Autoren-Beiträge Markenaufbau: Wie Start-ups durch PR erfolgreich Brandbuilding betreiben

Junges Unternehmen, innovative Idee und keine Markenbekanntheit. Was spannend klingt, gestaltet sich für Kommunikationsexpertinnen und -experten als Herausforderung, denn oftmals kennt die Zielgruppe, die das Startup ansprechen möchte, weder das Unternehmen noch sind sie sich des Problems, welches das Startup löst, bewusst. Gerade bei unbekannten Marken etabliert sich PR als effektives Mittel, um Bekanntheit und Vertrauen aufzubauen.

Carina Goldschmid, Geschäftsführerin der Agentur Startup Communication. (Foto: Startup Com)

Im nachfolgenden Text wird erklärt, wie es junge Brands innerhalb kürzester Zeit schaffen, auf den Schirm ihrer Zielgruppen zu gelangen und was große Marken davon lernen können. In den beiden weiteren Folgen der dreiteiligen Serie geht es im Januar 2024 um Auslandsexpansion für Start-ups und im Februar um Investoren-Kommunikation.

Warum klassische PR nur bedingt funktioniert

Mit Blick auf die beliebteste PR-Maßnahme wird sofort der größte Unterschied zwischen Pressearbeit für Startups und der für etablierte Unternehmen klar: Wer sich durch Pressemitteilungen große Reichweiten erhofft, wird in den meisten Fällen schwer enttäuscht. Meist erfreuen sich weder das Unternehmen selbst noch dessen Akteurinnen und Akteure bis dato großer Bekanntheit. Folglich gehen Meldungen in den Postfächern der Redakteurinnen und Redakteure oft unter. Hinzu kommt ein erhöhter Erklärungsbedarf bei innovativen Ideen, dem der Rahmen eines ein- bis zweiseitigen Presseaussands meist nicht gerecht wird. Klassische Produkttests fallen für viele Start-ups ebenfalls weg. Häufig existiert nur ein Prototyp oder noch gar kein fertiges Produkt. 

Das heißt jedoch nicht, dass klassische PR für Startups gänzlich nicht funktioniert. Einige Branchenmedien veröffentlichen zuverlässig Pressemitteilungen, auch wenn diese nur Ideen und Konzepte von jungen Unternehmen enthalten – ohne große Kundenstämme oder hohe Umsätze. Gerade im Nachhaltigkeitssektor, beispielsweise im E-Mobility-Bereich, aber auch im Finanzwesen machen wir viele positive Erfahrungen. Geht es um hohe Investment-Summen oder sind bekannte Investorinnen oder Investoren involviert, machen Pressemitteilungen durchaus auch Sinn. Doch welche Maßnahmen schaffen noch größeren Output für eine junge Marke?

Meinung und Kanten zeigen

Im Startup-Ökosystem sind Personen deutlich stärker mit der Marke verknüpft als in klassischen Unternehmen. Während Führungskräfte dort oft Angestellte sind, bestehen Gründerteams im Kern aus Entrepreneuren, die ihr Leben der Umsetzung ihrer Idee gewidmet haben. Sie arbeiten nicht nur für die Marke – sie sind ein bedeutender Teil davon. Gleichzeitig befinden sich bekannte Gründerinnen und Gründer im Gegensatz zu den Repräsentanten großer Konzerne oftmals in einer Position mit deutlich geringerer Fallhöhe. Statements müssen weniger zurückhaltend sein und wochenlange Abstimmungsschleifen durchlaufen. Sie sollten mutig und provokant formuliert werden und dürfen im Idealfall der Anthologie einer „David gegen Goliath” Geschichte folgen – „das Startup, das den Status quo anzweifelt”. Aktuelle Themen können mit starken Meinungen kommentiert und kritisiert werden. Denn Gründerteams gründen meist aus einem Anlass: Sie sind nicht zufrieden mit dem aktuellen Stand der Dinge und wollen an einer alternativen Lösung arbeiten. Das qualifiziert sie bereits sehr gut für derartige Statements. Selbstverständlich sollten die Akteurinnen und Akteure hier echte Expertise zum Thema mitbringen. Diese Statements und Interviews legen den Grundstein für die zukünftige PR-Arbeit der Startups.

Storytelling als essenzieller Baustein

Das erste Interview einer Gründerin oder eines Gründers sollte nicht mit der Presse erfolgen, sondern mit den PR-Verantwortlichen. Im Vorfeld der Pressearbeit werden diese innerhalb einer Recherche nämlich deutlich weniger Infos zum jungen Unternehmen finden. Umso wichtiger ist es, zu Beginn der Zusammenarbeit die richtigen Fragen zu stellen. Nicht nur, um die Ideen zu verstehen, auch um Besonderheiten über Marke und Personen herauszuarbeiten, aus denen PR-wirksame Geschichten entstehen können. Vielleicht stoßen die Gründerteams selbst auf bisher unentdeckte USPs ihrer Marke.

Unangenehme und private Fragen zu Dingen wie Fehlschlägen und Herausforderungen zu stellen, lohnt sich: Genau hieraus entstehen die spannendsten Geschichten für die zukünftige Pressearbeit. Gut umsetzbar sind Interviews dieser Art im Rahmen eines Workshops zu Beginn der Zusammenarbeit. Im Gegensatz zum Frontal-Interview bietet ein solcher Workshop eine entspannte Umgebung und die Gegenüber geben in der Regel mehr von sich preis. Genau hier können sich große Unternehmen etwas abschauen: Auch deren Führungskräfte haben mitunter spannende Werdegänge, die Raum für starkes Storytelling bieten. Wer etwas Zeit investiert und sich aus der Komfortzone von Personalmeldungen heraus traut, hat die Chance, dem Unternehmen mehr Charakter zu geben: Starke Persönlichkeiten, statt lediglich ein Gesicht und einen Namen.

Mutige Ideen für schnelle Markenbekanntheit

Neben einem Fokus auf die Gründerinnen und Gründer der Startups bietet Data PR einen eher produktorientierten Ansatz: Daten, die das Unternehmen bereits gesammelt hat, werden ausgewertet, nach Relevanz eingestuft und für Presseaussendungen verwendet. Noch vertrauenswürdiger wird Data PR bei der Einbeziehung von Drittanbietern. Eine von einem unabhängigen Meinungsforschungs-Institut durchgeführte Studie stellt im Idealfall den Need dar, den das Startup bedient, und schafft Problembewusstsein. In beiden Fällen generiert ein Unternehmen exklusive Zahlen, die sich für Journalistinnen und Journalisten der passenden Medien als sehr interessant gestalten.

Wer seine Produkte noch zentraler in den Fokus stellen möchte, sollte Press Seedings als Maßnahme in Betracht ziehen. Die tägliche Menge an Meldungen in Redaktionsbüros steigt und zwischen der Flut an digitalen Presseinformationen sind diese analogen Aussendungen eine Möglichkeit, ein Produkt direkt aus der Masse abzuheben. Zwar kosten diese deutlich mehr Zeit, Geld und Organisationsaufwand als ein digitaler Aussand, lohnen sich bei komplexen Produkten jedoch. Beim Press Seeding werden an ausgewählte Kontakte Pakete mit dem Produkt selbst, einer Pressemappe und weiteren produktbezogenen Informationen geschickt. Kreativ zu sein, lohnt sich hier: Wie wäre es mit einem smarten Ladegerät, um das USP eines E-Mobitlity Startups herauszustellen? Oder einer Tüte Chips mit Spinatgeschmack, um einen Microchip Hersteller direkt über das metallene Aroma schmeckbar zu machen?

Checkliste zur PR mit Startups

  • Pressemitteilungen nur schicken, wenn es wirklich Sinn macht: Zum Beispiel bei sehr innovativen Produkten oder Finanzierungsrunden über zehn Millionen Euro
  • CEO bzw. Founder und deren Geschichten in den Fokus stellen
  • Workshops gemeinsam mit den Kunden statt langer Recherche Teil , um gemeinsam spannende Themen herauszuarbeiten
  • Mit starken Statements an die Presse gehen: Gründerinnen und Gründer haben im Gegensatz zu Akteurinnen und Akteuren in Konzernen hier deutlich mehr Spielraum
  • „David gegen Goliath”-Anthologie folgen, um auf große News aufzuspringen und in kurzer Zeit hohe Reichweite für die Marke generieren
  • Data-PR schärft das Problembewusstsein für die Zielgruppe und schafft direkt große Reichweite
  • Kreatives Press Seeding hebt unweigerlich aus der Masse ab

Über die Autorin: Carina Goldschmid ist Geschäftsführerin von Startup Communication, einer Kommunikationsagentur für Start-ups und Scale-ups. Zu den Kernkompetenzen gehören Awareness-Kampagnen, CEO Positionierung und Investor Relations. Zu den Kunden zählen Unternehmen aus den Bereichen DeepTech, KI, SaaS und Energy/New Mobility.

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