Am 14. November 2006, im Alter von 84 Jahren, verstarb Dr. phil. Reiner Schulze van Loon. Die PR-Branche verliert mit ihm einen ihrer profiliertesten Repräsentanten, die Gesellschaft Public Relations Agenturen e. V. (GPRA) ihren Mitbegründer und langjährigen ehemaligen Präsidenten (1979-1987) und Hamburg verliert mit ihm eine Persönlichkeit, die von der Elbe aus über Jahrzehnte das kommunikative Geschehen in diesem Land maßgeblich, deutlich und pointiert, dabei jederzeit integrativ und mit Verve begleitet hat.
„Wegbereiter professioneller Öffentlichkeitsarbeit“, „PR-Pionier“ „Nestor“ und „Doyen der deutschen PR-Branche“, „PR-Mann mit großem Latinum“ – es gab viele Versuche, Dr. Reiner Schulze van Loon als Persönlichkeit zu erfassen. Geboren am 10. September 1922 im thüringischen Altenburg, heimgekehrt aus dem Krieg, widmete sich Dr. Reiner Schulze van Loon von 1946 bis 1950 in Hamburg und Madrid dem Studium der Literaturwissenschaft, Hispanistik, Philosophie und Psychologie, arbeitete in den letzten Jahren seines Studiums aber bereits für Presse und Rundfunk. Vier Jahre lang war er Reporter des (damaligen) Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR). Vielseitig interessiert und frisch promoviert, wechselte Dr. Schulze van Loon zur Werbeagentur McCann und ging dann, gleichfalls in Hamburg, als Kontakter zur William Wilkens Werbeagentur.
1958 schließlich machte er sich zeitgleich mit zwei Agenturen selbstständig: Dr. Reiner Schulze van Loon Wirtschaftswerbung und IP Informationen/Public Relations. Erstmals bot jemand sowohl Werbung als auch PR, aber von Anfang an sauber getrennt, an. Ein Konzept, dass sich als erfolgreich erwies. Das Credo von Dr. Schulze van Loon: „Werbung und Public Relations sind der linke und der rechte Schuh eines Stiefelpaares, mit denen ein Unternehmen nach vorne geht.“
Das Trennende erkennen, aber zugleich den Blick für das Ganze schärfen: Vielleicht ist es das, was Dr. Schulze van Loon zum Visionär der Kommunikationsbranche werden ließ. Das Bild der PR-Branche war in den 50er Jahren noch völlig unprofiliert. Früher jedoch als andere verstand er PR als unverzichtbare strategische Führungsaufgabe und wusste: „Nur die integrierte Kommunikation ist in der Lage, Probleme ganzheitlich zu lösen, um im Sinne der Zielsetzung, zum Beispiel eines Unternehmens oder einer Regierung, etwas nachhaltig zu bewirken.“
Neben der Öffentlichkeitsarbeit für Unternehmen, Verbände und Organisationen galt sein Engagement immer auch den politischen Public Relations. Anfang der 60-iger Jahre avancierte Dr. Schulze van Loon zum Berater der Bundesregierung, entwickelte in diesem Zusammenhang breit angelegte Informationskampagnen, um den Menschen im Konjunkturtal des Jahres 1967 unter dem Motto „Die Richtung stimmt!“ Mut zu machen. Insgesamt acht Jahre, von 1965 bis 1972 (der Zeit der großen und der sozialliberalen Koalition), gehörte er zum engsten Beraterkreis des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung.
Nicht nur in dieser Zeit verstand Dr. Schulze van Loon, ein Demokrat der ersten Stunde, PR als unverzichtbaren Funktionsträger innerhalb unseres pluralistischen Gesellschaftssystems – und prägte damit zugleich nachhaltig ihr Selbstverständnis: „Die PR tun nicht das, was der Kunde wünscht, sofern es sich um Anlage und Realisierung von Maßnahmen handelt, sondern aus Dialog und partnerschaftlichem Willen werden gemeinsam Problemlösungen erarbeitet.“ Diese konsequent gelebte Perspektive hat sowohl die Inhalte als auch das Image der Public Relations nachhaltig verbessert.
Dass sein Engagement jederzeit auch dem Nachwuchs galt, liegt nur nahe: Dr. Schulze van Loon lehrte jahrelang „PR Theorie und Praxis“ an der Universität Essen. 1973 wurde er Mitbegründer der GPRA, der er 1979 bis 1987 als Präsident vorstand und bis zuletzt als Ehrenmitglied angehörte. Als Mitglied des 1987 gegründeten Deutschen Rates für Public Relations (DRPR), dem Organ der freiwilligen Selbstkontrolle der in Deutschland tätigen PR-Fachleute, war er außerdem maßgeblich an der Entwicklung verbindlicher Verhaltensrichtlinien und der Ausprägung einer an ethischen Normen, Gesetzen und beruflichen Standards zu messenden Öffentlichkeitsarbeit beteiligt. All dies hat Public Relations in Deutschland zur anerkannten Disziplin werden lassen, die inzwischen auch international zum Vorbild geworden ist.
Dr. Reiner Schulze van Loon hat in seinem Leben zu viele Mandate betreut, um sie hier namentlich zu erwähnen. Sein langjährigster Klient allerdings sollte das BNIC, Bureau National Interprofessionel du Cognac, werden: Wegen seiner Verdienste ernannte ihn die Stadt Cognac 1987 anläßlich der 25 jährigen erfolgreichen Zusammenarbeit zu ihrem Ehrenbürger.
Es wird Dr. Reiner Schulze van Loon gefreut haben, dass sein Wirken sichtbar fortwirkt: Sohn Dietrich, geschäftsführender Partner von Molthan van Loon Communications Consultants GmbH, leitet, wie vormals er selbst, seit 2005 als Präsident die Geschicke der GPRA.
Auch privat war dem passionierten Gärtner, Golfer und begeisterten Großvater besonderes Glück beschieden: Noch am 5. Oktober dieses Jahres konnte er im Kreise der Familie gemeinsam mit seiner Frau Christa die nur ganz wenigen Ehepaaren vergönnte, diamantene Hochzeit begehen.
Ein reiches und leidenschaftlich geführtes Leben ist zu Ende gegangen.
Mit Dr. Reiner Schulze van Loon verliert die Kommunikationsbranche eine ihrer großen Persönlichkeiten. Wer ihn kannte, begegnete ihm mit Anerkennung und Respekt – viele fühlten sich ihm in Zuneigung und Freundschaft verbunden.
Die Gesellschaft Public Relations Agenturen(GPRA) gedenkt ihrem ehemaligen Präsidenten und Ehrenmitglied in Trauer und großer Dankbarkeit.
Dietrich Schulze van Loon, Präsident der GPRA e.V., Frankfurt am Main, Email: dietrich.schulzevanloon@mvlcc.de.
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