Juedisches Museum Berlin LogoIn Folge der Turbulenzen um die inhaltliche Ausrichtung des Jüdischen Museums in Berlin (JMB) ist dessen Direktor Peter Schäfer zurückgetreten. Der Rücktritt Schäfers war der zweite Akt nachdem bereits vor einigen Tagen die Pressesprecherin wegen eines missverständlichen Tweets von ihren Aufgaben freigestellt worden war. Immer wieder hatte es in den vergangenen Wochen und Monaten massive Kritik des Zentralrates der Juden an dem Museum gegeben, das eine Stiftung öffentlichen Rechts ist und in der Verantwortung des Bundes steht.

Die „Welt“ analysiert die Gründe für die Unruhe und den Rücktritt des Direktors: „Das Versagen Schäfers hat zwei Seiten. Im Vordergrund stehen jetzt seine unglücklichen politischen Äußerungen und Handlungen, die den unmittelbaren Anlass für den Rücktritt bilden. Fast noch wichtiger aber war sein Versagen bei der Leitung des Museums. Der Wissenschaftler Schäfer zeigte keinerlei Führungsfähigkeiten. Mitarbeiter fühlten sich alleingelassen, statt eines Chefs gab es viele kleine Chefs, die ihre Befugnisse mit allen Mitteln verteidigten.“

In dieser Gemengelage gab es Medienberichten zufolge immer wieder Kritik am Handeln der Museumsleitung. Nach einer Begegnung Schäfers im März mit Seyed Ali Moujani, dem Kulturrat der Botschaft der Islamischen Republik Iran, und einer unzureichenden Kommunikation zu dem Treffen, räumte Schäfer selbst ein, dass es eine Dummheit gewesen sei, den iranischen Kulturrat zu empfangen. Insbesondere jüdische Institutionen äußerten ihren Unmut. Druck auf Schäfer und die Stiftung hatte zuvor bereits der israelische Regierungschef Bejamin Netanjahu ausgeübt, als er die Ausstellung „Welcome to Jerusalem“ als „antiisraelisch“ kritisierte.

Die Turbulenzen der vergangenen Tage wurden durch einen Tweet ausgelöst, der vom offiziellen Twitter-Account des Jüdischen Museums Berlin abgesetzt worden war. Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) hatte darin die Kommunikationsabteilung des Museums unter dem Hashtag #mustread eine Leseempfehlung für einen „taz“-Artikel gegeben, in dem es um die Kritik von 240 jüdischen und israelischen Wissenschaftlern an einem Beschluss des Bundestages geht. „Die Parlamentarier hatten“, so berichtete die „SZ“, „vor Kurzem die BDS-Bewegung als antisemitisch verurteilt. BDS ist ein schwer durchschaubares Geflecht aus 171 Gruppen, die ein Ende der israelischen Besatzung und unter anderem den Boykott israelischer Waren fordern.“

Laut „SZ“ wurde der Tweet von der Kommunikationsabteilung des Museums verfasst und gab den folgenden Satz aus dem Schreiben der Wissenschaftler wieder: „Der Beschluss der Parlamentarier hilft im Kampf gegen den Antisemitismus nicht weiter“ – allerdings ohne die Anführungszeichen. Aus diesem Grund sei die Leseempfehlung als Meinungsäußerung des Museums verstanden worden. Daraufhin sei die Pressesprecherin mit sofortiger Wirkung freigestellt worden.

Aktualisierung vom 1. August 2019

Im Nachgang zum Streit um das Jüdische Museum in Berlin bemühten sich die Beteiligten um Schadensbegrenzung. Nach dem Rücktritt Peter Schäfers als Direktor des JMBs berief die zuständige Kulturstaatsministerin Monika Grütters den Historiker Christoph Stölzl als „Vertrauensperson“ für den Stiftungsrat. Er gab dem Berliner „Tagesspiegel“ am 27. Juli 2019 ein ausführliches Interview. Darin sagte er unter anderem: „Dass jemand über fehlende Anführungsstriche in einem Tweet stürzt, fand ich erstaunlich. Jetzt, wo ich mich in den Fall vertieft habe, weiß ich, dass die Konfliktlinien tiefer liegen.“ Das vollständige Interview mit „Schlichter“ Stölzl können Sie hier im „Tagesspiegel“ nachlesen.


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