Autoren-Beiträge Gender Pay Gap: Transparenz für mehr Lohngerechtigkeit
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Am 17. März ist der alljährliche „Equal Pay Day“. Doch wie groß ist eigentlich die Lücke zwischen den Gehältern von Frauen und Männern? Bereits in der vergangenen Woche haben wir über den StepStone Gehaltsreport 2020 berichtet und beklagt, dass die Schere zwischen Frauen und Männern zwischen 2018 und 2019 in der PR noch weiter auseinander gegangen ist. Wir haben das zum Anlass genommen, am „Equal Pay Day“ noch einmal genauer auf das Thema zu schauen. Dafür konnten wir Nina Schnoor (Foto), die PR-Managerin der Vergleichsplattform „Gehalt.de“ und der Vergütungsberatung Compensation Partner, gewinnen. Sie hat die Gründe für die Ungleichheit genauer untersucht und einige Lösungsansätze präsentiert. Lesen Sie nachfolgend ihren Beitrag.
Von Nina Schnoor, Hamburg
Arbeitnehmerinnen verdienen in Deutschland weniger als ihre männlichen Kollegen – das belegt auch unsere aktuelle Studie zum Thema Equal Pay auf Basis von rund 76.500 Datensätzen. Einkommen in Agenturen und in PR-Berufen bilden da keine Ausnahme.
Über alle Daten hinweg liegt der Gender Pay Gap in Deutschland laut unserer Analyse bei rund -23,5 Prozent. Frauen verdienen 35.300 Euro und Männer 46.200 Euro im Jahr (alle Angaben im Median). Diese Werte sind etwas höher als die des Statistischen Bundesamts. Das liegt daran, dass unsere Daten Sonderzahlungen (zum Beispiel Weihnachtsgeld) enthalten – beim Bundesamt ist das nicht der Fall.
Unsere Analysten haben sich auch die Faktoren angeschaut, die diese Lücke verursachen. Welchen Einfluss haben Berufs- oder Branchenwahl, Berufserfahrung, Unternehmensgröße, Ausbildung und das Anforderungsprofil der Stelle? Durch diese lässt sich die Lücke zum Teil erklären. Allerdings bleibt ein „unerklärbarer Rest“ von -7,5 Prozent, der höchstwahrscheinlich auf das Geschlecht zurückzuführen ist.
Gender Pay Gap in PR- und Werbeagenturen
Werfen wir einen Blick auf die Gehälter in PR- und Werbeagenturen: Frauen verdienen rund 32.700 Euro und ihre Kollegen 35.900 Euro. Hier arbeiten vor allem junge Beschäftigte mit wenig Berufserfahrung. Der unbereinigte Wert liegt bei -8,8 Prozent. Allerdings lassen sich davon -5,3 Prozent nicht durch Unternehmensgröße, Berufswahl, Erfahrung, Anforderungsniveau oder Ausbildung erklären.
Branche Werbung und PR (Fachkräfte) | |
Frauen | 32.720 € |
Männer | 35.875 € |
Gap | 3.154 € |
Unbereinigte Entgeltlücke | -8,8 % |
Bereinigte Entgeltlücke | -5,3 % |
Fast sechs Prozent weniger für PR-Managerinnen
Auch bei PR-Managerinnen und -Managern finden wir eine Entgeltlücke vor. Diese Berufsgruppe ist in Unternehmen verschiedenster Branchen tätig. Laut der Auswertung verdienen Frauen rund 47.500 Euro und Männer 50.400 Euro – eine Entgeltlücke von fast sechs Prozent. Hierunter fallen keine Beschäftigten mit Personalverantwortung. Eine Bereinigung ist leider nicht möglich, da hierfür zu wenig Daten vorliegen.
Frauen | Männer | Differenz | Entgeltlücke |
47.463 € | 50.443 € | 2.980 € | 5,9 % |
Woher kommt der Gender Pay Gap?
Doch warum finden wir nicht nur für PR-Fachkräfte, sondern auch in anderen Berufen und Branchen einen Gender Pay Gap vor? Vor allem die Familiengründung spielt eine wichtige Rolle, denn sie unterbricht die Karriere und die Gehaltsentwicklung. Davon sind in den meisten Fällen Frauen betroffen, wie eine Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt. Laut einer Studie des BMFSFJs leisten Frauen zudem pro Tag 52,4 Prozent mehr „unbezahlte Sorgearbeit“ als Männer – dazu zählen Kindererziehung oder Hausarbeit. Das hat natürlich auch finanzielle Folgen.
Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass weibliche und männliche Beschäftigte nach einer Pause – zum Beispiel durch Elternzeit – wieder erfolgreich ins Berufsleben zurückkehren können. Politische Maßnahmen müssen zudem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern, beispielsweise durch den Ausbau der Kinderbetreuung oder des Elterngeldes.
Wir benötigen außerdem Projekte, die das Interesse bei jungen Mädchen für Positionen wecken, in denen sie gut verdienen können und in denen sie noch unterrepräsentiert sind. Es ist notwendig, dass es zukünftig mehr Chefärztinnen, Geschäftsführerinnen oder IT-Spezialistinnen gibt. Es muss schon möglichst früh gegen vorherrschende Rollenbilder angekämpft werden.
Gehaltstransparenz gegen ungerechte Vergütung
Generell gilt auch: Je mehr wir alle über Gehälter sprechen, desto häufiger decken wir ungerechte Vergütungsstrukturen auf. Im Einzelfall bleibt die „Lücke“ nämlich meist verborgen.
Mit dem Entgelttransparenzgesetz hat die Politik einen ersten Schritt in diese Richtung getan. Dieses Gesetz ermöglicht seit dem 6. Januar 2018 Beschäftigten einen Auskunftsanspruch, um eine mögliche Lohndiskriminierung zu überprüfen. Allerdings gilt dies nur in Unternehmen mit mehr als 200 Angestellten und eine ungerechte Vergütung bleibt für Arbeitgeber in Deutschland ohne rechtliche Konsequenzen. Hier müssen weitere Maßnahmen folgen. Im Ländervergleich geht Island mit gutem Beispiel voran: Unternehmen müssen mittlerweile per Gesetz nachweisen, dass sie fair vergüten. Andernfalls drohen Sanktionen.
Auch Beschäftigte können aktiv werden: Auf Online-Plattformen – wie zum Beispiel bei Gehalt.de – lassen sich Einkommen vergleichen und überprüfen. Im Falle einer unüblichen Bezahlung können Beschäftigte in der Personalabteilung oder bei dem Vorgesetzten nachfragen, wie sich ihr Gehalt zusammensetzt. Unternehmen sollten bestenfalls eine Antwort darauf haben.
Über die Autorin: Nina Schnoor ist als PR-Managerin bei der Vergleichsplattform „Gehalt.de“ und der Vergütungsberatung Compensation Partner beschäftigt. Sie und ihr Team führen regelmäßig Studien und Analysen zu den Themen Gehalt und Beruf durch.
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