Verbände Farce, Frechheit oder Ignoranz – Polizei in Mittelfranken hebelt Wettbewerb aus

Pitchblog LogoWenn das Polizeipräsidium Mittelfranken eine Werbeagentur suchen muss, nimmt sie es mit den Regeln und Vorgaben scheinbar nicht so genau wie sonst beispielsweise bei Verstößen im Straßenverkehr. Statt eine vorgesehene Wettbewerbsausschreibung zu veröffentlichen, lassen die Ordnungshüter im Freistaat allein die Bestandsagentur für das Verfahren zu. Darauf weisen die Kommunikationsverbände GWA und GPRA auf Pitchblog.de hin.

Bei der Ausschreibung für die „Werbekonzeption sowie einer Werbekampagne zur Nachwuchsgewinnung für den Bereich Information und Kommunikation der Bayerischen Polizei“ darf nur die bisherige Agentur teilnehmen. Die Begründung für die Bevorzugung macht Ausschreibungen an sich sinnlos: „Der Auftrag kann nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden, weil aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist.“

Zur technischen Unzulänglichkeit anderer Agenturen in Deutschland und Europa erklärt das Polizeipräsidium: „Das auserwählte Unternehmen verfügt aufgrund der Erstellung, der Erschaffung und der Begleitung der ursprünglichen Werbekampagne ‚Mit Sicherheit anders‘ über ein ausschließliches Wissen, welches am Markt ansonsten nicht verfügbar ist.“ Dieses spezielle Fachwissen könne nach Ansicht der Polizeidirektion trotz der Zurverfügungstellung der aktuellen Werbekonzeption nicht an andere Wirtschaftsteilnehmer transportiert werden.

„Der Wechsel einer Kommunikations- oder Werbeagentur ist ein übliches und tausendfach erprobtes Verfahren“, erklärt GWA Geschäftsführer Ralf Nöcker. „Die Agenturteams arbeiten sich tagtäglich in die unterschiedlichsten Anforderungsprofile und Themen von Unternehmen und Behörden ein. Spezialisten steuern das benötigte Fachwissen bei.“ Deshalb bestehen seiner Meinung nach erhebliche Zweifel daran, dass das angesprochene Fachwissen und die Kenntnisse des „zwischenmenschlichen Gefüges der Polizei“ nicht auch auf andere Agenturen übertragen werden könne. Die von der Polizeidirektion Mittelfranken befürchtete mehrjährige Beobachtungs- und Lernphase bis andere Agenturen vollständig handlungsfähig seien, kann er nicht nachvollziehen.

Mit Blick auf die Homepage der bisherigen Kampagne ‚Mit Sicherheit anders‘ fasst Nöcker zusammen: „Weder gestalterisch noch inhaltlich lässt sich die Argumentation der Einzigartigkeit und des exklusiven Hintergrundwissen aufrecht erhalten. Hier werden Informationen präsentiert, die so von unzähligen Agenturen in vergleichbarer Qualität und in einem verantwortbaren Zeitrahmen aufbereitet werden können.“

Rechtsanwalt Ben M. Irle, Partner der Rechtsanwaltskanzlei Irle Moser und verantwortlicher Chefredakteur des „Pitchblog“ ergänzt: „Bei der Ausschreibung des Auftrags geht es um einen Gesamtwert von 1.260.504,20 Euro ohne Mehrwertsteuer. Diese Etat-Höhe allein hätte einen offenen Wettbewerb vorgeschrieben. Ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung sowie ohne Aufruf zum Wettbewerb und der bloßen ‚Freiwillige Ex-ante-Transparenzbekanntmachung‘ ist hierfür sicher nicht ausreichend.“

Auf Nachfrage verwies das Polizeipräsidium Mittelfranken kurz und abschließend auf ihren ursprünglichen Ausschreibungstext und teilte mit, dass seiner Ansicht nach keine weitere Stellungnahme nötig sei.

Das Vorgehen des Polizeipräsidiums Mittefranken ist formaljuristisch zwar korrekt. Im Sinne eines fairen und offenen Wettbewerbs ist es moralisch fragwürdig. Sie ist eine gezielte Wettbewerbsumgehung, stellt „Pitchblog.de“ fest.