die Neuen Rechten. Für uns als Kommunikatorinnen und Kommunikatoren ist es wichtig, ihre Denkmuster und Strategien zu kennen, denn mit ihren Auftritten werden wir es vermehrt zu tun haben.

Rezensionen

Ein Buch für Kommunikationsstrategen

Buchcover Wirtschaft als KommunikationWie Unternehmen und Wirtschaft öffentlich werden, das war einmal in einem relativ einfachen Managementprozess organisierbar. Wissen bereitstellen, im Wesentlichen über Produkte und Dienstleistungen. Und dieses Wissen dann in einseitigen Informations-Prozessen an die relevanten Stakeholder verbreiten. Aber, das war einmal. Wirtschaft 1.0 könnte man das nennen. Heute hat sich dies grundlegend verschoben …

Kommentare

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Fünf Anmerkungen zu den Eurobest PR Awards 2023

Einen positiven Grundeindruck bei den Eurobest Awards 2023 hinterließ bereits die beeindruckende Zahl von über 160 Einreichungen bei PR – weit mehr als in einigen anderen Kategorien. Die Bedeutung von PR wird demnach mehr denn je als sehr hoch eingeschätzt. Selbst wenn die Beiträge bei Ausrichtung und Qualität extrem divers waren, habe ich als Juror einige Gesamteindrücke aus London mitgenommen:

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Harte Fakten und Kennzahlen fehlen

Schriftzug CR BenchmarkNachhaltigkeitskommunikation ist auf den Corporate Websites zentral positioniert. Immer mehr Unternehmen verknüpfen den Geschäftserfolg inhaltlich mit Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Bedenklich ist aber die seit mehreren Jahren rückläufige Transparenz. Wichtige Kennzahlen verschwinden allmählich aus der Nachhaltigkeitskommunikation. Der neue CR Benchmark von NetFed zeigt die aktuellen Entwicklungen.

Aus- und Weiterbildung

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SORA Dich nicht!

Schon wieder droht eine ganze Branche im KI-Schlund zu verschwinden: erst waren es die Texter und Kreativen, jetzt sind es die Filmemacher. In der Tat: Was Open AI mit SORA auf unsere Wirklichkeit losgelassen hat, erscheint auf den ersten Blick atemberaubend. Zweifelsohne ist SORA ein Text-zu-Video-Tool der nächsten Generation. Aber erst die Kombination aus Technologie und der Marktmacht von OpenAI / Microsoft macht SORA zu einem Werkzeug, dass unsere Wirklichkeit beeinflussen wird. Aber schauen wir doch erstmal genauer hin...

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Wie Unternehmen das Vertrauen ihrer Kunden verspielen

Schriftzug Trust in Scrabble-BuchstabenVor rund vier Wochen piepte unsere Spülmaschine Alarm. Wir riefen den Fachmann. Er kam, prüfte und erklärte: „Die Pumpe ist defekt.“ Unsere Alternativen: 680 Euro, um das Teil auszutauschen oder ein neues Gerät. Eine unerwartete News, erst vier Jahre zuvor hatten wir die Miele-Maschine angeschafft und vermeintlich bewusst auf Qualität gesetzt.

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Was macht eigentlich ein Account Executive bei der Agentur Edelman Germany?

„Als ich bei Edelman eine Ausschreibung sah, die meine beruflichen Leidenschaften – Gesundheit und Kommunikation – vereint, war es wie ein ‚perfect match‘,“ erklärt Stella Henn heute. Bereits seit November 2022 ist sie bei Edelman Germany und beschäftigt sich mit Healthcare-PR und der Umsetzung von Multi-Channel Kommunikations-Strategien und -Kampagnen sowie deren Umsetzung. Nachfolgend stellt sie im Interview ihre Aufgaben und ihren Arbeitgeber vor.

Preise und Awards

idw-Preis würdigt Wissenschafts-Pressemitteilungen

Drei Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für ChemieJährlich kürt der Informationsdienst Wissenschaft (idw) aus 20.000 Pressemitteilungen, die von mehr als 1.000 wissenschaftlichen Einrichtungen über die idw-Website verbreitet werden, die besten ihrer Art. Nach dem Urteil der Jury haben im Jahr 2023 das Max-Planck-Institut für Chemie, die Universität des Saarlandes und das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie gewonnen.

Whitepaper

Erfolg der Kommunikation stichhaltig nachweisen

In der Unternehmenswelt stehen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren oft vor der Herausforderung, ihre Erfolge anhand von Kennzahlen wie Reichweite, Tonalität oder Share of Voice zu messen. Diese Metriken sind in der Kommunikationsbranche gängig und bieten Einblicke in die Wirksamkeit von PR- und Marketingkampagnen. Allerdings entsprechen diese Metriken nicht unbedingt den Anforderungen des Managements, das primär an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Unternehmenswert interessiert ist. Diese Diskrepanz kann zu Missverständnissen führen und die Anerkennung der Kommunikationsarbeit durch das Management beeinträchtigen.