Rezensionen Rezension: Public Relations wirkt durch Sprache
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- von Markus Kiefer, Heiligenhaus
Public Relations wirken vor allem durch Texte. Sprache prägt Texte. Gekonnte Sprache scheint eine Kunst, die in der Zunft vielfach mehr vorausgesetzt als gelehrt zu werden scheint. Gewiss, Textkompetenz spielt in der praktischen PR-Ausbildung in allen einschlägigen Akademien eine zentrale Rolle. Die universitär-wissenschaftliche Reflexion hinkt da doch deutlich hinterher. Speziell die sprachwissenschaftliche Befassung, konkret durch Linguistik, ist bislang jedenfalls kaum ins Auge gefallen. Dem schafft das hier zu rezensierende Handbuch der Herausgeberinnen Annika Schach und Cathrin Christoph Abhilfe.
Es verfolgt den Ansatz einer angewandten Unternehmenskommunikation in textlinguistischer Perspektive. Gründe für einen solchen Ansatz gibt es genug. Eine Handvoll davon sprechen die beiden Herausgeberinnen Schach und Christoph in ihrem Vorwort überzeugend an, unter anderem die zunehmende Bedeutung von Content Management und Storytelling. Annika Schach ist in Wissenschaft und PR Praxis gleichermaßen einschlägig. Sie war als Professorin für Angewandte PR an der Hochschule Hannover aktiv und wird es bald wieder sein. Zwischenzeitlich war sie Kommunikationschefin der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover. Cathrin Christoph ist vor allem Praktikerin. Sie ist PR-Beraterin und Inhaberin einer Kommunikationsagentur, nimmt aber auch akademische Lehraufträge war.
Die Beiträge sind in drei Feldern eingruppiert: a) theoretische Ansätze in interdisziplinärer Perspektive, b) PR-Handlungsfelder wie unter anderem Krisenkommunikation, Social-Media-Kommunikation, Corporate Language c) Ergebnisse von empirischen Fallstudien zu diversen Textsorten.
Die im theoretischen Grundlagenteil abgedruckten Beiträge sind vor allem für die Lesergruppe interessant, die tief in der akademischen Fachdebatte zu Hause sind.
Im zweiten Teilabschnitt des Handbuches, mit insgesamt 13 Beiträgen der voluminöseste Teil des Buches, geht es um die Handlungsfelder der PR. Der Grad der praktischen Operationalisierbarkeit der Beiträge wird nun erkennbar größer. Hervorgehoben seien hier nur die beiden Beiträge der Herausgeberinnen. Annika Schach entwirft ein innovatives, integratives Textmodell, mit dessen Hilfe sich unterschiedliche Texte bzw. Textsorten sowohl konzipieren als auch auf ihre Kommunikationswirkung kritisch prüfen lassen. Das Modell wird ausführlich erläutert und mit einer abschließenden Checkliste abgerundet. Wenn man in der Praktiker-Perspektive denkt: mit diesem, von Schach vorgelegten Ansatz lässt sich das eigene Tun bei der Textproduktion mindestens selbstkritisch überdenken.
Genauso praxisnah ist der Beitrag der zweiten Herausgeberin. Cathrin Christoph hat die Sprache in und für Pressemitteilungen analysiert. Zugrunde liegt die Doppelfunktion dieses für die Medienarbeit unverändert zentralen Kommunikationsmittels, das einer doppelten Herausforderung unterliegt. Zum einen muss die dahinterstehende Organisation legitimiert werden, zum anderen muss die Anschlussfähigkeit an das journalistische System gelingen. Das beißt sich nicht nur manchmal, denkt man allein an die naturgemäß einseitige Argumentation in Pressemitteilungen, die die Interessen der Organisation nach vorn stellt. Aber auch die oft (zu) werbliche Sprache mit Wert- und Hochwertwörtern ist hier ein kritischer Erfolgsfaktor. Christoph reflektiert das ebenso grundsätzlich wie konkret entlang der vier Ebenen Textfunktion, Themenauswahl, Themenentfaltung und Textsorten.
Im dritten und letzten Abschnitt geht es in um unterschiedliche Textsorten und die hier vorfindbare Sprache. Vier Beiträge seien hervorgehoben, vor allem wegen ihres Innovationspotentials. Dies ist besonders gegeben in einem Feld, das bislang wissenschaftlich kaum analysiert wurde. Nach traditionellem Verständnis hat sich ein Aufsichtsrat aus der Unternehmenskommunikation herauszuhalten. Jan Flegelkamp zeigt eindrucksvoll auf, dass dies zum einen gar nicht möglich und zum anderen auch für die Außenwahrnehmung von Unternehmen und Organisationen gar nicht wünschenswert ist. Liest man sich Geschäftsberichte und Nachhaltigkeitsberichte vor allem großer Konzerne durch, dann gewinnt man oft den Eindruck von Gleichförmigkeit. Alles ist gleichermaßen „gut aufgestellt“. Sprachlich ist das zuweilen Einheitsbrei. Zumindest wird das Potential einer eigenständigen Sprache als Ressource der PR oft nicht ausgeschöpft. Dies decken die brillanten Beiträge von Helmut Ebert (Geschäftsberichte) bzw. von Adrian Aebi und Bruno Frischherz (Nachhaltigkeitsberichte) eindrucksvoll auf. Erfreulich hoch ist auch die Operationalisierbarkeit des Beitrags von Wilfried Köpke, der überzeugende Formulierungsvorschläge für Stress-Interviews in der Krisenkommunikation vorlegen kann.
Gesamtfazit aus Praktiker-Perspektive: insbesondere die Teile 2 und 3 geben ambitionierten Kommunikations-Managern sehr konkrete Optimierungs-Potential für eigenes Tun.
Empfehlung
Herausgeber: Annika Schach / Cathrin Christoph; Titel: Handbuch Sprache in den Public Relations, Theoretische Ansätze – Handlungsfelder Textsorten; Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 2018; Umfang: 530 Seiten; eBook-ISBN 978-3-658-15745-6, Preis 62,99 €; Druckausgabe: ISBN 978-3-658-15744-9, Preis: 79,99 €
Über den Autor der Rezension: Markus Kiefer (60, Foto) ist Professor an der FOM - Hochschule für Oekonomie und Management. Dort lehrt er BWL, mit dem Schwerpunkt der Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation. Darüber hinaus arbeitet er in Seminaren, Vortragsveranstaltungen und Workshops für Weiterbildungs-Akademien der Wirtschaft. Er berät Unternehmen in Fragen der Kommunikationsstrategie, der PR, Mitarbeiterkommunikation, Social Media und Krisenkommunikation. Im Recito Verlag, Essen, ist im Sommer 2018 sein neues Buch „Unternehmenskommunikation - Erfolgreiche Kommunikationskonzepte aus Wissenschaft und Praxis“ erschienen. Markus Kiefer richtet sich darin an Praktiker, die über den Tellerrand hinaus denken. Ein Buch für Kommunikatoren der Zukunft.
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