Termine Skandalgipfel 2009

Am 29. April luden die Universität Hamburg und das Krisennavigator Institut für Krisenforschung, ein Spin-Off der Universität Kiel, Journalisten und Pressesprecher aus ganz Deutschland zu einem Skandalgipfel ein. Tagungsort war der Große Hörsaal des Museums für Völkerkunde Hamburg, Gastgeber waren Frank Roselieb (Tagungsleitung und Moderation) und Saskia Schauer (Tagungsorganisation), beide vom Krisennavigator Institut für Krisenforschung in Kiel sowie Siegfried Weischenberg und Steffen Burkhardt von der Universität Hamburg, Institut für Journalistik und Kommunikationswissenschaft.

Nach einer kurzen Begrüssung und Einführung durch Weischenberg und Roselieb wurde den Zuhörern diese Themen geboten:

09.45 Uhr
"Vertrauen zurückgewinnen" - Kommunikations- und Reputationsmanagement nach der Führungskrise bei UNICEF
- Rudi Tarneden, Sprecher UNICEF Deutschland und Helga Kuhn, Sprecherin UNICEF Deutschland, Köln
Durch einen angeblichen und ungerechtfertigten Spendenskandal ist UNICEF Deutschland in die Schlagzeilen geraten, was einen herben Imageverlust zur Folge hatte. Wie die Wohltätigkeitsorganisation darauf kommunikativ und juristisch reagierte, wurde aus der Praxis anschaulich dargestellt. Welche Fehler gemacht und behoben wurden, wurde genau so erklärt, wie UNICEF es schaffte, gestärkt den Skandal hinter sich zu lassen. Ein Medien-Krimi mit Happy-End.

10.15 Uhr
"Unterschätzt?" - Konsequenzen für die Presse- und Medienarbeit von Vattenfall nach dem Brand im KKW Krümmel
- Ivo Banek, Leiter Kommunikation der Vattenfall Europe Nuclear Energy, Hamburg
Kleine (technische) Ursache, große (mediale) Wirkung und schon ist der Skandal da. Wie ein Kommunikations-Kartenhaus zusammenklappen konnte wurde schnell deutlich und welche Wirkung eine falsche Kommunikationspolitik haben kann ebenso. Warum zur Reputationsgesundung auch Personalkonsequenzen im Management notwendig sein können und müssen, wurde schnell deutlich. Sehr anschaulich wurde dargestellt, welche interne Strukturveränderungen bis ins Top-Management vorgenommen werden mussten, um im Fall einer zukünftigen Krisenkommunikation besser aufgestellt zu sein. Vom Medien-GAU in die Kommunikationszukunft.

11.45 Uhr
"Innenansichten" - Entstehung, Vermeidung und Bewältigung von Skandalen in der Politik
- Michel Friedman, Rechtsanwalt, Publizist und Fernsehmoderator, Frankfurt am Main
Bühne frei für Michel Friedman, gekonnt und routiniert orchestriert er seine Selbstinszenierung, perfekt auf den Punkt intoniert. Die Themen sind bekannt: Juden, Christen, alte und neue Braune, Politikerschelte, jeder bekommt sein Fett ab, er hat viel geredet, aber nichts wirklich neues gesagt. Auf jeden Fall ein Lehrstück in Rhetorik, Gestik und Mimik, Disziplinen, in denen es vielen Kommunikatoren manchmal erschreckend mangelt, wer hier Nachholbedarf hatte, wurde gut bedient und freute sich über die Verdoppelung der vorgesehenen Redezeit.

14.40 Uhr
"Eine Sportart rehabilitieren" - Operative und kommunikative Skandalbewältigung nach den Dopingaffären im Radsport
- Rudolf Scharping, Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer, Frankfurt am Main
Ex-Bundesverteidigungsminister und heutiger Radsportverbandpräsident Rudolf Scharping führte mit pfälzischer Gleichmut an, wie der Radsport in Deutschland und weltweit in Misskredit geraten ist. Eine gewisse strategische Hilflosigkeit wird deutlich, eine echte Kommunikationsstrategie gibt es nicht. Es fehlt an professioneller Unterstützung, die sich der Verband mit seinen eingeschränkten Finanzmitteln nicht leisten kann. So muss also der Ex-Minister ran und versuchen, die Wogen zu glätten, etwas unemotional und nur wenig zielführend. Welche PR-Agentur hat Interesse an einem Pro-Bono-Projekt? Hier gibt es etwas zu tun – gegen Spendenquittung, der Verein ist gemeinnützig!

13.50 Uhr
Podiumsdiskussion: "Aufgedeckt" - Skandalberichterstattung in den Medien
- Rüdiger Ditz, Chefredakteur von Spiegel Online, Hamburg
- Volker Steinhoff, Redaktionsleiter Panorama (NDR), Hamburg
- Claus Strunz, Chefredakteur des Hamburger Abendblatts, Hamburg
- Malte Arnsperger, Reporter des Stern, Weinstadt
- Rudi Tarneden, Sprecher UNICEF Deutschland, Köln
- Ivo Banek, Leiter Kommunikation der Vattenfall Europe Nuclear Energy, Hamburg
- Moderation: Siegfried Weischenberg, Universität Hamburg
Journalisten und Unternehmensvertreter (PR) trafen auf einander, was ist in der Vergangenheit geschehen, wer hat Interesse an Skandalen? Dass die Intention von Journalisten und PR-Profis meistens konträr sind, lag auf der Hand, Gemeinsamkeiten gibt es selten. Wo waren die Profis der PR-Agenturen? Dieses wichtige Element der Kommunikationslandschaft fehlte leider vollkommen, hätte aber sicherlich wertvollen Beitrag liefern können. Ein schönes Zitat aus der Lebenserfahrung von Claus Strunz: „Eine Nachricht muss mindestens einem weh tun, sonst ist es Werbung“.

16.00 Uhr
"Erwischt!" - Enthüllung und Kommunikation von Skandalen in Unternehmen, Behörden und Verbänden durch Greenpeace
- Patric Salize, Pressesprecher / Chef vom Dienst bei Greenpeace Deutschland, Hamburg
Die Umweltorganisation nutz bewusst die Macht von Skandalen in Ihrer Kommunikationspolitik, auch unter Inkaufnahme von Kollateralschäden. Starke Bilder, spektakuläre Aktionen und das gekonnt beherrschte Spiel der Medienklaviatur, ist Merkmal des Öffentlichkeitsauftritts unter der Fahne „Grün“ Ganz klar positioniert man sich als Agenda-Setter, der mit scharfen Messern kommuniziert, um die Botschaften von Klima- und Umweltzerstörungen zu transportieren. Hier dient der Skandal als Instrumentarium.

16.40 Uhr
Streitgespräch: "Schnell aus den Schlagzeilen" - Chancen und Grenzen des Presserechts bei Skandalen und Affären
- Margarete Reske, Vorsitzende Richterin am Landgericht Köln, 28. Zivilkammer (Kammer für Presse- und Urheberrechtssachen), Köln
- Birgit Brömmekamp, Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Presse-, Persönlichkeits- und Urheberrecht, Köln
Nennen wir es mal ein Dialog ohne Streit, denn wirklichen Streit gab es nicht zwischen den beiden Juristinnen, die anhand fiktiver Fallbeispiele der Medienjuristik aus Ihrem Berufsalltag anschaulich juristische Aspekte von Skandalen schilderten. Wen das Presserecht schützt und wen nicht, was es leisten kann und was nicht, erfuhren die Zuhörer aus erster Hand. Kann man Skandale juristisch verhindern, oder gibt es mit dem Einsatz juristischer Mittel weniger Skandale? Nein, aber die Spitzen können gekappt und in manchen Fällen die Schärfe gemildert werden. Der juristische Kampf gegen Skandale ist der Kampf gegen Windmühlen und kann fast immer nur verloren werden.

17.30 Uhr
Zusammenfassung Verabschiedung und Ende der Veranstaltung
Fazit: Skandale werden auch in Zukunft immer wieder aufkommen, aber mit professioneller Kommunikation birgt jeder Skandal auch eine Chance, die es zu nutzen gilt.

Begleitend zu der Veranstaltung erhielten die Teilnehmer wirklich gutes und ausführliches Dokumentationsmaterial. Wer am Skandalgipfel 2009 nicht teilnehmen konnte, aber Interesse am Begleitmaterial hat, kann dies gegen einen geringen Kostenbeitrag unter redaktion@krisennavigator.de anfordern. -sdh-

Seitennavigation