GPRA im Dialog achtung!-Chef Kaminski plädiert für Berufseinstieg in Agenturen: „Sie sind wie eine Art Akademie“
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- von Maike Grunenberg und Marie Fuhr, Münster
Nach dem erfolgreichen Studienabschluss stehen viele Absolventen, die in die PR-Branche wollen, vor der Weggabelung: „Agentur oder Unternehmen?“ Dabei ist die Hamburger Agentur achtung! auch oftmals ein Thema. Mirko Kaminski, umtriebiger Kommunikator auf diversen Kanälen und Geschäftsführer von achtung! hat dazu eine klare Haltung. Aus seiner Sicht fällen heutzutage viele Einsteiger zu schnell die Entscheidung, auf Unternehmensseite zu beginnen. Für Kaminski steht fest: „Auf Unternehmensseite aggregiert man niemals so viel Erfahrung wie in einer Agentur.“
Mit einem Jahresumsatz von 17,6 Millionen Euro in 2017 (+17%), Standorten in Hamburg und München, 158 Mitarbeitern, elf Volontären und als Mitglied im GWA sowie inder GPRA zählt die Agentur zu den größten der Branche. Zu ihren Kunden zählt sie unter anderem eBay, Mini Deutschland, Airbnb, Westlotto, Kaldewei, mobile.de, CocaCola, Vapiano und viele mehr.
Im Gespräch mit Maike Grunenberg und Marie Fuhr, die im Auftrag des „PR-Journals“ das Interview mit Mirko Kaminski geführt haben, gibt der Agenturchef Tipps zum Berufseinstieg und zeigt mögliche Perspektiven in der PR auf. Grunenberg und Fuhr sind beide Vorstände von campus relations, der PR-Initiative der Universität Münster. Mit dabei war auch Dan Stoschek, seit fast zwei Jahren Mitarbeiter bei achtung! und erst im November vom Volontär zum Junior Account Manager aufgestiegen, um hautnah von seinen persönlichen Erfahrungen als Einsteiger zu berichten.
campus relations: Achtung, erste Frage: Sie wurden in 2017 mehrfach hochrangig ausgezeichnet, unter anderem bei den Cannes Lions, beim Effie, beim ADC, als „Agentur des Jahres“ bei den PR Report Awards und gehören zu den besten zehn Agenturen Deutschlands. Auch sind Sie die Nummer 1 des aktuellen PR-Kreativrankings des PR-Journals. Haben Sie keine Angst bald abzuheben?
Mirko Kaminski: Nein. Ich bleibe bodenständig. Aber natürlich entsteht ein gewisser Erwartungsdruck, den wir hier allerdings gut finden, da er Energien und Kreativität entfesselt. Auszeichnungen sind ein externes Testat bezüglich der Kreativität und Wirksamkeit einer Agentur. Deshalb legen wir da viel Wert drauf und glauben, dass Awards auch junge Talente anziehen. Eine Agentur, die vielfach prämiert wird, bietet jungen Talenten eben die Möglichkeit, ebenfalls großartige Cases zu schaffen, Awards zu gewinnen und damit die Karriere zu beschleunigen sowie den eigenen Marktwert zu erhöhen.
campus relations: Sie haben damals den Wechsel von der Unternehmens- auf die Agenturseite vollzogen. Was hat Sie daran besonders gereizt?
Kaminski: Ich besitze eine unglaubliche Leidenschaft für Kommunikation und liebe es, unmittelbar zu sehen, was eine Idee auslöst und wie Menschen auf ein Thema oder eine Story reagieren. Ich finde die Tätigkeit in Agenturen spannender als die in Unternehmen. Denn in Agenturen aggregiert man so schnell und so viel Wissen aufgrund einer enormen Projekt-, Aufgaben-, Kunden- und Branchenvielfalt, wie es in einem Unternehmen gar nicht möglich ist. Somit kann man eine Agentur auch als eine Art Akademie verstehen. Man ist einfach immer vorne dran und hat immer mit Neuem zu tun, was bei Unternehmen dann meist erst deutlich später ankommt.
campus relations: Es werden aber auch wiederrum viele Mitarbeiter nach erfolgreichem Abschluss eines Projektes von Unternehmen abgeworben. Wie würden Sie bei einem solchen Angebot reagieren?
Dan Stoschek: Zum jetzigen Zeitpunkt habe ich dazu eine ganz klare Linie. Ich arbeite seit knapp zwei Jahren in der Branche und ich würde behaupten, dass ich noch viel breiter aufgestellt sein muss, um überhaupt selbst den Eigenanspruch eines Experten gerecht zu werden. Bevor ich in ein Unternehmen gehe und die Leistung abliefern kann, die das Unternehmen voranbringt, will ich noch viel mehr lernen. Und genau das kann man gerade in Agenturen.
campus relations: Als Sie vor zwei Jahren nach einem Traineeship gesucht haben, war Ihnen besonders wichtig …
Stoschek: Abwechslung, Professionalität und das Wissen, dass ich mich auf meine Kollegen verlassen kann. Wir haben verschiedene Expertenteams und ich weiß genau, ich finde hier die besten Leute für jeden Bereich und wir können gemeinsam neue und innovative Ideen entwickeln. Außerdem waren mir die Chancen auf Weiterentwicklungsmöglichkeiten sehr wichtig. Die habe ich hier vorgefunden. Auch aus diesen Gründen kann ich mir derzeit nicht vorstellen, auf Unternehmensseite zu wechseln.
campus relations: Was ist für Sie wichtiger bei einer Bewerbung. Ein guter Hochschulabschluss oder Praxiserfahrungen?
Kaminski: Am wichtigsten ist uns die Persönlichkeit und welche Stärken ein Mensch mitbringt. Man muss merken, dass er schon etwas getan hat - sprich die Ärmel hochgekrempelt hat. Dabei meinen wir nicht zwingend Erfahrungen durch Praktika, sondern auch, wie jemand im Social Web unterwegs ist und ob er sich irgendwo für irgendwas mit Herzblut engagiert. Darauf achten wir sehr stark und nicht so sehr auf den Hochschulabschluss.
campus relations: „Ich backe mir meinen perfekten Volontär...“ Wie würde er Ihrer Meinung nach aussehen?
Kaminski: Das setzt ja voraus, dass es diesen einen Volontär-Typus wirklich noch gibt, also den Volontär, der alle Bereiche beherrscht. Man kann aber heutzutage nicht mehr in allem Spezialist sein. Es macht einen Unterschied, ob man Spezialist in der Beratung, im Projektmanagement, in der Kreation, im Bereich Social Media, im Videoteam oder woanders sein bzw. werden will. Das eine Volo-Modell gibt es nicht.
campus relations: Welche Facette Ihrer Persönlichkeit war in Ihrem Volontariat bei achtung! am meisten gefordert?
Stoschek: Was mir weitergeholfen hat, ist dass ich ziemlich ehrgeizig und begeisterungsfähig bin. Gefordert waren Durchhaltevermögen und auch Durchsetzungsvermögen. Wenn man eine gute Idee hat, muss man auch als Volontär für seine Idee kämpfen. Am Ende wird es dann auch belohnt, wenn sie wirklich gut ist.
„Herzensangelegenheit“
campus relations: Herr Kaminski, immer wieder beteiligen Sie sich an Grundsatzdiskussionen, wenn es um das Thema Nachwuchs für die Kommunikationsbranche geht. Sie unterstützen auch die Kampagne ‚Komm‘ in die Agentur‘. Was würden Sie jungen Leute, die wie wir noch im Studium sind, mit auf den Weg geben wollen?
Kaminski: Dadurch, dass junge Talente sehr stark umworben sind, entsteht bei einigen – nicht bei allen – eine gewisse Ambitionslosigkeit. Alle reißen sich um die weiniger werdenden jungen Leute, die in die Branche wollen. Das birgt das Risiko, dass man sich sehr schnell überschätzt und vielleicht schon „fertig“ fühlt. Das führt meiner Meinung nach leider zu einem zu geringen Eigenanspruch und zu einer zu geringen persönlichen Ambition. Ergebnis ist dann weniger Herzblut-Einsatz. Und das bedeutet auch, dass einige ihr volles Potenzial gar nicht ausschöpfen.
campus relations: Das ist zunächst einmal eine pauschale Kritik an den Studenten, die wir mal pauschal zurückweisen wollen. Was aber empfehlen Sie jungen Leuten, um nicht in dem von Ihnen skizzierten ‚Tal der Selbstzufriedenheit‘ zu verbleiben?
Kaminski: Meine persönliche Empfehlung ist, die ersten vier, wenn nicht sogar fünf Jahre zuerst in eine Agentur zu gehen. In der Zeit lernt man Dinge, für die man woanders zehn Jahre brauchen würde. Anschließend kann man immer noch ins Unternehmen gehen, gar kein Problem, aber dann kann man dort meist auch eben gleich höher einsteigen.
Sponsored Content: Für die Arbeit der Gesellschaft PR-Agenturen (GPRA) sind Nachwuchsförderung und die gezielte Verbesserung des Images von Kommunikationsagenturen gegenüber Studierenden wichtige Ziele. Daher stellt sich in Kooperation mit dem „PR-Journal“ auch im Jahr 2018 jeden Monat ein Agenturchef der GPRA den Fragen von Studierenden. Die Interviews werden von Studentinnen und Studenten aus dem Fachbereich der Kommunikation und Public Relations geführt. Die Redaktion stellt die Plattform für den Austausch der PR-Nachwuchsinitiativen Public Relations Studierende Hannover e.V. (PRSH), Leipziger Public Relations Studenten e.V. (LPRS), kommoguntia e.V. in Mainz, campus relations e.V. in Münster, Public Relations Initiative Hohenheim e.V. (PRIHO), KommunikOS in Lingen und weiteren Studierenden mit der GPRA. Die genannten PR-Initiativen werden vom „PR-Journal“ gefördert.
In der 27. Folge führten Maike Grunenberg und Marie Fuhr, beide Bachelor-Studentinnen im Fach Kommunikationswissenschaft an der Universität Münster und Vorstandsmitglieder bei campus relations, das Interview.
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