Verbände Positive Resonanz auf DPRG-Zukunftsforum 2015: Künftig soll inhaltliche Arbeit verstärkt werden

DPRG ZukunftsforumNoch ein Zukunftskongress? Noch eine Veranstaltung „zum Netzwerken“? So oder ähnlich mag mancher gedacht haben, als er im Vorfeld vom „DPRG Zukunftsforum 2015“ hörte. Doch wer wie die rund 120 Teilnehmer am 12. Juni an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen dabei war, der konnte sich davon überzeugen, dass dem Berufsverband der PR-Schaffenden ernsthaft daran gelegen war, inhaltliche Akzente zu setzen. Einen ganzen Tag lang beschäftigte sich die Deutsche Public Relations Gesellschaft (DPRG) mit dem aktuellen Selbstverständnis der professionellen Kommunikation und förderte dabei auch das Leistungsangebot der eigenen Arbeitskreise zutage. Die DPRG gab Einblicke in die eigene inhaltliche Arbeit – beispielsweise zu den Themen Krise oder auch Kommunikationssteuerung in der digitalen Gesellschaft. DPRG-Präsident Norbert Minwegen und seinem Team ist es damit gelungen, dass sein Verband sich nach langer Zeit wieder einmal öffentlich mit fachlichen, berufsständischen Fragen zu Wort meldete, und nicht mit Strukturdiskussionen um sich selbst kreiste. Zudem war die Veranstaltung von Seiten der DPRG-Geschäftsstelle und der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen bestens organisiert.

Den inhaltlichen Einstieg in den Tag übernahm Christof E. Ehrhart, Head of Corporate Communications and Responsibility bei der Deutschen Post DHL. Mit seinem Vortrag „Vom Ende der PR: Unternehmenskommunikation in Zeiten der Postmoderne“ vertiefte er noch einmal seine Denkanstöße, die er bereits beim Neujahrempfang der nordrhein-westfälischen DPRG Anfang Februar in Bonn gegeben hatte (wir berichteten ausführlich). Ehrhart schaffte es, sich in seiner Keynote vom Tagesgeschäft zu lösen und den Blick in die Zukunft zu richten: ausführlich erläuterte er, dass es für Kommunikationschefs künftig darauf ankomme, eine Corporate Empathy zu schaffen. „Wir müssen unsere Expertenhaltung aufgeben und wieder lernen zuzuhören“, appellierte er an seine Kollegen. Grundregeln wie „think global, act local“ oder „one voice-policy“ seien überkommen. Vielmehr schlug er vor, daraus „think global, act global“ und eine „one message – many voices-policy“ zu machen. Und vom Denkmodell des „Agenda Setting“ müsse man sich ohnehin verabschieden. Ein gesellschaftlicher Diskurs sei heute nicht mehr bestimmbar. Stattdessen komme es darauf an, gesellschaftliche Bedürfnis- und Einschätzungslagen zu erkennen und die Interessen des Unternehmens hiermit abzugleichen, aus „Agenda Setting“ werde somit „Agenda Alignment“.

Kommunikation als zentrales Führungsmittel
Auch Thomas Schulz, Journalist und Inhaber der Agentur "tsc. komm / kommunikation meistern" thematisierte in seinem Vortrag, Fragen des professionellen Selbstverständnisses. Auf Basis seiner Erfahrungen in der Beratung von Unternehmen, die in die Insolvenz geraten waren, forderte er die Kommunikationschefs zu mehr Selbstvertrauen auf, die richtigen Fragen zu stellen. Er kritisierte, dass in vielen Unternehmen eine mangelhafte Kommunikationskultur festzustellen sei. „Vergessen Sie ihre Konkurrenten, wenn Ihr größter Feind die Art und Weise ist, wie Sie in intern kommunizieren“, spitzte er seine Forderung nach Kommunikation als dem zentralen Führungsmittel zu. Schulz weiter: „Statt offener Fehlerkultur konzentrieren sich Manager zu sehr darauf, schon getroffene Entscheidungen zu rechtfertigen – und intern ‚von oben herab‘ zu kommunizieren. Kann, soll und will die Unternehmenskommunikation sich die Rolle, Aufgabe und das Privileg der klassischen Hofnarren zutrauen, den Herrschenden die Wahrheit sagen zu dürfen, ungestraft Kritik an den bestehenden Verhältnissen zu üben“, fragte er zum Abschluss. Das Publikum beantwortete seine Frage mit lang anhaltendem Applaus.

Auch das Thema Krise, und hier insbesondere die neuen Herausforderungen an die Bewältigung von unvorhergesehenen Ereignissen durch die sozialen Medien, war ein zentrales in Gelsenkirchen. Peter Höbel, Managing Partner seiner Agentur crisadvice GmbH und langjähriger Vorsitzender des DPRG-Arbeitskreises zum Thema Krise, bewertete ausführlich die Arbeit von Lufthansa und Germanwings nach dem Flugzeugabsturz im März. Er zeigte auf, wie gut es den Handelnden gelungen sei, die neuen Medien mit viel Gespür für eine angemessene Reaktion einzusetzen. Ausführlich schilderte er den Krisenverlauf am Tag des Absturzes und die Maßnahmen, die die Lufthansa unmittelbar und an den Folgetagen ergriffen. Höbel kam zu dem Schluss, dass in dieser Krise neue Standards für weitere Krisen dieser Art gesetzt worden seien. Im DPRG-Arbeitskreis werde dies künftig weiter beobachtet und vertieft, lud er die Mitglieder ein, sich hier künftig an der inhaltlichen Diskussion zu beteiligen.

Aufschlag für eine stärkere inhaltliche Arbeit des Berufsverbandes
Neben den Keynotes gab es noch 15 verschiedene Diskussionspanels auf der Bühne des Vortragssaals und in Kleingruppen, die von den Teilnehmern teils als gelungen und teils als „am Thema vorbei“ bewertet wurden. Doch unabhängig von subjektiven Erwartungen und Vorlieben hat die DPRG mit dem Zukunftsforum einen Aufschlag für eine stärkere inhaltlich geprägte Arbeit des Berufsverbandes der PR-Schaffenden gemacht. Diesen Weg will man nun weitergehen. Präsident Norbert Minwegen sagte zur Begrüßung: „Wir wollen mehr Inhalte auf die Straße bringen und unseren Mitgliedern verstärkt einen Blick in die Werkstatt ermöglichen.“ Vor dem Hintergrund der ersten Ergebnisse des aktuellen Trendbarometers, wonach 48 Prozent auf Unternehmensseite und 43 Prozent auf Agenturseite der Meinung sind, dass die Bedeutung von PR in Zukunft zunehme, scheint das der einzige Weg zu sein, um junge Berufseinsteiger für eine Mitgliedschaft oder gar Mitarbeit in einem PR-Berufsverband gewinnen zu können und gestandene PR-Profis bei der Stange zu halten.

Auf der Website zum Zukunftsforum soll es in den nächsten Tagen eine Dokumentation der Vorträge geben.

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