Rezensionen Neuauflage des IR-Klassikers: Praxishandbuch Investor Relations

Klaus Rainer Kirchhoff und Manfred Piwinger (Hrsg.): Praxishandbuch Investor Relations. Gabler Verlag Wiesbaden, 2009. 528 Seiten, Preis: 69,90 Euro. ISBN-10: 3834916366.
Eine Rezension von Kaevan Gazdar

Sinnigerweise gehören Investor Relations  (IR) zu den Gewinnern der Finanzkrise. Eine im November 2008 veröffentlichte Untersuchung brachte zu Tage, dass mehr als ein Drittel der befragten IR-Manager einen deutlichen Budgetzuwachs verzeichnen. Auch die IR-Agenturen verzeichneten ein Ausgabenplus ihrer Kunden. Woraus bestehen aber Investor Relations, und was zeichnet gute IR-Arbeit aus? Klar ist, dass herkömmliche Definitionen nach dem vielzitierten Motto "Beziehungspflege zu tatsächlichen oder potenziellen Aktionären" aus heutiger Sicht zu kurz greifen.

Wenn das so ist: Woran sollte sich die Zielgruppe – bestehend nicht nur aus IR-Spezialisten und Finanzvorständen, sondern auch aus Beratern, Agenturen für Unternehmenskommunikation, Hochschullehrern und Studierenden – nun fachlich orientieren? Die einfache Antwort lautet: an Standardwerken wie dem Praxishandbuch Investor Relations, das nun in 2. Auflage bei Gabler erschienen ist (das Vorgängerwerk der selben Herausgeber erlebte ebenfalls zwei Auflagen unter dem Titel "Die Praxis der Investor Relations").

Das Buch ist ein Klassiker der Finanzkommunikation. Wie kein anderes Grundlagenwerk verbindet es die finanzwirtschaftliche Perspektive mit Erkenntnissen der Kommunikationsdisziplin. Bezeichnend für den Aufwand, den die beiden Herausgeber Klaus Rainer Kirchhoff und Manfred Piwinger betreiben, ist die Tatsache, dass in der neuen Auflage fast kein Stein auf dem anderen geblieben ist. Beinahe alle Beiträge aus der Vorauflage wurden neu geschrieben oder komplett überarbeitet und aktualisiert. Hinzu gekommen sind zahlreiche neue Beiträge.

Das Ende April 2009 veröffentlichte Werk enthält Kapitel über neue technikgetriebene Entwicklungen wie XBRL und Online-Relations. Die Herausgeber verfolgen insgesamt einen breit gefächerten Ansatz, ablesbar an der Tatsache, dass das Buch auf verwandte Themen wie Corporate Governance, Risikotransparenz, Vertrauensaufbau und immaterielle Vermögenswerte eingeht. Dies ist nicht nur legitim, sondern auch wünschenswert, denn IR ist eng vernetzt mit Bereichen wie Risikocontrolling, Compliance und Governance. Für die hohe fachliche Qualität stehen namhafte Herausgeber und Autoren – alle mit langjähriger, vielfach internationaler Erfahrung auf dem Gebiet der Finanzkommunikation.

Das Buch enthält den aktuellen Stand des Fachwissens. Gegliedert ist es in fünf Teilen: am Anfang stehen die Grundlagen der IR-Arbeit, gefolgt von betriebwirtschaftlichen Fragen, danach kommen Abschnitte über die Vorbereitung und Nachbetreuung des Börsengangs. Der letzte Teil des Buches bringt die Außensicht ("Anforderungen an die IR aus Sicht der Adressaten"). Gerade dieser Teil dieses  Standardwerks ist besonders anregend, denn zu den latenten Gefahren der IR-Arbeit gehören die Innensicht, die ausschließliche Fokussierung auf Profis und vor allem die Sucht nach Beschönigung der Lage des Unternehmens. Da ist es wohltuend, aus der Sicht von Finanzjournalisten, Finanzanalysten und Privatanlegern zu erfahren, was geschätzt wird und was nicht.

Ein besonderes Verdienst des Buches liegt in der Betonung des Langfristcha-rakters von Investor Relations. Denn die Betreuung von Investoren und die Entwicklung der Equity Story nach der Börsennotierung ist letztlich noch wichtiger als vor dem Gang an die Börse. Insgesamt überzeugt das Praxishandbuch Investor Relations weniger durch stilistische Höhenflüge als durch solide Praxisinformationen über eine Kommunikationsdisziplin mit bemerkenswerten Zukunftsperspektiven. Wer sich – ob in seinem Studium oder professionell – mit Finanzkommunikation befasst, kommt jedenfalls an diesem Buch nicht vorbei.

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