Branche Unwort des Jahres 2017: „Alternative Fakten“

Unwort des Jahres LogoEine Jury aus Sprachwissenschaftlern und einem Journalisten hat am 16. Januar „Alternative Fakten“ zum Unwort des Jahres 2017 gewählt. Der Ausdruck geht zurück auf Kellyanne Conway. Die Beraterin des US-Präsidenten Donald Trump hatte damit die falsche Tatsachenbehauptung bezeichnet, dass noch nie so viele Feiernde auf den Straßen gewesen seien wie bei der Amtseinführung von Trump. Der Deutsche Journalistenverband begrüßte die Wahl des Begriffs „Alternative Fakten“ zum Unwort des Jahres. Auch der Medienprofessor Thomas Breyer-Mayländer nahm Stellung.

Breyer-Mayländer, der als Medienprofessor an der Hochschule Offenburg tätig ist, sagte: „Wenn wir vom ‚Wort des Jahres 2016‘, ‚postfaktisch‘, zum ‚Unwort des Jahres 2017‘, ‚Alternative Fakten‘, den Bogen spannen, dann wird deutlich, welche Probleme wir aktuell bei politischen Diskussionen auf allen Ebenen, von der Kommune bis zum Bund, erleben. Wer den Wert von Fakten nicht erkennt, ist Fehlinformationen ausgeliefert.“

Der Wissenschaftler hat 2017 die Herausforderungen des „postfaktischen Populismus“ für die repräsentative Demokratie unter die Lupe genommen und das Ergebnis unter dem Titel „Ein Quantum Wahrheit“ veröffentlicht. Der gezielte Populismus einzelner Akteure, die sich als einzig legitime Vertreter der Interessen der Bevölkerung darstellten, habe zu einer zusätzlichen Negativdynamik geführt und die Vorurteile gegenüber etablierten Medien geschürt.

„Wir sehen aber gerade anhand der aktuellen Probleme beim Umgang mit Fakten, welche zentrale Bedeutung redaktionelle Medien mit klar verantwortlichen Akteuren in diesen Zeiten haben“, so eine Schlussfolgerung des Autors am Rande eines Medienfachgesprächs auf dem Lerchenberg in Mainz am 16. Januar.

„Es gibt keine alternativen Fakten“

Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, Frank Überall, sagte in Berlin zur Wahl zum Unwort des Jahres: „Die Jury hat damit auf einen wunden Punkt der öffentlichen Kommunikation aufmerksam gemacht. Wenn von staatlichen Stellen Realitäten in Richtung Unwahrheit interpretiert und als ‚alternative Fakten‘ etikettiert werden, ist das ein Angriff auf den gesellschaftlichen Diskurs!“

Bisher seien Repräsentanten des Staates für Journalistinnen und Journalisten als „privilegierte Quellen“ gesehen worden. Je mehr bei Behörden der Populismus Einzug halte, werde dieser Vertrauensvorschuss verspielt. Das habe dramatische Auswirkungen auf die Akzeptanz von staatlichem Handeln, so Überall: „Es gibt keine alternativen Fakten. Dieser Unwort-Begriff ist bloß die Umschreibung für Falschauskünfte. Schlimm ist, dass das denen, die diese Formel benutzen, nicht mal mehr peinlich ist.“

Es sei Aufgabe von Journalistinnen und Journalisten, solche Strategien zu beschreiben, um wieder mehr Ernsthaftigkeit in die gesellschaftliche und politische Debatte zu bringen. „Wir sind als Medienvertreter keine Volkspädagogen“, erläuterte Überall: „Aber wir müssen echte Fakten recherchieren und berichten und durch unsere Veröffentlichungen bewusst machen, welche Informationen stimmen und welche nicht“, so der DJV-Bundesvorsitzende. Unabhängiger Journalismus sei deshalb wichtiger denn je.

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