Facebook ist nicht das einzige Unternehmen mit einem verbesserungswürdigen Image. Jan Fleischhauer nannte das Zuckerberg-Imperium bei „Spiegel Online“ ein „Drecksunternehmen“ und sortierte es bezüglich Schlechtigkeit noch vor ExxonMobil und Monsanto ein. Andere sprechen von einem „Monster“. Eine Umfrage des „PR-Journals“ unter Agenturen und Unternehmen zeigt: Bislang bleibt Facebook für Kampagnen unverzichtbar. Die PR-Maschinerie auf Facebook läuft gut geschmiert wie bisher.

Zu Beginn des Datenskandals rund um Cambridge Analytica sah es so aus, als ob Unternehmen sich von Facebook zurückziehen könnten. David Kershaw, Chef des Agenturriesen M&C Saatchi, sagte beispielsweise in der BBC, er denke, „dass die Klienten jetzt zurecht an einem Punkt sind, an dem sie finden, dass es genug ist". Angeblich hätte Unilever eine Reduzierung seiner Facebook-Werbung in Erwägung gezogen. Andere wie die Commerzbank, der Lautsprecher-Hersteller Sonos und Mozilla hätten sich gar verabschiedet, berichtete „sueddeutsche.de“. Das war es aber auch schon. Selbst die Seite von Dr. Oetker Pizza gibt es weiterhin, obwohl die Industrie-Pizzabäcker mit großem Bohei ankündigten, „Arrivederci“ sagen zu wollen.

Und die User? Empören sich, bleiben aber brav angemeldet, wie der April-Deutschlandtrend der ARD zeigt. Das Vertrauen sei zwar merklich gestört, aber nur zwölf Prozent der Nutzer erklärten in der Umfrage, dass sie Facebook aufgrund des Datenabflusses weniger verwenden möchten. Lediglich zwei Prozent hätten sich von Facebook verabschiedet.

Glaube an den Nutzen von Facebook

Czycykowski Leonie Copyright TLGGFür Leonie Czycykowski (Foto links © TLGG), Senior Creative bei der Digital-Agentur Torben, Lucie und die gelbe Gefahr (TLGG) in Berlin, basiert die Treue zu Facebook auf einer einfachen Kosten-Nutzen-Rechnung. „Keine andere Social-Media-Plattform bietet derartige Targeting-Möglichkeiten wie Facebook“, erklärt sie. „Bei der zielgenauen Ausspielung von Inhalten kann dem Netzwerk niemand das Wasser reichen.“ Kreative Inszenierungen wie 3D-Postings sowie 360-Grad-Fotos und -Videos würden sich mit Facebook hervorragend umsetzen lassen.

Nur: „Ohne Budget geht nicht mehr viel“, so Czycykowski. Der virale Effekt, den sich Unternehmen, politische Akteure und Celebrities erhoffen und „früher“ mit teilweise simpelsten Viral-Spots erreichten, tritt bei Facebook meist dann auf, wenn putzige Katzenvideos geteilt oder populistische Hass-Postings zu einem Mega-Aufschrei führen. Bei Posts ohne Sponsoring sorgt der Algorithmus schnell für ein Abflauen der Reichweite.

Jüngere User würde es stärker zu Instagram, YouTube und Snapchat ziehen, sagt Czycykowski, „aber die Zielgruppe 25+ ist nach wie vor auf Facebook – allerdings weniger aktiv als früher.“ Für schwierig hält es Czycykowski, Leads und damit Traffic zu externen Inhalten und Webseiten außerhalb von Facebook zu generieren. Bitte in der Facebook-World bleiben!

Ohne Budget keine Wirkung

Rosenthal Adrian MSLAdrian Rosenthal (Foto links), Head of Social Media and Digital bei MSL Germany, sieht gerade in der Traffic-Generierung eine Stärke des Netzwerks. Voraussetzung auch für ihn: Mediabudget. „Die Wirkung von Inhalten lässt sich auf Facebook sehr genau testen – erst einmal mit einem geringen Betrag und bei einer eingeschränkten Zielgruppe“, sagt er. Wenn sich reales User-Engagement und Interaktion zeigten, könne man Content breiter ausrollen und stärker promoten.

Auch Rosenthal registriert, dass die Aktivität der Nutzer und Unternehmen abgenommen hat. „Viele Firmen beschränken sich auf ein bis zwei Postings pro Woche, die dann aufwändig vorbereitet werden.“ Moderationsbedarf bestehe nach wie vor. Bots seien zwar weniger ein Facebook-Problem – dafür ein umso größeres für Twitter –, wo die Mini-Programme leichter auf Hashtags anspringen könnten. Twitter hält Rosenthal für die Ansprache von Multiplikatoren insbesondere im politischen Bereich für den geeigneteren Kanal.

Coca-Cola schätzt die technische Infrastruktur

Willeke Michael Coca Cola MarketingRund 32 Millionen User zählt Facebook eigenen Angaben zufolge in Deutschland und mehr als zwei Milliarden weltweit. „Auf der Plattform erreichen wir eine breite Masse, was dem Gedanken einer Marke wie Coca-Cola entspricht, die sich an alle Menschen egal welcher Herkunft und welchen Alters wendet“, erklärt Michael Willeke (Foto links), Digital Lead Westeuropa bei Coca-Cola. „Die potenzielle Reichweite – wenn auch nicht organisch – bleibt ein starkes Argument für Facebook.“ Insbesondere die technische Infrastruktur mit umfangreichen Analyse-Tools und Ad-Optionen weiß man bei Coca-Cola zu schätzen. Inhaltlich präsentiert Coca-Cola beispielsweise für Markenkampagnen Geschichten mit Hilfe von Videos und 360-Grad-Fotos. Zusätzlich werden Events angekündigt.

Die Hauptzielgruppe auf Facebook sieht Willeke bei den 18- bis 34-Jährigen. Konsumieren und nicht mehr selbst posten? Auch für ihn ein Problem. „Die Herausforderung für Werbetreibende besteht darin, sich dem veränderten Nutzerverhalten anzupassen.“ Bei der Plattform-Wahl denkt Willeke pragmatisch: „Die Kreatividee entscheidet über die Plattform, nicht andersherum.“ In einem Foodwatch-Report wurde Coca-Cola kürzlich angeprangert, auf YouTube und Instagram mit Influencern zusammenzuarbeiten, die vorrangig Kinder und Jugendliche ansprechen.

Plattform-Mix

Guennemann Britta PR UrlaubspiratenAuf einen Plattform-Mix setzt das Berliner Unternehmen Urlaubspiraten. Bei Facebook schwingt fast schon Nostalgie mit. „Mit Facebook hat für uns alles angefangen, hier ist die Marke am stärksten gewachsen und unsere Angebote sind hier am beliebtesten. Unser Ziel ist es, unsere Fangemeinde mit unserer Reiseexpertise, außergewöhnlichen Piratenposts, reisebezogenen Hacks und informativen Inhalten zu versorgen und sie zu inspirieren“, verrät Communications Managerin Britta Günnemann (Foto links). „Auf Instagram teilen wir unsere Liebe fürs Reisen durch inspirierende Zitate und einem Pool von fabelhaften Posts.“ Auf Pinterest bietet das Unternehmen im Journal-Stil Galerien zu Themen- und Regionalschwerpunkten.

Für problematisch hält Günnemann die steigenden Kosten für Werbung auf Facebook: „Leider wird es immer teurer, aber die hohe Conversion-Rate bedeutet, dass es für uns immer noch kostengünstig ist.“ Einen Einfluss der Diskussionen rund um Fake News, Hate Speech und zur Datensicherheit hätte die eigenen Aktivitäten bisher nicht beeinflusst.

Wie geht es weiter mit dem Netzwerk? „Facebook wandelt sich ständig, steht aber vor der Herausforderung, die drohende politische Regulierung selbst kaum beeinflussen zu können“, analysiert Rosenthal. In Asien hat Facebook ernstzunehmende Konkurrenz. WeChat aus China soll ebenfalls bereits rund eine Milliarde User zählen. Ausgehend von einem Instant-Messenger lassen sich hier Taxis und Essen bestellen, Freunde und Jobs suchen sowie Bezahlfunktionen durchführen. Michael Willeke von Coca-Cola vermutet ein ähnliches Szenario bei Facebook: „Zukünftig wird auch das Thema Social Commerce immer wichtiger: In-App Shopping ermöglicht Nutzern ein natives Einkaufserlebnis auf Facebook. Wir integrieren bereits jetzt für Marken aus dem Coca-Cola Portfolio die ‚Buy-Now‘ Funktion, um Nutzern mit nur einem Klick ein Produkt im Warenkorb anbieten zu können.“


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