Das PR-Interview Christina Rettig: „Daten helfen, Kommunikation zu erklären“

Die Schott AG in Mainz ist einer der weltweit führenden Hersteller im Bereich Spezialglas, Glaskeramik und anderer High-Tech-Werkstoffe. Der Technologiekonzern beschäftigt rund 17.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an weltweit über 30 Standorten. Die externe Kommunikation leitet die umtriebige Christina Rettig. Ihr Team besteht aus 14 Mitgliedern aus Deutschland, den USA und China, die mit dem Corporate Marketing in einer Abteilung integriert sind. Der Begeisterung nach zu urteilen, die sie ausstrahlt, brennt Christina Rettig für ihren Job. Nachfolgend ein Auszug aus dem Podcast-Interview mit ihr, das hier in voller Länge zu finden ist.

Im Podcast-Interview gibt Christina Rettig Einblicke in ihre vielfältigen Aufgaben bei der Schott AG in Mainz. (Foto: privat)

PR-Journal: Frau Rettig, was beschäftigt Sie bei Schott aktuell am meisten, welche Themen bestimmen derzeit Ihr Arbeitsleben?
Christina Rettig: Wir sind verantwortlich für die komplette externe Kommunikation bei Schott. Das umfasst die Presse und Medienarbeit, Social Media, unser eigenes Onlinemagazin auf der Webseite und auch bezahlte Kampagnen. Sehr wichtig im täglichen Doing ist für uns gutes Storytelling. Hier versuchen wir die wunderbaren aber hochkomplexen Themen, die es bei Schott gibt, in spannende Geschichten zu übersetzen. Aktuell beschäftigt uns außerdem, wie Daten-getriebene Kommunikation und Künstliche Intelligenz unseren Beruf verändern. 

Kommunikation mit Augenzwinkern

PR-Journal: Mit der Kampagne „The Receptionist“ scheint Ihnen das mit dem Storytelling gelungen zu sein. Sie haben den Schauspieler und Comedian Michael Kessler als Rezeptionisten eingestellt, der auf ganz besonders herzliche Art die Gäste des Hauses hier in Mainz begrüßt und sie über die neuesten Produkte aufklärt. Ich war vorhin, als ich kam, fast ein bisschen enttäuscht, dass er mich nicht persönlich begrüßt hat.
Rettig (lacht): Im nächsten Monat drehen wir neue Folgen, dann wird er wieder häufiger hier sein. Mit „The Receptionist“ sprechen wir eine technik-affine Zielgruppe an und schaffen allgemeine Awareness für das Unternehmen und die Marke Schott mit einem Augenzwinkern.
Ergänzend dazu bringen wir in einer zweiten Kampagne mit dem Titel #FTPS, „Finding the perfect Solution“, unsere tatsächlichen Mitarbeiter zur Geltung. Sie zeigen in kurzen Videos, mit welcher Leidenschaft sie Produkte entwickeln, welche Leistung dahinter steht, aber auch welche Schwierigkeiten es manchmal gibt. So wollen wir ganz bewusst die Menschen, die hinter unserem Erfolg stehen, in den Vordergrund stellen.

PR-Journal: Welches Ziel verfolgen Sie genau mit diesen Kampagnen? Geht es hier eher um Produkt-Kommunikation oder auch um Employer-Branding?
Rettig: Im Grunde sind beide Kampagnen auf Produkte ausgerichtet. Aber auf der Corporate-Seite heben wir das auf eine höhere Ebene. Das heißt, während die Business Units die Produktvorteile an bestimmte Käufer-Zielgruppen kommunizieren, nutzen wir Themen, die leichter verständlich sind, um eine größere Allgemeinheit anzusprechen und das Unternehmen Schott bekannter zu machen. 
Bei „The Receptionist“ kommt ein besonderes Feature hinzu: Hier kommunizieren wir ganz bewusst auf eine Weise, wie es in den sozialen Medien opportun ist. Damit unterstreichen wir nicht nur, wie innovativ unsere Produkte sind, sondern zeigen auch, dass wir als Unternehmen zeitgemäß und modern kommunizieren.

Eigene Kultur der Schottianerinnen und Schottianer

PR-Journal: Sie haben zuvor darauf hingewiesen, dass Sie im Rahmen ihrer Kommunikation auch auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzen können. Sie haben auf eine hohe intrinsische Motivation verwiesen, da sich die „Schottianerinnen und Schottianer“ offensichtlich sehr stark mit dem traditionsreichen Unternehmen identifizieren. Woran liegt das? 
Rettig: Wer auf die Historie von Schott zurückblickt, findet einerseits immer wieder starke Pioniergeschichten und andererseits Situationen, die schwer zu bewältigen waren. Man muss sich vor Augen halten, dass dieses Unternehmen zwei Weltkriege und eine Teilung überstanden und eine Wiedervereinigung erfolgreich gemeistert hat. Wir wurden ja ursprünglich in Jena gegründet. Diese bewegende Historie einerseits und die Begeisterung für das komplexe Material Glas und anstammende Materialien andererseits formen unsere Kultur bis heute. Lösungen zu schaffen, mit denen unsere Kunden dann wiederum hervorragende Produkte auf den Markt bringen, treibt uns an.

PR-Journal: Wie ist es denn bei Ihnen persönlich? Haben Sie die Begeisterung, die Sie ausstrahlen, von Anfang an mitgebracht? Mussten Sie sich nicht zunächst sehr viel Glas-Know-how aneignen, um adäquat kommunizieren zu können für Ihr Unternehmen?
Rettig: Ich bin begeistert, auch in meinem 14. Jahr hier. Natürlich sind die Themen technisch anspruchsvoll. Hier ist mir meine journalistische Ausbildung an der Dualen Hochschule Ravensburg sowie meine Agenturzeit bei Hill+Knwolton und später bei Fink&Fuchs zu Gute gekommen. Das waren wunderbare Stationen, zu denen ich heute noch gute Kontakte habe. Gelernt habe ich dort das harte Arbeiten und mich schnell in wechselnde Themen einzuarbeiten.

In Unternehmen muss Kommunikation erklärt werden

PR-Journal: Also würden Sie sagen, dass Sie durch diese Stationen auf die schnell wechselnden Anforderungen im Unternehmen gut vorbereitet wurden?
Rettig: Ja, auf jeden Fall. Diesen Weg würde ich daher auch heute noch Berufseinsteigerinnen und -einsteigern empfehlen. Auf einen interessanten Aspekt möchte ich an dieser Stelle hinweisen: In einer Agentur ist man immer unter seinesgleichen, also immer von Kommunikationsexpertinnen und -experten umgeben. Sobald man ein Fachthema anspricht, weiß jeder sofort, was gemeint ist. Das ist auf Unternehmensseite fundamental anders. Sie müssen immer darlegen, was sie tun, warum sie es tun, und wie sie vorgehen. Im Unternehmen muss Kommunikation erst einmal erklärt werden.

PR-Journal: Ist es richtig, dass daher auch Ihr starkes Interesse an Data-PR rührt? Denn Ihr Wunsch ist es, dass haben Sie an anderer Stelle im PR-JOURNAL einmal gesagt, den Wertbeitrag von Kommunikation in Kennzahlen angeben zu können.
Rettig: Ja, denn mit besseren Kennzahlen können wir nicht nur unseren Wertbeitrag zeigen. Wir können mit Zahlen belegen, welche Content-Formate gehen, welche Themen gut laufen und welche nicht. Auf dieser Basis lassen sich Geschmacksdebatten vermeiden und klare Entscheidungen ableiten.

Soweit erste Auszüge aus dem Podcast-Interview mit Christina Rettig. Eine erste Passage daraus ist hier im „PR-Journal“-Podcast (ca. ab Minute 25:17‘) zu finden. Das Interview in voller Länge gibt es ab dem 31. Juli hier.

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