Termine Forum Markenjournalismus mit Richard Gutjahr

„Wo sind die Grenzen von Journalismus und PR? Alles ist im Fluss. Es ist eine geile Zeit!“ Damit startete Richard Gutjahr seinen Vortrag beim Forum Markenjournalismus am 4. Juni. Lewis PR in München war es gelungen, den mehrfach ausgezeichneten und für den Grimmepreis nominierten Journalisten, Moderator und Blogger für  einen spannenden Abend zu gewinnen. Und der prominente Sprecher war sofort in seinem Element. Er plauderte aus dem Nähkästchen  und hatte die volle Aufmerksamkeit des Publikums, das sich aus allen Kommunikationsbereichen zusammensetzte.

Gleich nach seinem Eingangsstatement zitiert Gutjahr das Rieplsche Gesetz der Medien (kein neues Medium hat je ein altes vollkommen verdrängt, es kommen nur immer weitere neue hinzu), um es aber auch im gleichen Atemzug infrage zu stellen. Im Augenblick nimmt die Nutzung aller verfügbaren Medien ab (seit 2000 und über alle Altersklassen verteilt), nur die Internetnutzung nimmt stetig zu.

Die bisher verfügbaren vier Milliarden Webadressen reichen nicht mehr aus. Demnächst wird das „neue“ Internet-Protokoll der Version 6 (IPv6) eingeführt. Damit werden dann 340 Sextrillionen IP-Adressen möglich sein (eine Zahl mit 39 Stellen!), ein praktisch unerschöpfliches Potential.

Aber braucht der Mensch überhaupt immer noch mehr Informationen? Ganz sicher braucht er in Zukunft immer bessere Filter, um die richtigen Informationen zu finden, die ihn aktuell interessieren. Wo sind diese Filter? Natürlich in Suchmaschinen. Aber auch in persönlichen Netzwerken. Die Sharing-Kultur lässt mich an den Erfahrungen anderer aus meinem Netzwerk teilhaben.

Eine Marke muss diesen Filter einkalkulieren, muss dahin gehen, wo die Zielgruppen sich treffen. Aber nicht nur Produkte, Unternehmen und Organisationen sind „Marken“ und wollen mit ihren Zielgruppen kommunizieren. Menschen, die ihre Zielgruppen erreichen wollen, müssen wie Marken agieren, vielleicht sogar zu Marken werden, um in der Masse wahrgenommen zu werden.

Gutjahr kann sich noch gut an sein „Markenerwachen“ erinnern, das dazu führte, dass er sogar sein eigenes Logo hat. Er hatte es sich zum Ziel gesetzt, in NY das erste iPad im Apple-Store auf der 5th Avenue zu kaufen, hat vor dem Shop campiert, mit seiner kleinen Kamera live über Social Media von seinen Erfahrungen berichtet, kleine Interviews mit Passanten veröffentlicht, hat tatsächlich das erste iPad dort ergattert und war mit einem Schlag in seiner „Welt“ bekannt. Er gesteht ein, dass er als TV-Journalist, der er ja auch ist, in einer Nachrichtensendung bei weitem nicht diesen Bekanntheitsgrad erreicht hätte.

Richard Gutjahr arbeitet mit einer ganzen Reihe eigener „Vertriebskanäle“ seiner eigenen „Marke“: Seit 2006 hat er eine eigene, persönliche Homepage, seit 2008 seinen YouTube Kanal, seit 2009 sein Blog, seinen Facebook und Twitter Account.

 „Jeder braucht ein Blog, das ist die Schaltzentrale, der Hub. Facebook, YouTube etc., alles muss auf das Blog verweisen…“ sagt Gutjahr. Auf diese Weise funktioniert das Nachrichtengeschäft nicht nur „one to many“ sondern auch „many to one“ – Informationen und Nachrichten sammeln im Netz. Für den Journalisten bedeuten Social Media einen enormen Zeitvorsprung.

Man könne mit einem Blog regelrechte wellenartige Entwicklungen in der Berichterstattung auslösen, sagt er. Wenn man die Medien auf sein Blog aufmerksam macht, werden Beiträge daraus in die Medien übernommen, der normale User / Nutzer / Leser / Rezipient geht daraufhin auf das Blog, die Medien übernehmen wieder usw.

Sein Fazit für jede Markenkommunikation:

  • Eigene Vertriebskanäle und damit einen Zeitvorsprung schaffen.
  • Ein Netzwerk aufbauen und Interaktivität ermöglichen, andere mitreden lassen.
  • Einen Mehrwert bieten und damit Kunden binden.

Mit seinen Ausführungen löste Gutjahr eine sehr angeregte Diskussion aus. Auf die Frage, wie das „Geschäftsmodell“ seiner vielen „Nachrichtenkanäle“ funktioniert, verwies er auf die Zukunft. Er verdiene heute als professioneller Journalist beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen sein Geld, aber er wolle auch in fünf Jahren noch Geld verdienen und der ROI seiner heute noch neben dem Beruf ausgeübten Social Media Tätigkeit komme ganz sicher.

Jutta Deuschl, Leiterin des Münchener Büros, und Rafael Rahn, Senior Vice President Central & Eastern Europe, von Lewis PR hatten durch den Abend geführt und freuten sich über eine angeregte und lange Diskussionen mit dem Referenten und der Gäste untereinander. Das Thema Markenjournalismus ist sicher nicht an einem Abend zu Ende diskutiert.

Frederic Sturm, München, PRJ-Korrespondent

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