Branche Ein offener Brief: Warum ich der DPRG den Rücken kehre

Ich habe mit Schreiben vom 24. Juli der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) die Mitgliedschaft aufgekündigt (nach zwanzig Jahren). Laut Satzung ist dies erst zum Jahresende möglich – ich würde lieber sofort gehen.

Für meinen Rückzug nehme ich eine Menge Details zum Anlass. Über lange Zeit haben sie sich zu dem beherrschenden Eindruck verdichtet, die DPRG sei nicht nur nutzlos und überflüssig, sondern sogar für unseren Berufsstand schädlich. Ich greife drei Dinge heraus, die ich als kennzeichnend für Stil und Charakter der derzeitigen DPRG erachte:

1) Am 27. Juni gab es eine miserabel besuchte Mitgliederversammlung, die dennoch von vielen Anwesenden als die turbulenteste seit vielen Jahren erlebt wurde. Ein leider ungeordneter Wust kritischer Anträge und das unkoordinierte Vorpreschen eines Landesverbandes haben letztlich dazu geführt, dass der Vorstand entlastet werden konnte. Obwohl es ihm gelungen ist, den Verband an den Rand der Insolvenz zu führen. Obwohl ihm nachgewiesen werden konnte, dass er für ein extern erstelltes „Mitgliedermagazin“ überhöhte Summen zahlt. Obwohl er nichts als ein mündliches Versprechen vorweisen kann, sein Darlehen an die PZOK werde innerhalb eines Jahres verzinst zurück gezahlt. – Mich erinnert das alles sehr an die Ereignisse vor gut einem Dutzend Jahren, als nach dem Wirken eines rechnungs-technisch komplett unfähigen Vorstandes schließlich die DPRG-Mitglieder durch eine drastische Umlage den Verband vor dem Konkurs retten mussten.

Wie darf ich von einem Agenturkunden oder einer Unternehmensführung erwa-ten, dass sie Vertrauen in die solide Etatverwaltung ihrer PR-Manager legen, wenn der Berufsverband wiederholt beweist, dass PR-Leute offenbar nicht mit Geld umgehen können? Dieser Verband jagt uns Leuten aus der Praxis das Controlling an den Hals!

2) Ich habe über diese Ereignisse von Bekannten erfahren. Mich hat keine Information meines Verbandes darüber erreicht, wie das Treffen in Mainz-Budenheim verlaufen ist, bis heute nicht, fast vier Wochen danach. Ich habe stattdessen die Pressemitteilung der DPRG auf ihrer Homepage selbst angesteuert. Und diese PM (die nach meinen Recherchen niemand zitierenswert fand), redet alle Dramatik der Ereignisse mit einem duftig-harmlosen Wortgestöber schön. Der Verband operiert offenbar immer noch nach der muffigen Devise: Faktenveredlung durch schöne Worte.

Wie soll ich Kunden zu größtmöglicher Transparenz und Offenheit raten, wenn mein Berufsverband genau das Gegenteil davon tut?

3) Ich engagiere mich seit 23 Jahren in der Aus- und Weiterbildung von PR-Leuten. Darum weiß ich ganz gut, warum überprüfbare Inhalte und aussagekräftige Prüfungen einen großen Wert haben. Erlebt habe ich, dass nach jahrzehntelangem Gezerre endlich eine ernst zu nehmende Prüfungsinstanz am Horizont stand. Weil aber der DPRG-Führung ein gedeihliches Einvernehmen mit einem konkurrierenden Verband, dem Bundesverband der Pressesprecher, wohl wichtiger als alle Sachfragen war, geriet diese Prüfungsinstanz sofort wieder unter die Räder.

Die PZOK erweist sich mehr und mehr als Legitimierungsinstanz für den Mist, den die Deutsche Presseakademie (depak), eine Ausgründung des Pressesprecherverbandes, als PR-Ausbildung etikettiert. Die seriösen Institute haben sich sämtlich distanziert, haben eigene Prüfungsmodelle entwickelt oder kooperieren mit akademischen Einrichtungen. Eine vereinheitlichte Ausbildung und eine qualifizierte Prüfung – ein erklärtes Verbandsziel! – hat die DPRG-Spitze durch ihr unsägliches Taktieren vor die Wand gefahren. Bravo zu diesem Eigentor! 

Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie scheißegal der DPRG die jungen Leute sind, die ihr eigentlich die Zukunft sichern sollten. Wie soll ich einem jungen, begabten und ehrgeizigen Menschen raten, diesem Berufsverband beizutreten, der seine Interessen nicht nur nicht vertritt, sondern sogar verhöhnt?

Zu diesem letzten Punkt passt übrigens gut, dass die DPRG nicht einen Satz fertig bringt, um Nachwuchskräfte vor der ruinösen Ausbeutung durch viele PR-Agenturen zu schützen. Die Agenturchefs haben in diesem Verband die Macht, klare Ausbildungsrichtlinien und tarifähnliche Festlegungen für Volontäre, Trainees oder Juniorberater zu verhindern. Auch hier ist das Einvernehmen mit dem Agenturver-band GPRA (der nicht einmal drei Dutzend von fast 1.000 PR-Agenturen repräsentiert) offenbar wichtiger als alles andere.

Die DPRG ist ein unbedeutender Verein geworden. Wenn in den Massenmedien mal wieder von "PR-Tricks" und "-Gags" die Rede ist, gibt es niemand aus der DPRG, der dagegen antritt. Wahrscheinlich gibt es nicht einmal Anfragen. Wenn „PR-Leute“ in Nachrichtensendungen, Magazinen oder Talkshows zu Wort kommen, dann sind sie auf Krawall gebürstet wie Klaus Kocks, aalglatt und arrogant wie Moritz Hunzinger, oder es handelt sich um schnatternde Dämchen mit Adelsprädikat und einem Hang zu reichlich Schmuck.

Es gibt, wie gesagt, eine Fülle weiterer Details, die mich in ihrer Summe zum Rückzug bewegen, aber ich will niemand langweilen. Nein, dieser Verband ist nicht mehr mein Zuhause. Ich war kein besonders aktives Mitglied, aber immer sehr interessiert. Es hat mich lange nicht gestört, dass 95 Prozent der Kommunikationsmanager, PR-Berater, Pressesprecher und wie sie sich alles nennen, diesem Verband nicht angehören. Inzwischen sehe ich, wie gerechtfertigt dieses Misstrauen ist. Ich glaube heute, dass die Branche etwas anderes, besseres verdient hat als die existierenden Verbände.

Remagen, 24. Juli 2009
Norbert Schulz-Bruhdoel

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