Branche Schweizer PR-Firma zahlt Journalisten: Im Couvert steckten 500 Franken

Medienschaffende wurden an einer Tourismus-Veranstaltung für ihre Anwesenheit honoriert. Eines muss man Fiorenzo Fässler von der Zürcher Tourismusmarketing-Firma smarket AG lassen: Er steht zu seinem Anlass, gibt transparent Auskunft und versteckt sich nicht. Vorletzte Woche führte er zehn «attraktive Top-Journalisten» im Zürcher "Zunfthaus zur Schmiden" mit Kunden zusammen. Die meisten Medienschaffenden honorierte er für ihr Kommen mit einer «Kostenpauschale» von 500 Franken, die anwesenden Unternehmen aus der Tourismusbranche bezahlten für den Direktkontakt mit den Journalisten 3.000 Franken. «Das war keine Pressekonferenz», sagt Fässler, sondern ein Informationsaustausch, «ja sogar eine Weiterbildung».
Den Artikel von Hanspeter Bürgin am 01. September in der schweizer Sonntagszeitung "Der Sonntag" hier online weiterlesen.

Artur K. Vogel, Chefredaktor des «Bund» und verantwortlich für den gemeinsamen Reiseteil mit dem «Tages-Anzeiger», zog bereits im Vorfeld die Notbremse und verwahrte sich gegen die von Fässler angebotene Entschädigung. «Aus meiner Sicht wäre es jedoch gerechter», schrieb Fässler in einem E-Mail, «Ihnen den gleichen Betrag wie den Kollegen zu geben.»

«Ich werde für meine Arbeit entlöhnt», schrieb Vogel zurück, und da die Veranstaltung ja während der Arbeitszeit stattfände, wäre «eine zusätzliche Bezahlung nicht angebracht». Auch die Vergütung des Zugtickets akzeptiere er nicht, da er diese Kosten «über unsere Firmenspesen abrechnen» werde. Vogel sagt auf Anfrage: «Die Annahme einer solcher Geldzahlung verstiesse gegen meine journalistischen Prinzipien; zudem würde sie unsere Glaubwürdigkeit untergraben.»

Ohne den konkreten Fall zu kennen, sind Chefredaktoren und PR-Leute übereinstimmend der Ansicht: Festangestellte Journalisten dürfen sich zusätzlich zu ihrem Lohn nicht bezahlen lassen (die 500 Franken steckten in einem Couvert in den Presseunterlagen). «Das ist ein absolutes ‹No-Go›», heisst es. «Von solchen Praktiken habe ich noch nie gehört», sagt etwa der frühere Chefredaktor des «Tages-Anzeigers», Peter Hartmeier.

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