Termine BdP-Mediendisput in Berlin über Unternehmenskommunikation: „Agenturen sind kein Allheilmittel“

BdP Mediendisput BerlinWenn man in der selbsternannten Start-up-Hauptstadt Berlin Kommunikationsverantwortliche von jungen Unternehmen erreichen will, braucht man für seine Veranstaltung zumindest einen griffigen Titel. „Kommunizierst Du noch oder gründest Du schon?“ nannte der Bundesverband deutscher Pressesprecher (BdP) seinen Mediendisput in der Telefonica Hauptstadtrepräsentanz Unter den Linden. Laut Einladung sollte unter anderem diskutiert werden, ob die Ausgründung der unternehmenseigenen Kommunikationsabteilung ein Zukunftsmodell sei. Die Wahl des Themas war unter anderem daran angelehnt, dass aus der Start-up-Holding Rocket Internet die Agentur RCKT hervorging, die mit ihrem Gründer Nils Seger in der Diskussionsrunde vertreten war.

Foto (© Quadriga Media / Julia Nimke): Die Diskussionsrunde beim BdP-Mediendisput v.l.n.r. mit  Boris Radke, Susanne Krehl, Kristin Breuer, Nils Seger und Moderator Marco Vollmar, Executive Director Kommunikation beim WWF Deutschland.

Auch wenn es so scheinen mag, als ob Rocket Internet damit seine eigene Kommunikation ausgelagert hat, ist genau das nicht der Fall. RCKT gehöre zwar weiterhin zu Rocket Internet, betreue aber neben Unternehmen der Gruppe zunehmend externe Kunden, betonte denn auch Seger. Natürlich hat Rocket als inzwischen börsennotiertes Unternehmen weiterhin eine eigene Kommunikationsabteilung. Auch bei den anderen Teilnehmern der netto nur 48 Minuten dauernden Panel-Diskussion, die bei den Firmen AstraZeneca, Zalando und Barzahlen leitende Positionen in der Unternehmenskommunikation innehaben, ist von einem Dichtmachen der Kommunikationsabteilung nichts bekannt. Wo läge dann die Zukunft des Berufs Pressesprecher?

Abgesehen von dieser vielleicht nicht ganz optimalen Zusammensetzung der Diskutanten förderte die Diskussion interessante Aspekte bezüglich der Zusammenarbeit von (jungen) Unternehmen und Agenturen zutage. „Viele Start-ups fangen zu früh an, mit einer Agentur zusammenzuarbeiten, ohne eine eigene funktionierende Kommunikation zu haben, die Agenturen steuern kann“, meinte beispielsweise Susanne Krehl, Chief Communications Officer bei Barzahlen.de, eines Start-ups aus Berlin, das mit einer neuen Bezahllösung auf sich aufmerksam macht. Agenturen seien kein Allheilmittel – weder für Start-ups noch für etablierte Unternehmen. Ihrer Meinung nach würden insbesondere Start-ups zu schnell auf externe Dienstleister zurückgreifen, „weil sie Angst haben, dass es intern nicht reicht.“ Bei Barzahlen versuche man, möglichst viel intern zu managen und fahre sehr gut damit.

Offene Frage: Wie könnten Honorarmodelle geeignet sein für Start-ups?

Boris Radke, Head of Corporate Communications bei Zalando, sieht Agenturen mit ihren klassischen Abrechnungsmodellen und Retainer-Konzepten bei Start-ups an ihre Grenzen kommen. „Als wir mit unserer Unternehmenskommunikation 2012 anfingen, hat es sich uns nicht erschlossen, warum wir für einen Managing Director einer Agentur einen Stundensatz von 350 Euro, für einen Senior Consultant 250 Euro und für Praktikanten 150 Euro pro Stunde zahlen sollten. Wir wollten einen Partner an der Seite haben, der uns sagt, was geht und was nicht geht.“ Wie die Bezahlung des Agenturpartners besser den Bedürfnissen eines Start-ups entsprechen könnte, blieb offen.

Für Start-ups nicht untypisch habe man bei Zalando die Unternehmenskommunikation bis zum Börsengang 2014 so klein wie möglich halten wollen. Heute seien allein 40 Mitarbeiter in der hauseigenen Kommunikation des MDAX-Konzerns mit einem Umsatz von mehr als 2,5 Milliarden Euro in den ersten neun Monaten 2016 tätig. „Bald dürfte die Mitarbeiterzahl unserer Kommunikationsabteilung dreistellig sein“, so Radke. 15 Agenturen beschäftige Zalando länder- und abteilungsübergreifend. Inzwischen sei man längst in der Regelkommunikation eines börsennotierten Konzerns inklusive Veröffentlichungspflichten angekommen. Personal aufstocken statt Kommunikationsabteilung auslagern lautet offenbar die Devise.

Während Unternehmen in Krisenkommunikationssituationen gerne auf die Unterstützung externer Agenturpartner zurückgreifen, sieht Kristin Breuer, Leiterin der Unternehmenskommunikation in der Deutschlandrepräsentanz des weltweit agierenden Pharmaunternehmens AstraZeneca, in solch schwierigen Lagen begrenzte Möglichkeiten für Dienstleister. „Gerade in der Krise ist es wichtig, eine funktionierende eigene Unternehmenskommunikation zu haben“, meint die ehemalige „Bild“-Journalistin. Das Vertrauen, „im Unternehmen ein Unternehmen zu haben“, das wisse, wie man in Krisensituation agieren müsse, sei überaus wichtig.

Welche Rolle Kommunikationsagenturen – und insbesondere solche, die wie RCKT Unternehmen bei ihrer digitalen Transformation unterstützen wollen – künftig einnehmen könnten, konnte an diesem Abend leider nicht geklärt werden. Nimmt man Nils Seger von RCKT beim Wort, scheint es auf Unternehmensseite durchaus weiterhin erheblichen Beratungsbedarf zu geben: „Die digitale Kompetenz der Unternehmen endet häufig bei Facebook. Bei Twitter bekommen sie schon Angst.“ Viel zu tun also.

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