V.l.n.r.: Judith Hörning, Laura Averbeck und Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach.

“Agentur oder Unternehmen nach dem Studienabschluss?” Eine von vielen Fragen, denen sich die Kommunikationsexperten von morgen stellen müssen. Im Gespräch mit Judith Hörning und Laura Averbeck, die im Rahmen der Serie GPRA im Dialog ein Interview mit Wolfgang Lünenbürger -Reidenbach, Deutschland CEO von BCW (Burson Cohn & Wolfe), geführt haben, gibt der Agenturchef Antworten auf aktuell in der PR-Branche diskutierte Fragen und Tipps zum Berufseinstieg.

BCW ist das Ergebnis aus der diesjährigen Fusion der beiden Agenturen Burson-Marsteller und Cohn & Wolfe, die beide zum WPP-Konzern gehören. Im aktuellen Pfeffer-Ranking wird Cohn & Wolfe mit einem Honorarumsatz von 7,71 Millionen Euro gelistet, Burson-Marsteller mit 8,36 Millionen Euro. Demnach wird in diesem Jahr ein kombinierter Umsatz von rund 16 Millionen Euro erwartet. Mit deutschen Standorten in Hamburg, München, Frankfurt und Berlin, 170 Mitarbeitern in Deutschland, rund 4.000 Mitarbeitern weltweit und Büros in 42 Ländern ist BCW die weltweit drittgrößte PR-Agentur. In Deutschland betreut die Agentur unter anderem Kunden aus den Bereichen Healthcare, Marken, Public Affairs, Corporate und Technology.

PRSH: Herr Lünenbürger, BCW ist die drittgrößte PR-Agentur weltweit, in Deutschland machen Sie durch die Fusion einen großen Umsatzsprung, wie treten Sie am Markt auf?
Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach: Unser Anspruch ist es, anders zu sein. Wir schaffen eine Agentur einer neuen Art. Das wollen wir erreichen, indem wir nicht nach altbekannten Mustern handeln, sondern indem wir aus dem “PR Ghetto” ausbrechen. Bei uns läuft schon heute alles integriert. Beispielsweise werden die Bereiche “Digital” und “Innovation” von uns nicht losgelöst betrachtet, sondern integriert in die Teams.

“Unsere Agentur-Kultur: We get things done”

PRSH: Vor drei Wochen fand der offizielle Kick-off in Deutschland statt. Nun ist die Fusion von BCW Realität. Wieso hat diese Fusion stattgefunden? Wie betrifft das die Mitarbeiter?
Lünenbürger-Reidenbach: Wir wachsen zusammen. Beide Herkunfts-Agenturen gehörten zum WPP-Konzern, keine Agentur hat die andere aufgekauft. Die Profile der beiden Agenturen waren sehr unterschiedlich, weshalb wir uns auf dem Papier schon immer gut ergänzt haben. Wir fügen gerade unterschiedliche Vergangenheiten zusammen. Das ist am Anfang natürlich immer schwer für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aktuell ziehen wir dabei alle an einem Strang, wir haben durch die Fusion keine Angestellten verloren, jedoch müssen wir uns alle an neue Prozesse und Strukturen gewöhnen und zum Teil neu einarbeiten. Aber daran arbeiten wir, lernen uns kennen und lernen voneinander. Es ist wichtig, dass wir eine neue Organisationsstruktur und eine neue Kultur bilden.

PRSH: In dieser Serie der Agenturportraits werden die Interviews immer von Studierenden geführt. Kommen wir also zu einer Frage, die aus unserer Perspektive besonders wichtig ist: Agentur oder Unternehmen nach dem Studienabschluss?
Lünenbürger-Reidenbach: In Agenturen ist viel in Bewegung. Etwas zugespitzt: Wer ein leichtes ADS hat, ist hier besser aufgehoben als in Unternehmen. Was in vielen Unternehmen ein Nachteil ist, kann in Agenturen ein großer Vorteil sein. Es ist einfach eine Frage des Typs, ob Agentur oder Unternehmen. Auf Agentur-Seite haben Sie die Möglichkeit, viele unterschiedliche Sachen kennenzulernen. Dabei liegt es an Ihnen, was Sie mitnehmen und lernen. Bei uns zählt „Accountability”: Engagement zeigen, Verantwortung für Projekte übernehmen. Wer Verantwortung übernimmt, macht in Agenturen Karriere.

„Wir müssen junge Leute selbst ausbilden, damit sie das können, was wir heute brauchen.”

PRSH: Was glauben Sie, wie ein für unsere Branche “perfekter Lebenslauf” aussehen sollte?
Lünenbürger-Reidenbach: Meiner Meinung nach ist nicht ein geradliniger Lebenslauf wichtig, sondern ein spannender. Klar, wer Ärztin oder Richter werden will, braucht ein entsprechendes Studium inklusive Staatsexamen. Wer in der Kommunikation erfolgreich sein will, muss wach durch die Welt gehen und sich für das interessieren, was in der Welt passiert. Nur aus Neugierde entstehen vielseitige, interessante Lebensläufe. Zeigen Sie, dass Sie neugierig sind!

PRSH: Unbezahlte Überstunden und regelmäßige Nachtschichten scheinen in Agenturen Alltag zu sein. Ist das bei Ihnen auch so?
Lünenbürger-Reidenbach: Das kann ich bei uns nicht bestätigen. Und es ist auch in den wenigsten Agenturen heute noch so. Es stimmt, Überstunden werden nicht bezahlt. Aber ausufernde Arbeitszeiten sind nicht die Regel und kommen auch eher im Senior Bereich vor. Wir sehen uns als eine Agentur für Erwachsene. Ausgleichstage und Home-Office sind natürlich möglich. Wir haben das Vertrauen, dass die Menschen das Richtige tun. Es ist dabei aber wichtig zu reflektieren, was Entscheidungen bedeuten: Wenn Sie beispielsweise Teilzeit arbeiten, machen Sie bei uns auch Karriere, aber vielleicht dauert es manchmal etwas länger, bis Sie den nächsten Schritt erreichen.

PRSH: Die Debatte um Einstiegsgehälter ist ein umstrittenes Thema. Wie stehen Sie dazu?
Lünenbürger-Reidenbach: Bei uns steigen Sie unabhängig vom Abschluss als Trainee ein. Das ist vergleichbar mit einem Referendariat, inhaltlich, wie auch für die Bedeutung der Qualifikation. Ein Traineeship dauert in der Regel zwölf Monate. In dieser Zeit bezahlen wir mindestens 1.800 Euro brutto monatlich. Das ist meiner Meinung nach okay, denn es ist für eine überschaubare Zeit der Ausbildung.

“Wir stellen nicht mehr nach Skills, sondern nach Haltung ein.”

PRSH: Welches “Rüstzeug” sollen Berufseinsteiger Ihrer Meinung nach mitbringen?
Lünenbürger-Reidenbach: Neugier, Interesse an Themen und Randthemen sind mir wichtiger als die Inhalte eines bestimmten Studiums. Wer Kommunikation nur als Job sieht, hat bei uns keine Chance. Kommunikation muss Spaß machen! Mir müssen Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger zeigen, dass sie Spaß an einer kreativen Lösungskultur haben und sie sollten wissen, dass es noch viel gibt, was sie lernen können und müssen. Es ist also eine Mischung aus Leistungs- und Verantwortungsbereitschaft sowie Neugier. Bei der Bewerbung ist es für uns dabei nicht unbedingt relevant, ob Sie einen Bachelor- oder Masterabschluss haben, sondern wie neugierig und erwachsen Sie sind.

PRSH: Zum Schluss: Nennen Sie uns drei Tipps, die Sie für Berufseinsteiger haben.
Lünenbürger-Reidenbach: 1. Durchhaltevermögen, 2. Fragen, Fragen, Fragen: denn nur wer neugierig ist, kann wachsen, und 3. Leidenschaft: lesen Sie, gehen ins Museum, engagieren Sie sich in Vereinen und schauen Serien.

Sponsored Content: Für die Arbeit der Gesellschaft PR-Agenturen (GPRA) sind Nachwuchsförderung und die gezielte Verbesserung des Images von Kommunikationsagenturen gegenüber Studierenden wichtige Ziele. Daher stellt sich in Kooperation mit dem „PR-Journal“ auch im Jahr 2018 jeden Monat ein Agenturchef der GPRA den Fragen von Studierenden. Die Interviews werden von Studentinnen und Studenten aus dem Fachbereich der Kommunikation und Public Relations geführt. Die Redaktion stellt die Plattform für den Austausch der PR-Nachwuchsinitiativen Public Relations Studierende Hannover e.V. (PRSH), Leipziger Public Relations Studenten e.V. (LPRS), kommoguntia e.V. in Mainz, campus relations e.V. in Münster, Public Relations Initiative Hohenheim e.V. (PRIHO), KommunikOS in Lingen und weiteren Studierenden mit der GPRA. Die genannten PR-Initiativen werden vom „PR-Journal“ gefördert.

In der 35. Folge führten Judith Hörning und Laura Averbeck, beide Master-Studentinnen im Fach Kommunikationsmanagement an der Hochschule Hannover und Mitglieder der studentischen PR-Initiative PRSH, das Interview.


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