Unternehmen CEO-Reden unter der Lupe: Telekom-Chef Höttges spricht am verständlichsten

Spitzenmanager im Verständlichkeits-Check: Die Reden deutscher CEOs sind so verständlich wie noch nie. Dies ist das Ergebnis einer Studie der Universität Hohenheim in Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem „Handelsblatt“. Frank Brettschneider, Kommunikationsprofessor in Hohenheim, und sein Team untersuchen seit 2012, wie verständlich die Vorstandsvorsitzenden der DAX-30-Unternehmen auf den Hauptversammlungen ihrer Unternehmen sprechen. Am besten schnitt in diesem Jahr Telekomchef Timotheus Höttges ab.

Timotheus Höttges erreichte einen Spitzenwert. (© Telekom)

Im Schnitt erreichen die Werte in diesem Jahr 15,1 Punkte auf einer Skala von 0 bis 20. Damit hat sich die formale Verständlichkeit nun zum sechsten Mal in Folge verbessert. Nach dem Hohenheimer Verständlichkeitsindex erreicht der Vorstandschef der Telekom Timotheus Höttges mit 19,9 Punkten den höchsten bisher gemessenen Wert. In den letzten sieben Jahren war damit kein Redner verständlicher als der Vorstandsvorsitzende der Telekom. Auf dem zweiten Platz folgt Stephan Sturm: Mit 19,5 Punkten bietet der CEO von Fresenius SE eine Top-Leistung. Auf Platz 3 folgt Frank Appel, Deutsche Post, mit 18,9 Punkten.

Verbesserung bei vielen Rednern

Im Vergleich zum Vorjahr haben deutlich mehr Wirtschaftsbosse Reden gehalten, die sich nicht nur an Anleger, Analysten sowie Finanz- und Wirtschaftsexperten richten. Im Schnitt erreichen sie einen Verständlichkeitswert von 15,1 Punkten – das sind 0,7 Punkte mehr als im Vorjahr und sogar 5,3 Punkte mehr als im Jahr 2012 (9,8). „Erfreulicherweise hat sich damit zum sechsten Mal in Folge die formale Verständlichkeit der Reden im Vergleich zum Vorjahr verbessert“, erläutert Professor Frank Brettschneider, Inhaber des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft in Hohenheim.

CEO von Henkel und Allianz: Deutlicher Sprung nach oben

Einige Redner bemühen sich, Fachsprache so zu übersetzen, dass auch fachfremde Personen den Inhalt der Rede verstehen. „Für den Auf- und Ausbau der Reputation ist das sinnvoll“, meint der Hohenheimer Professor. Einen besonders deutlichen Verständlichkeits-Sprung, so der Experte, haben in diesem Jahr vor allem Hans Van Bylen, Henkel, und Oliver Bäte, Allianz, mit einem Plus von jeweils 7,3 Punkten gemacht.

Einige verpasste Gelegenheiten

Dennoch verschenken nach wie vor einige Spitzenmanager die Chance, mit ihren Reden eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen. Aldo Belloni, Linde, belegt wie 2017 den letzten Platz. Allerdings verbessert auch er seine Vorjahresleistung um 2,3 Punkte auf nun 8,2 Punkte. Kurz davor liegen die CEO-Neulinge Joachim Wenning, Münchener Rück, 8,4, und Patrick Thomas, Covestro, 9,6. Alle anderen Redner erreichen mindestens 12 Punkte auf dem Hohenheimer Verständlichkeitsindex.

Verständlichkeitshürden: Bandwurmsätze, Fachbegriffe, Wortungetüme

Am meisten schmälern Bandwurmsätze, abstrakte Begriffe, zusammengesetzte Wörter und nicht erklärte Fachbegriffe die Verständlichkeit, erklärt Brettschneider. „Das Ergebnis ist dann Kauderwelsch statt Klartext.“ Eine der positiven Veränderungen jedoch: Überlange Sätze werden seltener, immer weniger Reden enthalten zusammengesetzte Wortungetüme. Und grobe Verstöße gegen Verständlichkeitsregeln finden sich in den Reden deutlich seltener als in früheren Jahren.

Allerdings verwenden immer noch viele CEOs Passiv-Formulierungen, Brettschneider. „Sie verschweigen ‚Ross und Reiter‘. Damit bleibt unklar, wer eigentlich handelt, und die Zuhörer verlieren den Faden und schlussendlich auch das Interesse.“ Zudem plädiert der Professor dafür, einige Grundregeln für verständliche Reden einzuhalten: kurze Sätze, gebräuchliche Begriffe, Fachbegriffe übersetzen und zusammengesetzte Wörter möglichst vermeiden. „Denn nur wer verstanden wird, kann auch überzeugen.“

Beispiele: Wortungetüme und Fachbegriffe 2018

  • Spezialversicherungsgesellschaften (Münchener Rück, Dr. Wenning)
  • Dreimonats-Durchschnittskurs (Linde, Dr. Belloni)
  • Nettofinanzverbindlichkeiten (Merck, Oschmann)
  • Open-Source-Partnerschaften (adidas, Rorsted)
  • Abgasnachbehandlungskonzept (BMW, Krüger)
  • Glasfaser-Backbonenetzen (E.ON, Dr. Teyssen)

Hintergrund: Der Hohenheimer Verständlichkeitsindex

Der Kommunikationswissenschaftler Brettschneider und sein Team berechnen den Hohenheimer Verständlichkeitsindex mit Hilfe einer speziellen Verständlichkeitssoftware. Anhand der Rede-Manuskripte ermittelt die Software formale Kriterien wie beispielsweise durchschnittliche Satzlänge, Anteil der Sätze mit mehr als 20 Wörtern, Anteil der Passiv-Sätze, Anteil der Schachtelsätze und der Sätze mit mehr als zwei Informationseinheiten.

Außerdem erfasst die Software Parameter wie durchschnittliche Wortlänge, Anteil abstrakter Substantive, Anteil Fremdwörter und Anteil der Wörter aus dem Grundwortschatz. Der Index reicht von 0 (formal unverständlich) bis 20 (formal sehr verständlich).

Eine Kurzfassung der Studie gibt es hier auf der Website der Universität Hohenheim.

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