Der Sprach-Optimist Murtaza Akbar: Auf LinkedIn ist alles total random
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Wenn Sie auf LinkedIn Beiträge ohne Anglizismen finden, melden Sie sich bitte direkt bei unserem Sprach-Optimisten Murtaza Akbar (Foto). Denn gibt es die überhaupt? Ohne Englisch geht ja gar nichts mehr. Erst recht nicht in unserer Kommunikationsbranche. Wie viele und welche Anglizismen er in 10 Sekunden findet, was total random ist und warum für uns alle die Todeslinie so wichtig ist, erfahren Sie direkt hier.
Von Murtaza Akbar, Neu-Isenburg
Mehr als 15 Millionen Menschen in Deutschland nutzen LinkedIn. Sie auch? Dann hätte ich eine Bitte. Wenn Sie einen oder gar mehrere Userinnen oder User, hoppala, ich meine Nutzerinnen oder Nutzer kennen, die bei ihren Beiträgen komplett ohne Anglizismen auskommen, vernetzen Sie mich bitte mit denen. Thanx. Denn das wäre eine Sensation. Ich soll ja nicht immer übertreiben, meint meine Frau. Aber in diesem Fall würde es stimmen. Übrigens kann das meine Frau gar nicht beurteilen, sie ist nicht auf LinkedIn. Sie hat wichtigeres zu tun. Ja, meine Frau ist nicht nur klug, sondern auch … ich schweife ab.
Deshalb hier ein Selbstversuch. Ich mache in diesem Moment vor Ihren Augen die LinkedIn-App auf und schreibe, was ich dort direkt finde. Los geht’s: Copywriter, B2B, Personal Brand, Coach, Start-up, C-Level, Podcaster, Ghostwriter, Sneaker, Purpose, Bubble … bis jetzt sind beim Scrollen gerade mal 15 Sekunden vergangen. Zehn Anglizismen in 15 Sekunden, ohne genauer zu lesen. Das wären hochgerechnet, Wahnsinn. Okay, das ist jetzt total random, wie unsere Praktikantin in der Agentur gerne meint. Dabei sei die Arbeit bei uns ein klares Upgrade für sie. Da bin ich echt froh. Wäre es ein Downgrade, hätte ich es hier natürlich elegant unter den Teppich gekehrt.
Unser Team hat unsere Praktikantin schon zu Events mitgenommen. Waren direkt Highlights für sie. Wir saßen danach zu viert im Auto und sie sprach von gecovert, gegoogelt oder gewhatsappt. Wenn Sie denken, das wäre fancy. Na ja, das habe ich schon als Kind gemacht, nämlich vor dem Verb einfach das „ge“ gesetzt. „Ja, Mami, das habe ich schon gepina“. Das ist nicht Deutsch-Englisch, sondern Deutsch-Urdu und heißt: „Habe ich schon getrunken“. Das machen viele Kids, die mit zwei Sprachen aufwachsen. Stark, gell?
Ach, ich wollte ja auf LinkedIn weiterscrollen. Ich versuche mal den ersten Satz mit einem Anglizismus wortwörtlich zu übersetzen und Sie dürfen raten: „Nach dem Gedankenstürmen müssen wir einen Arbeitsladen machen, um das Projekt bis zur Todeslinie umzusetzen.“ Geil. Gefällt mir, vor allem die Todeslinie. Wir in der Kommunikation finden uns ja immer so wichtig. Andersrum macht das übrigens auch Spaß. Skydrivingday liebte mein Geschilehrer. Er hat Himmelfahrtstag übersetzt und sich beim Lachen den Bauch gehalten. Wir in der Klasse fanden es eher cringe.
Gibt es für Workshop eigentlich ein deutsches Wort? Oder für Airbag? Ich frage mal heute Abend. Ich treffe mich mit einem Kunden in einer Networking-Lounge. Wir sprechen dann über seinen Pitch. Wir meeten dort praktisch. Puh, mir zieht es gerade die Schuhe aus. Egal, er will einiges outsourcen, um seinen Workflow zu verbessern. Gerne. Er möchte nämlich eine neue Reise für seine Kunden realisieren, Customer Journey. Damit wird er eine Menge Daten sammeln. Big Data. Klingt fett. Eine Benchmark zu setzen, sei sein Ziel. Und ganz viele Upselling-Produkte einzuführen.
Ich helfe ihm bei seinem Launch, davor treffen wir uns bestimmt zum Lunch. Okay, platt, der musste einfach sein. Er will auch eine Checkliste von uns. Bekommt er, sobald wir mit dem Onboarding unseres neuen Kollegen fertig sind. Wenn das nicht klappt, bilden wir eine Task Force. Rudi Völler ist bestimmt wieder dabei. Ganz egal, um was es geht. Und wenn gar nichts mehr geht. Dann hilft garantiert: Empowerment.
Der Autor Murtaza Akbar ist Geschäftsführer von Wortwahl – Agentur für Unternehmens- und Onlinekommunikation in Neu-Isenburg. Der gebürtige Frankfurter mit pakistanischen Wurzeln ist zudem Dozent an der Hochschule Darmstadt sowie Speaker, Präsentations- und Rhetoriktrainer – hier geht’s zu seiner Speaker-Broschüre. Zu erreichen ist Murtaza Akbar per E-Mail oder LinkedIn.
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