Unternehmen Studie zu digitaler Finanzkommunikation: Viel Luft nach oben bei Dax30-Unternehmen

Eine Studie der IR.on AG und der NetFederation GmbH, beide Köln, hat die Ankündigungen der Dax30-Unternehmen zum Thema Digitalisierung kritisch unter die Lupe genommen. Was versprechen Dax30-Konzerne ihren Anlegern zum Thema Digitalisierung? Wie gut wird das Thema in der Praxis umgesetzt? Die Ergebnisse zeigen eine ganze Bandbreite von nicht eingehaltenen Versprechen bis hin zum pragmatischen Einsatz userorienter Innovationen. In der analog-digitalen Verschmelzung von Kommunikationsaktivitäten gibt es bei den Dax30-Konzernen noch viel Luft nach oben.

Die Grafik zeigt in welche Kategorien die Studie die Dax30-Unternehmen unterteilt.

Ein Viertel der DAX-Konzerne sieht sich laut ihren aktuellen Geschäftsberichten als digitaler Vorreiter: Digitalisierung gilt als Chance und 90 Prozent der DAX-Unternehmen definieren Digitalisierung als Teil ihrer Unternehmensstrategie, so auch bei der Kommunikation. Leider ist das Versprechen in der Wirklichkeit für den User und potenziellen Anleger nur selten wahrnehmbar.

Für die Studie wurden im Juli 2018 die Geschäftsberichte 2017 sowie die aktuellen Websites der Unternehmen unter der Prämisse gesichtet, was Versprechen und was Realität ist.

Von allen Dax30-Unternehmen ist die Commerzbank das absolute Schlusslicht. Das Unternehmen verspricht im Geschäftsbericht jede Menge Digitalisierung, setzt sie aber in keiner Weise um. So gibt es laut der Studie keine mobile, responsive IR-Website, jede Menge DIN-A4-Format in PDF-Regalen und das alles auf langsamer, veralteter Technik und veraltetem Design. Commerzbank-CEO Zielke hat angekündigt, 9.600 Stellen zu streichen und rund 80 Prozent der Prozesse zu digitalisieren. Doch bisher konnte das Geldhaus den Shareholdern in keiner Weise zeigen, dass diese Strategie aufgeht. Der DAX-Abstieg war vorprogrammiert.

Enorme Lücken zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Im Fokus der Studie standen die Themen Strategie, Reporting und User Experience. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit sind bei den größten börsennotierten Unternehmen Deutschlands enorme Lücken zu entdecken. Festzuhalten ist: Raum für Verbesserung gibt es immer, vor allem bei der schnellen Umsetzung neuer Formate.

Ergebnisse der Untersuchung

  • Digitalisierung ist bei Mehrheit der DAX-Unternehmen ein zentrales Thema im Geschäftsbericht.
  • Ein Viertel aller DAX-Konzerne sieht sich in ihrer Branche als „digitaler Vorreiter“.
  • Die DAX-Vorstände sehen die Digitalisierung als Chance für ihr Geschäftsmodell.
  • 90 Prozent aller DAX-Unternehmen begreifen die Digitalisierung als Bestandteil ihrer Unternehmensstrategie.
  • Auch wenn die Digitalisierung im Geschäftsbericht einen großen Raum einnimmt, bedeutet es vielfach nicht, dass dieser Anspruch auch auf den Websites gelebt wird.
  • Die Hälfte der Unternehmen hat deutlichen Ausbaubedarf, 20 Prozent werden ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht!

Es gibt die digitalen IR-Profis:

  • Digitalisierung ist von zentraler Bedeutung und Bestandteil der Unternehmensstrategie.
  • Das Thema wird im Geschäftsbericht sehr stark kommuniziert.
  • Die Investor-Relations-Abteilungen kommunizieren mit ihrer Zielgruppe innovativ und modern auf digitaler Augenhöhe und sind in der Lage, die Strategie in ihrem Bereich umzusetzen.
  • Zu den Profis gehören Allianz, BASF, BMW, Daimler, Telekom, Deutsche Post, Henkel, SAP und Volkswagen.

Das Feld der Pragmatiker zeichnet sich aus durch:

  • Das Thema Digitalisierung wird im Geschäftsbericht erwähnt, aber in der Finanzkommunikation noch nicht durchgängig „gelebt“.
  • Die Investor-Relations-Abteilungen zeigen gute Ansätze und arbeiten mit „Bordmitteln“.
  • Viel Potential bleibt jedoch ungenutzt.
  • Zum Feld gehören, Bayer, E.ON, Fresenius Medical Care, Linde, Merck und Vonovia.

Unternehmen, für die Digitalisierung keine oder nur eine kleine Rolle spielt und die auch noch nichts umgesetzt haben („Rookies“), zeichnen sich aus durch:

  • Das Thema Digitalisierung wird im Geschäftsbericht nur mäßig erwähnt und schlägt sich auch nicht in der digitalen Unternehmens- oder Finanzkommunikation nieder.
  • Die Anleger werden mit ihren Erwartungen an die digitale Wachstumsstory alleingelassen. o Zu den Rookies gehören Continental, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Lufthansa, Fresenius, Infineon, RWE, Siemens und ThyssenKrupp.

Die absoluten Theoretiker, die nach dem Motto “Overpromise, underdeliver!” kommunizieren, haben uns negativ überrascht:

  • Digitalisierung ist von zentraler Bedeutung und Bestandteil der Unternehmensstrategie.
  • Das Thema wird im Geschäftsbericht sehr stark kommuniziert.
  • Das Erleben der Digitalisierungs-Story ist dagegen eine herbe Enttäuschung. Die IR-Abteilungen sind nicht in der Lage, die Anforderungen adäquat umzusetzen und hinken hinter allg. Standards (z. B. Mobile Website) weit hinterher.
  • Zu den Verlierern der Untersuchung gehören adidas, Beiersdorf, Covestro HeidelbergCement und MunichRe. Absolutes Schlusslicht ist die Commerzbank.

IRon NetFed Digitalisierungsstudie NF Grafik

„Auch wenn das Digitalisierungsversprechen im Geschäftsbericht einen großen Raum einnimmt, bedeutet es vielfach nicht, dass dieser Anspruch auf den entsprechenden Kanälen gelebt wird“, sagt Thorsten Greiten, Geschäftsführer der NetFederation GmbH. Achim Josten, Vorstand der IR.on AG, ergänzt: „Relevante Unternehmensinformationen müssen mit großer Sensibilität und unter Berücksichtigung der sich ständig verändernden Regularien attraktiv aufbereitet werden. Das ist eine fortwährende Herausforderung. “

Weitere Informationen und Einschätzungen zur Studie finden sich auf dieser Website.

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