Kommentare Journalismus mal anders – Auf eigene Faust in Kairo

Von Ulrike Langer, Medienjournalistin, Köln

Richard Gutjahr ist freier Journalist und Blogger, der abwechselnd in München und Tel Aviv lebt. Am Sonntagabend folgte Gutjahr in Tel Aviv seinem Reporterinstinkt und flog nach Kairo. So wie es in vergangenen Tagen eine Menge Auslandskorrespondenten und freie Reporter weltweit getan haben. Der Unterschied: Richard Gutjahr ist ohne den offiziellen Auftrag eines Verlags oder Senders, auf eigene Kosten nach Ägypten gereist.

Drei Tage lang mischte sich der unabhängige Reporter auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo mitten unter die Demonstranten. Er sprach, picknickte und fror des nachts mit ihnen. Ein Reporter, der ungefiltert seine persönliche Eindrücke schilderte. Und der die Subjektivität dieser Perspektive auch nicht verhehlte. Er bloggte und twitterte aus Kairo.

Richard Gutjahrs Aktion beweist: Ein Reporter ist jemand, der sich an den Ort eines Geschehens begibt und von dort berichtet. Dazu braucht man im digitalen Zeitalter weder eine teure Ausrüstung noch den Auftrag einer Redaktion. Ein Reporter braucht nur einen Laptop, den richtigen Riecher für ein gutes Thema, Durchhaltewillen und das Bemühen um Wahrhaftigkeit.

Vielleicht ist Richards Gutjahrs Reise ein finanzieller Flop: Neben Flug und Hotel schlagen auch eine von einem Polizisten gestohlene Kamera und 3.500 Euro Roaminggebühren zu Buche. Seine Blogleser aber haben sich per Klick auf Spendenbuttons freiwillig an den Kosten beteiligt.

Ideell ist Gutjahrs Aktion ganz sicher ein Gewinn: Für ihn, weil sie seinen Bekanntheit und den Wert der journalistischen Marke Gutjahr gesteigert hat. Für andere freie Journalisten, weil sie Mut macht, Unternehmergeist zu zeigen und Initiative zu zeigen.

Vor allem aber ist diese Aktion ein Gewinn für den Journalismus. Weil sie zeigt, dass es die von Verlagen oft geschmähte “Kostenloskultur” im Internet nicht gibt. Die Nutzer zahlen sogar freiwillig für Journalismus – wenn er denn mehr bietet als das, was ohnehin überall kostenlos im Internet zu lesen ist.

Der Kommentar wurde am 4. Februar in "DRadio Wissen" gesendet und ist auf Ulrike Langers Blogseite "medial digital" hier nachzulesen.

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