Unternehmen VRdS-Preis für Wirtschaftsrhetorik Beste Redner sind die CEOs von Siemens, BASF und E.ON
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- von Thomas Dillmann, Bad Honnef
Herausragende Storys aus den Unternehmen, mutige und originelle Auftritte, selbstbewusste und glaubwürdige Redner: Dieses Fazit zieht der Verband der Redenschreiber deutscher Sprache nach der Analyse der diesjährigen Hauptversammlungsreden der 40 DAX-Unternehmen. Mit dem „VRdS-Preis für Wirtschaftsrhetorik“ kürt der Verband nun zum zweiten Mal CEOs für ihre Redeleistung in den drei Kategorien Rhetorik, Auftritt und Ethos.
32 professionelle Redenschreiberinnen und Redenschreiber untersuchten anhand von mehr als 20 Einzelkriterien rund um Argumentation, Stil und Ausdruck die Reden der DAX-Vorstände und kürten am Ende die Sieger – je einen in den drei Kategorien Rhetorik, Auftritt und Ethos. An der Spitze liegen die CEOS von Siemens, BASF und E.ON. Telekom-Chef Timotheus Höttges war nicht unter den Gewinnern. Der Grund: Höttges, der den Preis der Redenschreiber schon fünfmal gewann, lief außer Konkurrenz, um auch rhetorischen Newcomern eine Chance zu lassen. Erst jüngst war Höttges auf Basis einer Studie der Universität Hohenheim als verständlichster Redner unter den DAX-CEOs ausgezeichnet worden.
Beste Rhetorik
Das Ergebnis des VRdS: Der Preis für die beste Rhetorik geht an Roland Busch, den Vorstandsvorsitzenden der Siemens AG. Die Begründung: Busch setze weiterhin Maßstäbe im Storytelling der HV-Reden – einen Weg, den er vor zwei Jahren erstmals beschritten hat und seitdem konsequent weitergeht, indem er seine Reden um die Schilderung persönlicher Erlebnisse, Videoeinspielungen und Live-Dialoge auf der Bühne ergänzt. Damit erweitere er die Form der klassischen Rede zu einem neuen Format. Der Einsatz von Elementen der journalistischen Berichterstattung, um die Themen seines Unternehmens zu präsentieren, sei spannend, aufschlussreich, verständlich und zugleich unterhaltsam.
Bester Auftritt
Den besten Auftritt legte in diesem Jahr laut VRdS-Urteil der bisherige BASF-CEO Martin Brudermüller hin. „In jedem seiner Sätze merkt man: Er meint, was er sagt – er sagt, was er meint. Gestik und Mimik, Tonalität und Stimmführung reißen mit. Er ist extrem engagiert – und gleichzeitig unaufgeregt und nie gekünstelt“, kommentiert VRdS-Präsident und Jurymitglied Peter Sprong die Entscheidung.
Kategorie Ethos
In der Kategorie Ethos zeichnet der Verband E.ON-Chef Leonhard Birnbaum aus, der sich in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Chefs von Daimler Truck, Martin Daum, und Siemens Healthineers, Bernd Montag, durchsetzte. Als Begründung nennt der VRdS die extrem hohe Glaubwürdigkeit, die von seiner Person ausgeht. „Birnbaum wirkte, als ob er nicht einen vorgefertigten Text vortrug, sondern ihm die Worte beim Reden aus dem Stegreif einfielen. Das schafft eine hohe Überzeugungskraft“, so Jury-Mitglied Anja Martin. „Die Zuhörer gewinnen den Eindruck, dass sie es mit jemandem zu tun haben, der nicht nur darüber spricht, sondern persönlich und zu jeder Zeit um die beste Lösung für die Energiewende ringt.“
Solide Auftritte mit Potential lieferten laut Jury außerdem Mercedes, BMW, Porsche und Deutsche Börse.
Lebendige Impulse
Die lebendigsten Impulse aber kamen von zwei Nicht-Muttersprachlern: Adidas-Chef Björn Gulden aus Norwegen und Beiersdorf-CEO Vincent Warnery aus Frankreich hielten mitreißende Reden, die eine neue Lockerheit in die deutsche Hauptversammlungs-Szene bringen. „Von dieser Haltung und ihrem sprachlich wie körpersprachlich offensiven Umgang mit den Erfolgen des jeweiligen Unternehmens könnten sich auch andere CEOs etwas abschauen“, so Peter Sprong. Viele trauten sich in den HV-Reden noch immer zu wenig und würden häufig in Zahlen und Bekanntem verharren. Die beiden hingegen setzten klare emotionale Akzente – sie „verkörpern“ das Unternehmen ohne falsche Angst vor Pathos.
Zehn Jahre nach der ersten professionellen Bewertung von Hauptversammlungsreden stellt der Verband der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS e.V.) fest: Die rhetorischen Leistungen des Top-Managements in Deutschland haben sich deutlich verbessert. Dies gelte jedoch nur für eine relativ kleine Spitzengruppe. Bei der Mehrheit bliebe durchaus noch „Luft nach oben“.
Verbesserungspotenzial
Bei allem Lob für eine Weiterentwicklung während der vergangenen Jahre sahen die Redenschreiber aber immer noch Potenzial für Verbesserungen. So seien die Reden zur Hauptversammlung immer noch nicht das, was sie sein könnten: echte Jahreshöhepunkte für Unternehmen, Belegschaft und Öffentlichkeit. Viele Führungskräfte in Deutschland glaubten offenbar, wer es beim Reden professionell auf Wirkung anlege, der spiele den Menschen etwas vor.
Es entstehe der Eindruck, dass sich viele lieber hinter juristischen Zwängen verstecken, anstatt offen und glaubwürdig zu kommunizieren. „Wir wollen mit diesem Preis daher auch die Botschaft verbreiten: Anschaulichkeit und Aufrichtigkeit, Professionalität und Pathos sind keine Widersprüche“, so Sprong. Sich verbessern, dazulernen, professioneller auftreten – das gilt durchaus auch für die Top-Manager in der Wirtschaft.
Außer Konkurrenz: Timotheus Höttges
Der mehrfache rhetorische Sieger der Redeanalysen der Vorjahre, Telekom-Chef Timotheus Höttges, hielt auch in diesem Jahr wieder eine erstklassige Rede. Das ging auch aus dem Ergebnis einer Studie der Universität Hohenheim in Stuttgart hervor. Dort untersucht Professor Frank Brettschneider und sein Team seit 2012, wie verständlich die CEOs der DAX-Unternehmen auf ihren Hauptversammlungen sprechen. Laut dem Hohenheimer Verständlichkeits-Index hielt Timotheus Höttges mit der maximalen Punktzahl von 20,0 Punkten die formal verständlichste Rede. Und da Höttges beim Redenschreiber-Preis für Wirtschaftsrhetorik bereits fünfmal hintereinander den ersten Platz belegte, entschied sich der VRdS dafür, bisherige und künftige Sieger, die mehr als dreimal hintereinander den ersten Platz belegt haben, nur noch außer Konkurrenz zu bewerten.
VRdS-Preis für Wirtschaftsrhetorik
Der Verband der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS), Sitz in Königswinter und Berlin, ist der Berufsverband der Redenschreiberinnen und Redenschreiber im deutschsprachigen Raum. Über den „VRdS-Preis für Wirtschaftsrhetorik“ entscheidet eine siebenköpfige Jury aus Mitgliedern des Verbandes. Der Preis wird am 23. November im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung in Düsseldorf verliehen.
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