weinberghelgeHeute scheinen Blogger „als die Heilmittellösung zu gelten, wenn klassische Medienarbeit keinen Erfolg mehr hat“ – so Dominik Ruisinger in einem Grundsatzartikel über Blogger Relations.
Sind Beiträge von Bloggern Paid Content, fragte Ruisinger. Die vom „PR-Journal“ interviewten Blogger geben dazu deutliche Antworten. Geschenke zu senden und dann Berichte zu erwarten, sei „ein dreister Versuch, sich Earned Media zu erkaufen, wo es nicht angebracht ist“, so Klaus Eck. Transparenz sei stets wichtig, meinen Nicole Y. Männl und Sascha Pallenberg. Eine Verpflichtung, über etwas zu schreiben, gibt es ohnehin nicht, sagt Madeleine Alizadeh.

Wie sehen es denn die PR-Profis? Eine jüngst im „PR-Journal“ veröffentliche Studie zum PR-Ehrenkodex „Code de Lisbonne“ hatte dazu ein Umfrageergebnis gebracht. Danach sind 76 Prozent der Befragten der Meinung, dass die „Incentivierung“ von Bloggern ein klarer Verstoß gegen den Kodex sei. Nun sind 63 PR-Verantwortliche nicht sonderlich repräsentativ. Aber sie geben einen Anhaltspunkt.

Glaubwürdigkeitsfalle
Dominik Ruisinger hatte eine aus meiner Sicht entscheidende Frage zum Thema gestellt. Welcher Leser wird Bloggern glauben, die permanent positiv über etwas berichten? Dies würden sie tun, weil sie das Unternehmen bei Kritik nicht mehr einladen würde. Ist das ein nachhaltiges Modell? Er erwähnt, dass Leser auf Reiseplattformen Produkten mit leichten Macken gegenüber den völlig makellosen Angeboten den Vorzug geben. Ruisinger warnte vor einer „Glaubwürdigkeitsfalle“, in die Blogger laufen könnten.

Transparenz
Von Glaubwürdigkeit spricht auch Klaus Eck, der auf Anzeigen und Native Advertising verzichtet. Für Blogger ist die Glaubwürdigkeit eine Herausforderung, zumindest auf lange Sicht. Mit Bloggen Geld zu verdienen, ist ein legitimes Ziel. Die interviewten Blogger fanden Kooperationen mit Unternehmen durchweg in Ordnung. Hauptsache, es ist transparent, was da passiert.

Authentizität
Transparenz über eingegangene Kooperationen ist wichtig, keine Frage. Noch wichtiger aber erscheint es mir, eine persönliche Linie zu wahren, authentisch zu sein. Sonst bin ich auf Dauer nicht glaubwürdig, so meine Befürchtung. Nicht immer kann ich positiv berichten, auch wenn ich mir damit bei den Unternehmen keine Freunde mache.

Hofberichterstattung
Zugegeben, die Hofberichterstattung der Auto-, Fashion- und Reisepresse ist für die Medien und die Unternehmen sehr lange gut gelaufen. Sie ist auch heute keineswegs unüblich. Ein hervorragendes Beispiel dafür gab in diesem Jahr die „ADAC-Motorwelt“ ab. Soweit auch zum Thema „Unabhängigkeit der Presse“, auf die einige Kommentatoren bei Ruisinger Hoffnungen zu setzen scheinen. Sie dürften so manche Enttäuschung erleben.

… schadet auf Dauer
Ich vermute, dass sich „positive Berichterstattung“ für einige Blogger zumindest für einige Zeit rechnen dürfte, so lange nicht krass übertrieben wird. Ständig zu loben kann ja auch authentisch sein. Am Beispiel der Mainstream-Medien sehen wir aber, dass Hofberichterstattung dem Image langfristig schadet. Das dürfte für Blogger ebenso gelten.

Über den Autor: Helge Weinberg ist Berater, Blogger und Journalist aus Hamburg. Seine Agentur Strategie & Kommunikation ist spezialisiert auf Strategische Kommunikation und Arbeitgeberkommunikation / Personalkommunikation. Über diese Themen schreibt er in seinem Blog sowie als Korrespondent Hamburg / Norddeutschland des „PR-Journals“ und in anderen Medien.


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