Studien Studie: Qualität von Kommunikationsberatung hat nicht nur eine Priorität

Die Qualität von Kommunikationsberatung ist in der PR- und Kommunikationsbranche ein Thema von höchster Priorität. Das galt vor zehn Jahren und wird auch so bleiben. Das zeigen die Ergebnisse einer empirischen Studie der Universität Leipzig in Kooperation mit dem PR-JOURNAL zum Qualitätsverständnis von Kommunikationsagenturen. Außerdem liefert die Studie Belege dafür, was in der Praxis priorisiert wird. So zeigt sich, dass Qualitätsmaßnahmen, die von Agenturen als wichtig erachtet werden, häufiger umgesetzt und nach außen kommuniziert werden.

Die Studienautoren Ansgar Zerfass (links) und Daniel Ziegele. (Fotos: Uni Leipzig)

Zudem ergreifen Großagenturen fast doppelt so häufig wie kleinere Agenturen oder Einzelberater Maßnahmen, um Strukturen und Potenziale für Beratungsqualität zu schaffen.

Trotz der Einstufung des Qualitätsaspekts als wichtiger Wettbewerbsfaktor, der ebenso wie in einer 2013 durchgeführten Vorgängerstudie erneut nachgewiesen wird, offenbart die aktuelle Studie von 2023 Diskrepanzen zwischen Einschätzungen und Handeln der befragten Agenturen. So ist laut der Einschätzung der Befragten das Urteil von Stakeholdern wie Journalisten, Kunden und Mitarbeiter der Klienten über die Qualität der Agenturarbeit sehr wichtig. Bei der Evaluation der Beratungsqualität werden diese Gruppen allerdings kaum berücksichtigt.

Lob und Kundenreferenzen bleiben wichtig

40 Prozent der Top-Manager in Kommunikationsagenturen sind der Meinung, dass Qualität systematisch erfasst und bewertet werden kann. Doch in der Kommunikation nach außen spielen systematische Ansätze wie Agentur-Rankings oder Qualitätsmanagement-Systeme so gut wie keine Rolle. Stattdessen wird bei der Kommunikation weiterhin hauptsächlich auf Lob und Kundenreferenzen gesetzt.

Ist die Betonung des Qualitätsanspruchs also ein reines Lippenbekenntnis? Eindeutig lässt sich diese Frage nicht beantworten. Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass das Qualitätsthema als Treiber für den Agenturerfolg Konkurrenz bekommen hat. Studienleiter Professor Ansgar Zerfaß erklärt das so: „Qualitätssicherung benötigt Zeit und Ressourcen – gleichzeitig beobachten wir eine steigende Komplexität des Beratungsgeschäfts, die nicht nur auf Wettbewerbsdruck, sondern auch ein dynamisches Umfeld zurückzuführen ist. Insofern bestätigt die Studie unseren Eindruck, dass Qualität zentral bleiben wird, Agenturen aber weit mehr leisten müssen, um dauerhaft am Markt zu bestehen“.

Größe bietet mehr Möglichkeiten

Studien-Co-Autor Daniel Ziegele untersucht in seinem Dissertationsprojekt verschiedene Aspekte der Qualität von Kommunikationsberatung. Er beantwortet die Frage so: „Qualitätsmaßnahmen, die von Agenturen als wichtig eingestuft werden, werden bereits heute häufiger umgesetzt und nach außen kommuniziert. Das zeigt sich am deutlichsten bei der Spezialisierung auf bestimmte Kommunikationsfelder und Branchen. Das ist derzeit der größte Trend in der Qualitätsdebatte.“ Ein Lippenbekenntnis sei die Betonung des Qualitätsanspruchs also nicht. Vielmehr gelte: „Agenturen sollten die Qualitätssicherung künftig strategischer planen und sich hinsichtlich der Qualitätssicherung breit aufstellen. Bei Großagenturen sehen wir diese Tendenz schon heute.“

Hängt die Wahrnehmung der Qualität also vor allem von der Größe einer Kommunikationsberatung ab? Eher nicht, denn einerseits können mehr Maßnahmen, die auf die Qualität einzahlen, umgesetzt werden je größer eine Agentur ist. Andererseits sind die eingesetzten Instrumente, um Qualität zu transportieren, je nach Größe andere. Bei Einzelberatern und Kleinagenturen wird Qualität stärker über Referenzen, Spezialisierung und Marktpräsenz nachgewiesen. Mit zunehmender Agenturgröße sind Preise, Auszeichnungen und die Platzierung in Rankings von wachsender Bedeutung.

Qualitätsfaktoren im Beratungsprozess

Das Beratungsgeschäft bleibt ein „People Business“. Die Studie bringt klar zum Vorschein, dass für die Qualitätsbeurteilung insgesamt die Eigenschaften eines Beraters wichtiger sind als die Merkmale einer Agentur. Dabei ist die analytische Kompetenz der Berater der wichtigste Indikator auf der Individualebene. Während des Beratungsprozesses sind Zuverlässigkeit auf Beraterseite und realistische Zielvorstellungen auf der Klientenseite die wichtigsten Qualitätsfaktoren. Interessant: Erreichbarkeit und Sympathie sind innerhalb des Prozesses weniger zentral. Die Qualitätsfaktoren für erbrachte Beratungsdienstleistungen orientieren sich an externen Kriterien des Klienten und dessen Bezugsgruppen.

Thomas Dillmann, Chefredakteur des PR-JOURNAL, bewertet die Ergebnisse der Studie so: „Aus Beobachtersicht ist wenig überraschend, dass ganz allgemein das Qualitätsthema wie vor zehn Jahren von hoher Relevanz für die Agenturbranche ist. Erstaunlich ist, dass die individuelle Beraterinnen- und Berater-Leistung mit das wichtigste Qualitätskriterium ist. Übersetzt heißt das: Die Agentur, unabhängig von ihrer Größe, kann machen, was sie will – wenn die Beraterpersönlichkeit nicht passt, hat sie ein Qualitätsproblem. Darüber hinaus lässt sich zusammenfassend sagen, dass der Qualitätsanspruch in allen Kommunikationsberatungen ausgeprägt ist. Welche Qualitätsfaktoren in welcher Quantität kommuniziert werden ist aber stark abhängig von der Größe einer Agentur.“

Studiendesign

Studie Qualitaet von KomAgenturen CoverAn der Studie nahmen vom 11. Februar bis zum 16. März 257 Entscheiderinnen und Entscheider in deutschen PR-Agenturen auf Leitungsebene im Wege einer Online-Befragung teil. Abgefragt wurden die vier Themenschwerpunkte Relevanz von Qualität, Bedeutung spezifischer Qualitätsfaktoren, Umsetzung von Qualitätsmaßnahmen und Darstellung von Qualität. Der Fragebogen basiert weitgehend auf einer Vorgängerstudie von Ansgar Zerfaß und Susanne Thobe aus dem Jahr 2013, so dass die Entwicklungen im Zeitverlauf nach genau zehn Jahren verglichen werden konnten. Der Ergebnisbericht zur Studie steht hier als PDF-Dokument zum Download zur Verfügung.

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