Facebook-Börsengang: Partystimmung mit Katerfolgen

(cw) – Es ging immer nur bergauf, der Charme und die Bescheidenheit eines Jungunternehmers, eine rasant anwachsende Fangemeine von weltweit über 900 Millionen Networker – nichts schien den Erfolg von Facebook aufhalten zu können. Mark Zuckerberg, der unkonventionelle Gründer von Facebook, lernte von den Besten, um noch fehlende Erfahrung in hochprofessionelle Kompetenz zu wandeln: Keine geringeren Erfolgsschreiber als Bill Gates, Steve Jobs, Paypal-Gründer Peter Thiel oder Netscape-Mitgründer Marc Andressen bildeten den privaten Beraterkreis rund um den heute 28-jährigen CEO. Die eigentliche Reifeprüfung, der Börsengang, entwickelt sich mittlerweile zu einem Desaster – kommunikativ und reputativ….

Dabei fing alles so gut an, als drei Tage vor der Emission wegen der großen Nachfrage der Emissionskurs von 35 auf 38 Dollar erhöht wurde und damit Facebook einen Börsenwert von 104 Milliarden Dollar hatte – die drittgrößte Emission in der US-Geschichte. Dieser, auch von Insidern bemängelte überwertete Einstiegskurs, konnte sich allerdings nicht lange halten. Der anschließende Sturzflug um etwa 15% wurde nicht zuletzt durch die kurz vor Börsengang herausgegebene Warnung von Morgan Stanley ausgelöst. Hintergrund: Facebook finanziert sich vor allem über Werbegelder. Für diese Kunden gab es jedoch Ende Februar eine böse Überraschung: Gerade mal 16 Prozent aller Facebook-Anwender machen sich mittels dem magischen ‚Gefällt-mir-Knopf‘ zu einem Markenfan. Zu wenig, meinen Werbetreibende. So hat GM kurz vor dem Börsengang angedroht, seine zehn Millionen Dollar zu streichen, da zu ‚wenig potentielle Autokäufer generiert würden‘. Verkaufsorientierte Werbung – und das bei einem Massenprodukt wie Autos – scheint nicht zu funktionieren. Offenbar stehen Facebook-Nutzer vor lauter Posten und Kontakten für Werbung nicht auf Empfang. Zusätzliche Problematik: Immer mehr Nutzer, es sollen rund die Hälfte sein ‚facebooken‘ über ihre mobilen Endgeräte statt über ihren PC, hierüber wird jedoch bislang keine Werbung angeboten, was sich über kurz oder lang auf den Umsatz auswirken wird. Werbeumsätze machen aber rund 85 Prozent und damit 3,2 Milliarden Dollar des Gesamtumsatzes aus.

Machten die Gründer vorschnell Kasse?

Vorwürfe gibt es insbesondere von Seiten der Klein-Anleger. Während die Analysten der Konsortialbanken Großanleger persönlich, telefonisch auf das Umsatzrisiko kurz vor dem Börsengang hinwiesen, erfuhren Klein-Aktionäre erst davon, als es schon zu spät war. Klein-Aktionäre sind auf die Informationen im Verkaufsprospekt angewiesen, während Großinvestoren auf Roadshows oder in persönlichen Kontakten einen Informationsvorsprung haben. Den haben diese auch genutzt: Sie haben vor dem Börsengang teilweise ihre Order erheblich reduziert, so das Wall Street Journal.

Nicht nur technische Pannen kurz vor dem Börsengang, noch mehr der Reputation abträglich ist, dass selbst Mitgründer Mark Zuckerberg laut einem Bericht der FAZ direkt nach Börsengang Aktien im großen Stil verkaufte, man spricht im Wert von insgesamt 1,1 Milliarden Dollar. Auch wenn Mark Zuckerberg durch die angekündigte Veräußerung selbst zur finanztragischen Figur mutiert, ist dies dennoch ebenso pikant: Mitarbeiter dürfen ihre Aktienoptionen erst nach einer Sperrfrist im November wieder ‚vermarkten‘ und befinden sich eindeutig im Nachteil. Da nur 20 Prozent der Aktien sich im Streubesitz befinden, dürften auch in den nächsten Monaten stärkere Kursschwankungen vorprogrammiert sein. Was dann der Kurs anzeigt, wissen die Sterne. Es bleibt eine Wette mit dem Ungewissen. Nächstes Ungemach droht bereits: Eine Datenschutz-Klage aus Kalifornien über 15 Milliarden Dollar könnte bereits die nächste Herausforderung für die erfolgsverwöhnten Manager rund um den Facebook-Gründer sein. Stellungnahmen des sympathischen Facebook-Gründers in den letzten acht Tagen sind nur schwer zu finden, dafür überraschte er – natürlich über Facebook – mit einer bescheidenen Meldung und in aller zugestandenen Privatsphäre letzte Woche, er habe sich mit seiner langjährigen Freundin Priscilla Chan vermählt. Während Letzteres verständlich ist, könnte vielleicht grundsätzlich noch ein Spitzen-Kompetenzberater in Sachen Kommunikation die bisherige Top-Riege ergänzen.

Es bleibt spannend - und Mark Zuckerberg muss nun zeigen, ob er die Reifeprüfung zu einem stabilen Internet-Unternehmen auch endgültig schaffen kann. Dafür muss er Unternehmen eine überzeugende Werbeplattform bieten – denn von dort kommt der Umsatz. Erzrivale Google ist hier schon ein Stück weiter.