Kommentare Kerlikowskys Kommentar über ... die Merkelsche Formel der sozialen Marktwirtschaft

kerlikowsky1Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel imponiert mir immer wieder, wenn ich ihre Reden im kleineren oder größeren Kreis erlebe. Ihre Redenschreiber sind anscheinend darauf ausgerichtet, Meinungsäußerungen dem Publikum anzupassen. Und Merkel hat die Gabe, mit Konsequenz Äußerungen anderer und Tatsachen zurechtzubiegen, daß Widersprüche kaum erkennbar sind.

Bei der Veranstaltung der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft las der frühere Bundesbankpräsident Prof. Dr. Hans Tietmeyer Merkel und der Regierung die Leviten. Er kennzeichnete die Finanzkrise nicht nur als Folge von Marktversagen, sondern „vor allem auch von Staatsversagen“. Er erinnerte an die von dem Ordoliberalen Prof. Walter Eucken formulierten Prinzipien einer Sozialen Marktwirtschaft und stellte heraus, „der Staat muß zwar den Wettbewerb durch einen ordnungspolitischen Rahmen sichern, sollte aber selbst nicht aktiv in den Wettbewerb eingreifen. Gefordert ist ein starker, aber zugleich auch ein sich selbst limitierender Staat“.

Das war eine klare Kritik an Merkel, die gerade in den Tagen davor durch das Rettungspaket für Opel einen Protektionismus auf Steuerzahlerkosten praktiziert hatte. Doch vor den Gästen der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft sagte sie in ihrer überzeugenden Art: „Protektionismus würde Wettbewerb verzerren“. Und im Laufe ihrer Rede gab sie die Devise für internationale Konferenzen vor: „Die Grundzüge der Sozialen Marktwirtschaft müssen die Grundlage der weltweiten Regelungen sein“. Von den Banken verlangte sie in guten Zeiten Rücklagen für schlechte Zeiten zu bilden; doch das Prinzip scheint für die Regierung keine Gültigkeit während ihrer Kanzlerschaft zu haben.

Aber sie kam einigermaßen gut beim Publikum an und verschwand, bevor eine Podiumsdiskussion begann und Wirtschaftsminister Dr. Karl-Theodor Frhr. zu Guttenberg das Schlußwort hatte. In ihrer Rede hatte sie ihn, trotz seines Widerstands gegen die Opel-Finanzierung, gelobt. Schließlich braucht sie die CSU. Der Freiherr profilierte sich auf der Basis seiner Haltung zu Opel als tatsächlicher Marktwirtschaftler und erhielt während der Rede – im Gegensatz zu Merkel – öfter Beifall. Gut für die Kanzlerin, daß sie das nicht registrieren mußte. Daß Soziale Marktwirtschaft nicht nur ein Schlagwort ist, das hofft für uns alle Ihr

Horst Kerlikowsky
Berlin, 4. Juni 2009

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In dieser Woche außerdem in "Etage Media Selection":

Opel: Bisher gibt es keine Verträge, sondern nur Absichtserklärungen. Sollte jedoch die russische Sberbank sich mit 35 % beteiligen, dürfte Russland billig zu Know-how kommen und Deutschland Arbeitsplätze verlieren.

Financial Times Global 500: Die Liste der größten 500 Aktiengesellschaften aus aller Welt zum 31. März zeigt den Wandel in den Branchen. Banken spielen eine kleinere Rolle, die Ölgesellschaften sind die Schwergewichte nach Umsatz und Ertrag. Erstaunlich, daß ein Autohersteller wie Toyota immer noch Milliarden Dollar Gewinne ausweist. 

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