ISM-Forschungsarbeit: „Bullshit-Artists“ stören das Betriebsklima

Nur heiße Luft und Kauderwelsch? Anglizismen, Buzzwords und Fachjargon begegnen uns ständig im Berufsalltag. Wer kennt das auch in PR und Kommunikation weit verbreitete Phänomen nicht? Führungskräfte und Beschäftigte sind jedoch gut beraten, auf ihre Wortwahl zu achten und auf leere Floskeln zu verzichten. Denn „Bullshit-Kommunikation“ wirkt sich häufig negativ auf das Betriebsklima aus. Das weist eine Forschungsarbeit der International School of Management (ISM), Dortmund, aus. Alexander Elia hat die Arbeit vorgelegt, die von Hochschullehrer Nico Rose begleitet wurde.

Studienautor Alexander Elia studierte Psychology & Management an der ISM in Dortmund und arbeitet heute als Consultant bei der Unternehmensberatung consistency.

Der Chef, der von den Beschäftigten „mehr Commitment“ und ein „agiles Mindset“ für den gemeinsamen „Purpose“ fordert oder die Marketingkollegin, die „asap die USPs für den nächsten Pitch zusammenstellt.“ Wir alle sind ihnen bereits im Berufsalltag begegnet – Menschen, die mit Anglizismen und Fremdwörtern um sich schmeißen, um andere von ihrer Meinung oder (angeblichen) Fachexpertise zu überzeugen. Doch wenn Sätze nur so von Abkürzungen, Fachjargon und Buzzwords strotzen, kommt dabei zuweilen nur noch inhaltsleerer Bullshit heraus.

„Bullshit-Artists“ wollen vor allem ihre Umgebung blenden

Der Begriff „Bullshit-Kommunikation“ stammt aus der Organisationspsychologie und beschreibt das Kommunizieren mit leeren Worthülsen und irreführenden Behauptungen. Im Gegensatz zum Lügen ist die Wahrheitsverdrehung aber nicht das eigentliche Ziel, sondern bloß eine negative Nebenerscheinung des Bullshittings. Dem „Bullshit-Artist“ geht es vor allem darum, mit dem Gesagten andere zu überzeugen, zum Beispiel um unangenehmen Gesprächen aus dem Weg zu gehen oder um eine eigene Agenda voranzutreiben, wie ISM-Absolvent Alexander Elia erläutert: „Es ist eine Strategie zur Erhöhung der Selbst- und Fremdwahrnehmung und bringt oft Vorteile in sozialen Beziehungen.“

Bullshitter können grundsätzlich in jeder Branche auftreten, wenngleich sie häufiger in Bereichen auftauchen, wo es etwas zu verkaufen gibt. Auch gewisse Rahmenbedingungen scheinen Bullshitting zu fördern, so werde beispielsweise auch bei Meetings häufiger Bockmist verzapft, besonders wenn es darum geht, die eigene Leistung gegenüber den Vorgesetzten und Mitarbeitenden zu betonen. Das Business-Meeting als Bühne für Bullshit-Kommunikation – als Folge davon hat sich längst ein Spiel namens Bullshit-Bingo entwickelt. Die Regeln des Spiels sind denkbar simpel: Einfach Floskeln überlegen, die im Meeting fallen könnten und dann während der Konferenz vom mitgebrachten Bingo-Zettel streichen. Das Spiel ist dermaßen beliebt, dass es inzwischen auf unterschiedliche Branchen zugeschnittene Bingo-Vorlagen zum Herunterladen gibt.

Empirische Untersuchung zur Wirkung des Bullshitting

Um dem Phänomen der Bullshit-Kommunikation näher auf den Grund zu gehen, haben englische Forschende eine Methode entwickelt, um den Grad an Bullshit in Unternehmen zu messen. ISM-Alumnus Alexander Elia hat diese Skala als Grundlage für seine Masterarbeit ins Deutsche übersetzt und eine Stichprobe von 652 Beschäftigten zur Wahrnehmung von Bullshit an ihrem Arbeitsplatz befragt. Dabei war für Elia nicht nur das wahrgenommene Bullshit-Level aus Sicht der Befragten entscheidend. Vielmehr wollten er und Nico Rose auch herausfinden, ob es einen Zusammenhang zwischen Bullshit in Unternehmen und dem Arbeitsengagement der Mitarbeitenden gibt. Die Ergebnisse seiner Masterarbeit zeigen, dass ein hoher Grad an Bullshit tatsächlich mit einem verminderten Arbeitsengagement sowie einer erhöhten „Irritation“ der Mitarbeitenden einhergeht. Der Begriff der psychischen Irritation beschreibt eine Form der arbeitsbezogenen Belastung, wobei ein erhöhtes Ausmaß an Irritation als Vorstufe für einen Burn-out gelten kann. Ein hohes Level an Bullshit-Kommunikation im Unternehmen wirkt sich demnach negativ auf die Motivation der Mitarbeitenden aus und erhöht das Risiko für einen Burn-out.

Was also tun, um Organizational Bullshit möglichst zu vermeiden? Für eine gute Zusammenarbeit in spezialisierten Bereichen ist eine präzise Sprache wichtig. Deshalb sollte es erlaubt sein, zu fragen, „was meinst du damit? Was bedeutet das konkret?“ Wer nachfragt, trägt nicht nur zu einer besseren Kommunikation bei, sondern kann auch leere Worthülsen und Erklärungen als Bullshit entlarven. Allerdings erfordert das Stellen von Fragen zuweilen große Überwindung von den Mitarbeitenden, besonders dann, wenn das Aufzeigen von Bullshit vom Gegenüber als Gesichtsverlust empfunden wird. Dabei können Führungspersonen Bullshit durchaus wirkungsvoll entgegenwirken, indem unnötige Meetings vermieden werden und in der internen Kommunikation explizit darum gebeten wird, Fachjargon und Abkürzungen nur dann zu verwenden, wenn sie die Kommunikation für beide Seiten vereinfachen.

Fachjargon darf nicht zur Selbstinszenierung missbraucht werden

Produziert der Gebrauch von Fachjargon, Abkürzungen und Anglizismen demnach bloß Bockmist? Den Forschern, die sich mit Bullshit-Kommunikation beschäftigen, ist es wichtig zu betonen, dass der Gebrauch von Fachjargon in Unternehmen und Fachbranchen grundsätzlich nützlich und häufig sogar notwendig ist. „Fachjargon reduziert Komplexität, präzisiert die Sprache und schafft damit eine Basis für eine gemeinsame Kommunikation, beispielsweise in der Medizin oder in der Rechtswissenschaft.“ Ein Problem entsteht somit erst dann, wenn der Fachjargon nicht mehr dazu genutzt wird, um sich präzise auszudrücken, sondern vornehmlich der Selbstinszenierung als (angeblicher) Fachexperte dient.

Studienautor Alexander Elia studierte Psychology & Management an der International School of Management (ISM) in Dortmund und arbeitet heute als Consultant bei der Unternehmensberatung consistency in Crailsheim.

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