Professor Günter Bentele wird 75: Der Begründer der PR als Wissenschaftsdisziplin in Deutschland

Für den früheren GPRA-Präsidenten und heutigen Chairman Uwe Kohrs ist er der Mann, der durch den Aufbau eines wissenschaftlichen Arms der Public Relations einen erheblichen Anteil am Reputationsgewinn der gesamten PR-Branche in den 1990er Jahren hatte. Die Rede ist von Professor Günter Bentele. Er feiert am 24. März 2023 seinen 75. Geburtstag! Grund genug für das „PR-Journal“ ihm an diesem Tag das Podcast-Interview des Monats März zu widmen. Die Redaktion sprach mit Bentele über seinen Werdegang als einen der führenden Wissenschaftler in der PR- und Kommunikationsbranche. Das Podcast Interview erscheint am 24. März. Nachfolgend finden sich hier einige Auszüge aus dem Interview, die wir vorab veröffentlichen.

Professor Günter Bentele (rechts) erläutert im Gespräch mit „PR-Journal“-Chefredakteur Thomas Dillmann, wie zäh es war, PR als Wissenschaftsdisziplin zu etablieren. (Foto: PR-Journal)

PR-Journal: Herr Professor Bentele, am 24. März feiern Sie ihren 75. Geburtstag! Schon vorab wünschen wir Ihnen alles Gute zu Ihrem Ehrentag. Wie geht es Ihnen im Unruhestand?
Professor Günter Bentele: Mir geht es sehr gut, Danke. Ich kann nicht klagen.

PR-Journal: Wenn Uwe Kohrs davon spricht, dass Sie durch ihre wissenschaftliche Arbeit erheblich zur Reputation des PR-Berufsstandes beigetragen haben, dann müssen wir das hier einmal einordnen. Hatte die PR damals so einen schlechten Ruf?
Bentele: Zunächst einmal freut es mich, wenn Herr Kohrs das so sieht. Aber für mich war es damals eigentlich intuitiv klar, dass man sehr seriös arbeiten muss, wenn man in so einem wichtigen Berufsfeld tätig ist. Wenn Sie auf Vorstandsebene mit den Leuten kommunizieren wollen, dann ist Substanz notwendig. Da darf man kein Dünnbrettbohrer sein, auch nicht bei der Erstellung von Konzepten. Mit Verlaub, von diesen Dünnbrettbohrern gab es aber damals, wir reden über die 1990er Jahre, eine ganze Reihe. Und die haben dem Ansehen des PR-Berufsstandes nicht gut getan.

PR-Journal: Wie wurde das denn in der Wissenschaft wahrgenommen Anfang der 1990er Jahre?
Bentele: Also man kann sagen, dass das Thema PR in der Kommunikationswissenschaft sowohl in den USA als auch in Deutschland ein ungern angefasstes Thema war. Das lag daran, dass die Praxis so einen schlechten Ruf hatte. Man hatte es vielfach mit Aufschneidern und Frühstücksdirektoren zu tun. Das war keine saubere Kommunikation, sondern ging manchmal sogar in Richtung Bestechung.

PR-Journal: Und dennoch haben Sie sich während Ihrer gesamten wissenschaftlichen Laufbahn immer sehr eng mit der Berufspraxis beschäftigt und sie erforscht und später auch in Ihr Lehre miteinbezogen. Dabei war ja Ihr persönlicher Einstieg in die wissenschaftliche Beschäftigung mit der PR schon schwierig genug…
Bentele: Ja, das stimmt. Während meiner ersten Zeit als Professor für Kommunikationswissenschaft / Journalistik an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg von 1989 bis 1994 war das richtig zäh und schwierig. Ich selbst konnte mir seinerzeit Öffentlichkeitsarbeit als Schwerpunkt meiner Wissenschaftskarriere, die ich anstrebte, durchaus vorstellen, noch aber fehlten die Stellen.

PR-Journal: Das änderte sich dann aber in Leipzig, wo Sie ja von 1994 bis 2014 an der Universität Leipzig forschten und lehrten. Dort konnten Sie als Lehrstuhlinhaber das neue Fach „Öffentlichkeitsarbeit / PR“ aufbauen, strukturieren, Theorien entwickeln, theoretische und empirische Studien durchführen und später dann auch in einigen Praxisfunktionen aktiv sein.
Bentele: Das war dann auch der Durchbruch für die PR als Wissenschaftsdisziplin und die beginnende PR-Berufsfeldforschung, die ich erarbeitet habe. Ich konnte in Leipzig eine auf Sozial- und Kommunikationswissenschaften ausgerichtete PR-Wissenschaft etablieren, die nicht im Elfenbeinturm stattfinden sollte, sondern immer das Handeln im Praxisfeld im Blick behalten sollte, ich wusste ja, dass die meisten Absolventinnen und Absolventen nicht in der Wissenschaft blieben, sondern in die Praxis wollten. Deshalb habe ich mit der Praxis verschränkte Studiengänge eingeführt. Wir haben Praktiker gebeten, Lehraufträge zu übernehmen – der eine oder andere wurde auch Honorarprofessor –, um die Berufspraxis stärker mit der akademischen Ausbildung zu verschränken.

PR-Journal: Sie haben darüber hinaus in Ihrer Leipziger Zeit auch selbst die Nähe zur Berufspraxis gesucht und sich auf Verbandsebene selbst engagiert. Einer Ihrer Schwerpunkte war die Arbeit im Deutschen Rat für Public Relations. Warum war und ist Ihnen das wichtig?
Bentele: Ethische Grundlagen sind ganz wichtig für ein Berufsfeld, das eine Profession sein will. Berufsethik ist ein wichtiges Kennzeichen für Professionen. Es gab damals zwar die europäischen Kodizes, aber die hat man nicht recht ernst genommen. Es muss eine Instanz existieren, die das Feld beobachten und eingreifen kann, wenn die Regeln verletzt werden. Und das war für mich der Deutsche Rat für Public Relations. Deswegen habe ich mich dort engagiert und bin heute immer noch Mitglied. Zwar können wir keine Berufsverbote aussprechen, wie das beispielsweise in der Medizin der Fall ist, aber eine öffentliche Rüge ist als Sanktion auch nicht so schlecht, weil das ja mit einem gewissen Reputationsverlust im Berufsfeld verbunden ist. Ich glaube, wenn der DRPR nicht existieren würde seit 35 Jahren, müsste man ihn erfinden.

PR-Journal: Kommen wir zurück ins Hier und Jetzt: Wie sehen Sie ganz grundsätzlich die Entwicklung der Unternehmenskommunikation in den vergangenen Jahren in Deutschland?
Bentele: Sie ist wichtiger geworden für Arbeitgeber, Organisation und Firmenleitungen und wird noch wichtiger werden, weil wir in einer Kommunikations- und Informationsgesellschaft leben, weil Information und Kommunikation das Schmiermittel für die Gesellschaft ist. Wir kommunizieren öffentlich, wir kommunizieren digital, wir kommunizieren interpersonal. Also, Kommunikation ist das A und O, auch wenn es – Stichwort Fake News – viele Verwerfungen gibt.

PR-Journal: Wenn das so ist, wie Sie sagen, warum interessieren sich junge Leute so wenig für PR-Berufe? Wo sehen Sie da eine mögliche Ursache?
Bentele: Also mein Eindruck ist es nicht. Mein Eindruck ist eher, dass PR gegenüber dem Journalismus unheimlich aufgeholt hat und ihn überholt hat als gern ausgeübter Beruf. Wenn die Studienanfängerinnen und -anfänger heute ihre Studienwahl treffen, dann landen 60 bis 70 Prozent in der PR und vielleicht 30 Prozent im Journalismus. Das war vor 20 Jahren noch umgekehrt.

PR-Journal: Noch eine persönliche Frage: Während ihrer langen Laufbahn in Lehre und Forschung haben Sie zusätzlich mehr als 50 Bücher veröffentlicht und rund 300 Fachaufsätze und Artikel geschrieben. Zweifacher Familienvater sind Sie auch noch. Blieb denn da noch Zeit ein bisschen Muße und Ablenkung?
Bentele: Ja, denn mit 17 oder 18 Jahren habe ich im Allgäu begonnen, in einer Rockband zu pielen. Ich bin dann später in Berlin in eine andere Band eingestiegen und spiele dort seit fast 50 Jahren. Vor neun Monaten habe ich zudem wieder angefangen, Klavierunterricht zu nehmen, um meine Boogie Woogie Techniken und meine Blues Technik ein wenig zu verbessern. Mir macht guter Rock und Blues einfach Spaß.

PR-Journal: Gibt es denn hier und da auch Auftritte, bei denen Sie spielen?
Bentele: Ja, zum Beispiel einen Tag nach meinem 75. Geburtstag. Da wird es ein Wohnzimmerkonzert für 30 Leute geben, da freue ich mich drauf.

PR-Journal: Dann wünschen wir Ihnen viel Spaß und viel Erfolg!
Bentele: Vielen Dank!

Das Podcast-Interview mit Professor Günter Bentele gibt es hier ab dem 24. März.

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