LPRS-Salon: Daniel J. Hanke, Malene Maschmann, Alexander Wilke, Karen Berger (v.l.n.r. Foto: David Eeckhout)

Die Dynamik der Kommunikationsbranche ist nicht zu übersehen. Neue Formate entstehen und werden zu Trends – die Customized Agency ist ein bekanntes Beispiel. Grund genug für den Leipziger Public Relations Studenten e.V. (LPRS) beim PR-Salon im Juli über die Zukunft der Agenturen zu sprechen. Zu Gast waren Alexander Wilke, Head of Communications bei ThyssenKrupp, und Daniel J. Hanke, Vorstand und Mitinhaber der Kommunikationsagentur Klenk & Hoursch.

Customized Agency als Katalysator im Transformationsprozess

ThyssenKrupp erzielte mit der Gründung von BOBBY&CARL, einem Joint Venture mit der Agenturgruppe thjnk, eine Veränderung seines Kommunikationsauftrittes. Um den kommunikativen Herausforderungen eines B2B-Konzerns sowie der kontinuierlichen Forderung nach und Prüfung von Effizienz zu begegnen, wurde die Customized Agency ins Leben gerufen, wie Wilke erklärt. „Für uns war die Gründung der Agentur eine gute Möglichkeit, einen Partner zu gewinnen, der flexibler und agiler ist, als wir es je sein können. Außerdem können wir so Qualifikationen mit an Bord holen, die anderenfalls bei ThyssenKrupp mühsam aufgebaut werden müssten.“ Die Idee zeigt Wirkung: Jetzt, zwei Jahre nach dem Experiment, beschreibt Wilke eine zunehmende Bereitschaft von ThyssenKrupp, in Kommunikation zu investieren.

Eigeninitiative vor formaler Qualifikation

Die maßgeschneiderte Agentur ist Trend, so Wilke. Unabhängig davon, ob man sich diesem Trend anschließe oder nicht – er verursache ein Umdenken und eine organisatorische Transformation. BOBBY&CARL ist, anders als eine klassische Agentur, vertrauter Partner und in die meisten kommunikativen Projekte involviert – obwohl sie im Wettbewerb mit anderen Agenturen steht. Auf diese Weise spare ThyssenKrupp Koordination und Ressourcen. Gegenüber einer „konservativen“ Einteilung in Beratung und Kreation zeige BOBBY&CARL, dass es auch anders geht: Jeder leistet einen Mehrwert im Projekt – unabhängig von akademischer oder beruflicher Herkunft.

Trotz gesetzter Hierarchien sind die Grenzen und Rollenzuweisungen flexibel, die formale Qualifikation tritt in den Hintergrund. Diesen dynamischen Strukturen spricht Wilke hohe Relevanz zu, denn „du kannst in der Kommunikationswelt von heute und morgen nur bestehen, wenn du schnell bist, wenn du schnell gute Partner findest und, wenn du dich nicht zu starr bewegst“.

Ein Stück vom großen Kuchen

Kann eine klassische Kommunikationsagentur wie Klenk & Hoursch dem Konkurrenzdruck durch Customized Agencies standhalten und sein Stück des Kuchens verteidigen? Eine Frage, die Daniel Hanke bejaht. Jedoch verdeutlicht er, dass die Veränderungen auf dem Markt ein Umdenken erfordern. Die Kundengruppen und damit auch die Anforderungen an das Personal würden sich verändern. Ähnlich wie Wilke sieht Hanke die Lösung in flexiblen Arbeitsprozessen und einer diversen Stellenbesetzung. Der parallelen Existenz beider Agenturformen sieht er gelassen entgegen. Aufgrund der digitalen Transformation steige die Anzahl der Schnittstellen bei der Kommunikation exponentiell: zwischen Mensch und Mensch, Mensch und Maschine, Maschine und Maschine. Diese Schnittstellen bedürfen eines professionellen Managements.

„Der Kuchen ist riesig, weil der Bedarf an wirkungsvoller Kommunikation ständig steigt. Es kann eigentlich gar nicht genug davon geben“, führt Hanke aus. Er selbst kann sich vorstellen, gemeinsam mit einem Kunden in der Zukunft eine Customized Agency aufzubauen – regelmäßige Secondments zeigen immer wieder, dass es durchaus Möglichkeiten gibt. Sie verspreche aus Unternehmensperspektive einen effizienteren Einsatz von Kompetenzen, überwinde Hürden im Recruitment und vertiefe aus Agenturperspektive die Empathie für das Unternehmen und dessen Prozesse und Abläufe.

Reibungspunkte lösen

Hanke und Wilke sind sich darin einig, dass Reibungspunkte, die in der täglichen Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Dienstleister entstehen, überwiegend kultureller Natur sind. Die Unternehmenskultur eines börsennotierten Konzerns unterscheide sich logischerweise schon systemisch von der einer 55-köpfigen, inhabergeführten Beratung, so Hanke. Es käme auf eine klare Führung von beiden Seiten, eine bewusste Organisation und Moderation der Schnittstellen sowie eine Kultur gegenseitiger Anerkennung an. Andernfalls entstünden Reibungsverluste, wo keine sein müssten.

Insbesondere vor dem Hintergrund zunehmender Agilität und Methoden wie Scrum und Design Thinking sei Führung wichtiger denn je. Letztlich sei es wichtig zu verstehen, dass der Antagonismus zwischen Agentur und Unternehmen passé ist. Unternehmen und Agenturen müssten umdenken, Arbeitsprozesse effizient gestalten, ihr Personal weiterentwickeln und sich dem vorherrschenden Silodenken klar entgegenstellen.

Der LRPS bedankt sich bei Alexander Wilke und Daniel Hanke, die sich mit viel Witz und der richtigen Portion (Selbst-) Ironie den kritischen Fragen der beiden Moderatorinnen Malene Maschmann (LPRS) und Karen Berger (Akademische Gesellschaft für Unternehmensführung und Kommunikation der Günter-Thiele-Stiftung) stellten.


Wir haben die Kommentarfunktion wegen zu vieler Spam-Kommentare abgeschaltet. Sie können uns aber trotzdem Ihre Meinung zu diesem Artikel als Leserbrief direkt zusenden. Falls Sie wünschen, dass wir Ihren Leserbrief als Kommentar dem Artikel hinzufügen, vermerken Sie dies bitte in der Mail an uns.
leserbrief@pr-journal.de