Die Ergebnisse einer Online-Befragung aus dem Februar 2020 im Rahmen des Trendreports von news aktuell und Faktenkontor. (Quelle: obs / news aktuell)

Während sich immer mehr Institutionen – beispielsweise Universitäten – und eben auch viele Medien – darunter auch die „FAZ“ und die öffentlich-rechtlichen Sender – um einen gendergerechten Sprachgebrauch bemühen, gibt es in der Finanzberichterstattung der DAX-Unternehmen einen gegenläufigen Trend. „PR-Journal“-Autor Manfred Piwinger hat sich unter diesem Gesichtspunkt, deren Geschäftsberichte des Jahres 2019 angesehen und ist zu einem überraschenden Ergebnis gekommen. Sein Fazit: „Im Vergleich zu den Vorjahren ist tendenziell eine Abkehr von Doppelbenennungen erkennbar.“ Die Gründe und Begründungen sind vielfältig, laufen aber immer auf das Gleiche hinaus und reichen von „wegen der besseren Lesbarkeit“ hin zu „aus Vereinfachungsgründen“ oder „der Vereinfachung der Sprache“.

Vieles liest sich so, als wollten sich die betreffenden Unternehmen dafür entschuldigen. Doch auch Unternehmen, die eine genderfreie Sprache verwenden, halten sich nicht immer strikt daran. Insbesondere in der Anrede von Aktionärsbriefen heißt es dann weiterhin „Aktionärinnen und Aktionäre“. Das Wort „Investorin“ ist allerdings nicht vorgekommen. In Einzelfällen weicht der Sprachgebrauch in den verschiedenen Berichtsformaten – wie Geschäftsbericht und beispielsweise CSR-Bericht – voneinander ab. Das kann daran liegen, dass diese Berichte häufig eigene Redaktionen und getrennte Zuständigkeiten haben.

Zur besseren Veranschaulichung des Gesagten hier im Folgenden 16 verschiedene Beispiele von Unternehmen aus dem DAX:

  • Munich Re Konzerngeschäftsbericht 2019, Seite 193:
    „Im Interesse einer besseren Lesbarkeit wird davon abgesehen, bei Fehlen einer geschlechtsneutralen Formulierung sowohl die männliche als auch weitere Formen anzuführen. Die gewählten männlichen Formulierungen gelten deshalb uneingeschränkt auch für die weiteren Geschlechter.“
  • Deutsche Lufthansa Geschäftsbericht 2019:
    „Zur Vereinfachung der Sprache haben wir in unserem Bericht die maskuline Form verwendet. Wir bitten um Ihr Verständnis.“
  • Fresenius Medical Care Geschäftsbericht 2019, Seite 289:
    Gleicher Text.
  • Infineon Geschäftsbericht 2019, Seite 204:
    „Der Begriff Mitarbeiter wird im vorliegenden Geschäftsbericht für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gleichermaßen verwendet.“
  • BMW Nachhaltigkeitsbericht 2019:
    „Um eine bessere Lesbarkeit zu gewährleisten, haben wir teilweise auf geschlechterbezogene Doppelbenennungen verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter.“
  • Adidas Online-Geschäftsbericht 2019:
    „Zudem verzichten wir auf geschlechterspezifische Formulierungen wie Mitarbeiter (innen) oder Konsument (innen). Die gewählte männliche Form steht stellvertretend für alle Geschlechter.“
  • Deutsche Post DHL Nachhaltigkeitsbericht 2019:
    „Entsprechend unserem Verständnis von Inklusion und Integration wollen wir eine geschlechterneutrale Sprache verwenden. Jedoch nutzen wir weiterhin das generische Maskulinum für bestimmte im Konzern oder durch gesetzliche Vorgaben etablierte Berichte, zum Beispiel ‚Mitarbeiterengagement‘, ‚Arbeitgeberbelange‘ oder ‚Vorstand‘. Nicht individuell benannte Gruppen wie ‚Kunden‘, ‚Lieferanten‘, ‚Aktionäre‘ oder ‚Investoren‘ werden ebenfalls mit ihrem generischen Maskulinum bezeichnet.“
  • Daimler Nachhaltigkeitsbericht 2019:
    „Ausschließlich im Interesse der besseren Lesbarkeit verzichten wir an vielen Stellen im Bericht auf geschlechtsspezifische Doppelnennungen wie ‚Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen‘. Auch bei Verwendung der männlichen Form sind jedoch ausdrücklich alle Geschlechter gemeint.“
  • RWE Geschäftsbericht 2019:
    „Der Einfachheit halber sprechen wir durchgängig von ‚Mitarbeitern‘, ‚Aktionären‘ etc. Selbstverständlich schließt der Begriff Personen aller Geschlechter mit ein.“
  • Bayer Geschäftsbericht 2019:
    „Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir auf geschlechtsspezifische Formulierungen (z.B. Mitarbeiter (innen) oder Kunden (innen). Die gewählte männliche Form steht für alle Geschlechter.“
  • Henkel Geschäftsbericht 2019:
    „Verwendete Sammelbezeichnungen wie Mitarbeiter, Aktionäre oder Kunden sind als geschlechtsneutral anzusehen.“
  • Siemens Nachhaltigkeitsinformationen 2019:
    „Aus Vereinfachungsgründen verwenden wir im gesamten Bericht den Begriff ‚Mitarbeiter‘; er steht stellvertretend für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“
  • Vonovia Geschäftsbericht 2019:
    „Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir im Folgenden die männliche Form (generisches Maskulinum). Die entsprechenden Begriffe gelten im Sinne der Gleichberechtigung für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.“
  • Conti Geschäftsbericht 2019:
    „Wenn in diesem Bericht wegen der besseren Lesbarkeit die männliche Form verwendet wird, ist die weibliche Form selbstverständlich immer mit eingeschlossen.“
  • Covestro Geschäftsbericht 2019:
    „Hinweis im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes: Gleichberechtigung ist uns wichtig. Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit verzichten wir in diesem Bericht auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung, wie z.B. ‚Mitarbeiter/-innen‘.“
  • Volkswagen (Geschäftsbericht 2019) unterscheidet sich da nur minimal, die „Leserinnen“ werden immerhin einmal direkt angesprochen:
    „Wir bitten unsere Leserinnen und Leser um Verständnis, dass wir aus Gründen der Sprachvereinfachung die maskuline grammatische Form verwenden.“

Im Mai 2020 hatte das „PR-Journal“ über eine Untersuchung von Faktenkontor und news aktuell berichtet, wie die PR mit gendergerechter Sprache umgeht. Das Fazit damals: Eine gendergerechte Sprache hat sich in der Branche noch nicht durchgesetzt. Die mit 45 Prozent größte Gruppe (siehe oben stehende Grafik) der Befragten ließ verlauten, dass man keine einheitliche Regelung getroffen habe.


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