Unternehmen Deutsche Telekom Wie ein DAX-Konzern Nachhaltigkeit kommuniziert
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- von Annett Bergk, Hamburg
Während viele Unternehmen beim Thema Nachhaltigkeit leiser treten, setzt die Deutsche Telekom bewusst auf Sichtbarkeit und wird dafür belohnt: Im aktuellen Corporate Responsibility Benchmark der NetFederation GmbH belegt der Konzern Platz 1. Besonders hervorgehoben wurden Interaktivität, Transparenz und die gelungene Integration von Nachhaltigkeit in digitale Nutzerführung und Unternehmensstrategie. Julija Dietrich, Clusterlead CR-Communication & Reporting, spricht im Interview über den langen Atem hinter diesem Erfolg, über Verständlichkeit als Schlüssel zu Glaubwürdigkeit und darüber, wie Digitalisierung und Datenanalyse das Nachhaltigkeitsreporting eines DAX-Konzerns verändern.
PR-Journal: Die Telekom steht im NetFed-Ranking auf Platz 1 – in einer Zeit, in der viele Unternehmen beim Thema Nachhaltigkeit eher leiser treten. Was bedeutet dieser Spitzenplatz für Sie: Bestätigung, Auftrag oder auch ein Stück Verantwortung?
Julija Dietrich: Wir beschäftigen uns seit 30 Jahren mit Nachhaltigkeit und berichten sehr transparent darüber, was wir uns in den Bereichen Klima, Umwelt, Soziales und verantwortungsvoller Unternehmensführung vornehmen und wie wir es umsetzen. Dabei benennen wir ganz klar, wo wir herkommen, wo wir stehen und wo wir hinwollen. Unser Engagement ist eng mit unserem Kerngeschäft und unserem wirtschaftlichen Erfolg verknüpft. Der Spitzenplatz beim NetFed Ranking ist daher neben einer Anerkennung unserer Arbeit gleichzeitig auch Auftrag und Verantwortung weiterzumachen. Wir werden bei unserer ökonomischen Weiterentwicklung Umwelt und Gesellschaft immer im Blick behalten.
PR-Journal: Wenn man Ihre Kommunikation betrachtet, wirkt sie nicht nur informativ, sondern bewusst dialogisch. Wie definieren Sie für sich glaubwürdige Nachhaltigkeitskommunikation?
Dietrich: Nachhaltigkeit wird nie von einer einzigen Person, einem Bereich oder einem Unternehmen umgesetzt. Viele müssen sich beteiligen: Vorstände, Mitarbeitende, Kundinnen und Kunden, Lieferanten, Partner und andere haben eine aktive Rolle bei der Umsetzung unserer Ziele. So brauchen wir beispielsweise zur Erreichung der Netto-0 bei den CO2-Emissionen entlang unserer Wertschöpfungskette alle eben genannten Gruppen. Auch bei unserer 2020 gestarteten Initiative „Gegen Hass im Netz“ ziehen viele Menschen mit uns an einem Strang. Im Schulterschluss mit Partnern und gemeinnützigen Organisationen arbeiten wir an der Stärkung eines kompetenten Umgangs mit digitalen Medien und setzen uns gegen Ausgrenzung oder “Hate Speech” ein. Es braucht also zur gemeinsamen Aktivierung und Kooperation einerseits den Dialog, andererseits ist die Basis unserer Kommunikation fakten- und kennzahlenbasierte Information, die unsere Fortschritte nachvollziehbar und verständlich macht. Beides zusammen, Dialog und Information, machen unsere Nachhaltigkeitskommunikation glaubwürdig.
PR-Journal: Wie gelingt es dabei, komplexe Themen wie Klimaneutralität oder Lieferketten-Transparenz so zu erklären, dass sie verständlich bleiben, ohne an Substanz zu verlieren?
Dietrich: Das ist gar nicht so einfach, weil für eine Wissenschaftlerin etwas anderes verständlich ist als für einen Jugendlichen, der ein Social Media Snippet zu Klimaneutralität anschaut. Es gibt also kein „one size fits all“. Deshalb arbeiten unser Nachhaltigkeitsbereich und die Unternehmenskommunikation sehr eng zusammen. Gemeinsam bereiten wir anspruchsvolle Inhalte immer wieder neu und anders auf. Ziel ist, die relevanten Botschaften für alle verständlich und anschaulich zu machen – zum Beispiel über Infografiken, Videos, unseren CR-Bericht, Social Media Posts oder Fachpublikationen.
PR-Journal: „Ökonomie, Ökologie und Soziales gehören heute mehr denn je zusammen.“ So haben Sie es formuliert. Wie spiegelt sich diese Trias konkret in Ihrer Kommunikationsstrategie wider?
Dietrich: Die Kommunikationsstrategie für unsere Verantwortungsthemen basiert auf unserer Konzern- und unserer Corporate Responsibility Strategie. Darin sind Ökonomie, Ökologie und Soziales untrennbar miteinander verbunden. Vor zehn Jahren konnte man sich mit einer Logik „wir tun Gutes, weil es gut ist“ engagieren. Der „Impact“, also die Auswirkung des sozialen oder ökologischen Engagements war nicht so stark im Blickfeld, weil man ihn nicht gemessen hat. Heute ist der Impact eng mit dem eigenen Geschäftszweck verbunden. Bei der Telekom geht es unter anderem um die Reduktion von CO2-Emissionen – zum Beispiel über einen grünen Netzbetrieb –, die Steigerung der Energieeffizienz über Modernisierungsmaßnahmen in der Technik und um klimaschonende Mobilität, aber auch um die digitale Gesellschaft, Medienkompetenz oder digitale Bildung. All dies ist dicht am Telekom Kerngeschäft. Hier schaffen wir den größten Nutzen für Umwelt, Gesellschaft und unser Unternehmen. Zwei Beispiele: Im sozialen Bereich haben wir uns 2024 konzernweit an den Standorten der Telekom mit über 1,1 Mrd. Euro für eine Förderung der digitalen Gesellschaft engagiert. In Sachen Ökologie wird die Deutsche Telekom zu Ende 2025 konzernweit klimaneutral im eigenen Betrieb. Damit erreichen wir ein ambitioniertes Zwischenziel auf unserem Weg zur Netto-0 in 2040. Wir zeigen aber auch deutlich, dass Wirtschaftlichkeit und Ökologie bei einem DAX-Konzern erfolgreich zusammen gehen. Das sind alles Maßnahmen, die sich positiv auf Mitarbeiterzufriedenheit, Arbeitgeberattraktivität, Investorenbewertung oder Geschäftskundengewinnung auswirken. Also: Ökonomie, Ökologie und Soziales, die sich gegenseitig bedingen und untrennbar zusammengehören.
PR-Journal: Und wie gehen Sie intern mit der Herausforderung um, Nachhaltigkeit und Diversity nicht als separate Themen, sondern als zusammenhängende Haltungsfragen zu begreifen?
Dietrich: Wenn wir Nachhaltigkeit im Sinne von ESG, also E (Environment) S (Social) und G (Governance) betrachten, ist Diversity elementarer Bestandteil von S und G. Nachhaltigkeit und Diversity sollten nie als separate Themen betrachtet werden. Unsere wertebasierte Unternehmenskultur ist geprägt von Vielfalt, Chancengerechtigkeit und Teilhabe. Sie hat nicht nur Einfluss darauf, wie wir arbeiten, sondern auch auf die Zufriedenheit unserer Mitarbeitenden und auf unseren geschäftlichen Erfolg. Die Telekom ist in einer Welt der Vielfalt erfolgreich, mit Mitarbeitenden und Kund:innen, die divers sind in Alter, Nationalität und ethnischer Herkunft, Geschlecht und Geschlechtsidentität, körperlichen und mentalen Fähigkeiten, Religion und Weltanschauung, sexueller Orientierung oder sozialem Hintergrund. Unsere wertbasierte Unternehmenskultur ist dabei unsere Leitplanke. Wirtschaftlich und gesellschaftlich sind wir damit als Marke und als Unternehmen gut etabliert.
PR-Journal: Im CR-Benchmark wurde besonders das ESG-Kennzahlen-Tool hervorgehoben. Welche Überlegungen stecken dahinter – eher Servicegedanke oder strategisches Statement?
Dietrich: Die Summe der Ergebnisse jeder Telekom Gesellschaft ergibt die eine große Kennzahl für den Konzern. Darin fügen sich die einzelnen Ergebnisse zum großen Bild. Sie erzählen aber auch für sich genommen eigene Geschichten und erklären zum Beispiel den Anstieg von CO2-Emissionen in einer Landesgesellschaft, wo die Netze wegen einer Naturkatastrophe kurzfristig mit Generatoren betrieben werden mussten. Oder sie verdeutlichen die Bezugsquellen unseres erneuerbaren Strommixes, heruntergebrochen auf die einzelne Gesellschaft. Das bedeutet für uns Transparenz und Glaubwürdigkeit, die auch hier zu wirtschaftlichem Erfolg beiträgt. Viele der einzelnen Gesellschaften, wie beispielsweise die Telekom Deutschland müssen bei Ausschreibungen von Geschäftskunden oder der öffentlichen Hand Fragen zu Energie-, Wasserverbräuchen, Elektrifizierung der Flotte und mehr beantworten. Unser Kennzahlentool macht all das nachvollziehbar. Auch unsere Investoren schätzen und loben diese Transparenz.
PR-Journal: Wie stark prägt die Digitalisierung dieses Nachhaltigkeitsreporting?
Dietrich: Die Digitalisierung prägt unser Nachhaltigkeitsreporting schon seit Jahren. Ohne Digitalisierung und automatisierte Datenanalyse wären wir nicht in der Lage, ein Reporting über die Nachhaltigkeit der Telekom mit ihren 292 vollkonsolidierten Unternehmen zu erstellen. Neu hinzukommen ist die Künstliche Intelligenz, deren Potenziale sich für das Reporting in den kommenden zwei bis drei Jahren erst richtig entfalten werden. Unser Ziel ist eine wachsende Reichweite für unsere Inhalte und Botschaften. Deshalb betrachten wir schon heute die KI als Stakeholder. Die Maschine liebt aktuelle Zahlen, Fakten und Zusammenhänge, daher setzen wir neben der Verständlichkeit für Menschen auch auf KI-Lesbarkeit der Inhalte. Der Erfolg gibt uns Recht: Allein im September gab es über 25.000 ChatGPT-Anfragen, die auf unserem CR-Bericht gelandet sind. Das ist ein Vielfaches unserer früheren Reichweite.
PR-Journal: Wenn Sie auf die kommenden zwei bis drei Jahre schauen: Wie wollen Sie die Nachhaltigkeitskommunikation der Telekom weiterentwickeln?
Dietrich: Wir werden uns auch in den kommenden Jahren an das Nutzungsverhalten unserer Stakeholder anpassen, also nah an unseren Zielgruppen sein. Die KI ist gekommen, um zu bleiben. Daher werden wir alle ihre Möglichkeiten, die wir heute vielleicht noch gar nicht kennen, prüfen und ihre Potenziale nutzen. Die Nachhaltigkeitskommunikation beschreibt immer nur das, was viele unserer 200.000 engagierten Kolleg:innen weltweit täglich erfolgreich umsetzen. In der Kommunikation fokussieren wir uns heute noch sehr auf unsere Aktivitäten und Maßnahmen in Deutschland. Künftig wollen wir mehr internationale Beispiele aus unseren Landesgesellschaften integrieren. Alle tragen zur Erreichung unserer ESG-Ziele bei, das wollen wir in unserer Nachhaltigkeitskommunikation zeigen und den Menschen, die dahinterstehen, eine größere Bühne bieten.
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