Medien Interview mit Martin Hager: „Du musst authentisch sein“
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- von Thomas Dillmann, Bad Honnef
Jörg Müller-Dünow, Managing Partner der Düsseldorfer Agentur markenzeichen GmbH und Vorstandsmitglied des GWA, lädt die Leserinnen und Leser des PR-JOURNALs ein zu einem Ausflug in die Welt der Super- und Megareichen. In einem Interview mit dem Chefredakteur der Magazine „Boote Exclusiv“ und „Yacht“, Martin Hager, geht es aber ganz bodenständig um Journalismus für einen der ältesten Special Interest Titel, um Leidenschaft, Neid, Begeisterung und Nachhaltigkeit.

Martin Hager ist seit über acht Jahren Chefredakteur des Magazins „Boote Exclusiv“ im Delius-Klasing-Verlag. Seit Anfang 2023 ist er parallel für die „Yacht“ verantwortlich, mit 121 Jahren die älteste Special Interest Zeitschrift Deutschlands. Jörg Müller-Dünow interviewte ihn.
Von Jörg Müller-Dünow, Düsseldorf
Frage: Martin, du bist Wassersportler und kombinierst Deine private Leidenschaft mit dem Job. Wie kam es dazu, dass du als Kitesurfer im Kielwasser einer Yacht kurzfristig selber ein Social Media Phänomen wurdest?
Martin Hager: Das ist eine Episode aus meinen 20er Jahren mit dem Superyacht-Magazin „Boote Exclusiv“. Ich war auf Einladung der holländischen Werft Heesen mit an Bord der nagelneuen Yacht Irisha. An Bord habe ich in der Tendergarage ein paar Wakeboards entdeckt und dann vorgeschlagen, diese hinter der 50-Meter-Yacht auszuprobieren. Das fand die PR-Verantwortliche der Werft so gut, dass sie tatsächlich die Crew überredet hat, vor der Küste Monacos anzuhalten, zwei Beiboote für Fotografen zu wassern und den Versuch zu wagen. An Bord waren noch andere Journalisten und Influencer. Auch die waren begeistert und haben ihre Drohnen gestartet. Ich hingegen durfte hinter der Superyacht mit 10.000 PS Leistung wakeboarden. Was ein Erlebnis! Diese Action-Einlage hat in der Branche Wellen geschlagen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ab und zu stolpere ich im Netz wieder darüber.
„Ich wollte nie Journalist werden“
Frage: Deine Laufbahn begann bei „Boote Exclusiv“, du bist längst Chefredakteur dort. Wie verirrt man sich als Journalist in diese Welt der Super- und Megareichen?
Hager: Ich wollte nie Journalist werden, sondern habe Schiffbau und Meerestechnik studiert mit einem Fokus auf Yachtdesign. Im Studium habe ich schnell gemerkt, dass die rund zehn Konstrukteure weltweit eine extrem enge Nische darstellen und dass es gar nicht so leicht ist, damit Geld zu verdienen. Nach der Arbeit im Konstruktionsbüro einer Werft in Südafrika habe ich durch einen sehr glücklichen Umstand eine Anzeige am Schwarzen Brett eines Segelvereins gefunden, mit der das Magazin einen technischen Redakteur suchte.
Dieser Job hat mir genau das ermöglicht, was ich eigentlich wollte, nämlich Teil dieser Branche zu sein. Eine glückliche Fügung, und mittlerweile kann ich mir nichts anderes mehr vorstellen. Es ist ein vielfältiger Job, ich darf tolle Reisen machen, die sich immer mit Schiffen beschäftigen, den Leuten, die die Schiffe bauen, den Eignern und Designern, und alles findet an den schönsten Orten statt: An und auf dem Wasser. Und der Vorteil an diesem Special Interest Bereich ist, dass es eine hochgradig emotional aufgeladene Branche ist.
Frage: Du bist vermutlich selbst kein Multimillionär, bewegst Dich aber täglich in dieser Welt. Welche persönlichen Skills braucht man, um in diesem Kreis mitreden zu können? Oder bleibt man als Journalist immer Zaungast?
Hager: Das ist ganz einfach: Du musst ausschließlich authentisch sein. Denn die Leute, die diese Schiffe bauen lassen und kaufen, die wollen mit Menschen zu tun haben, die ebenfalls leidenschaftlich dabei sind. Ich habe immer festgestellt, auch die Eigner wollen immer nur ganz normale Menschen treffen. Und das Verbindende ist eben die Leidenschaft zum Wasser und Wassersport. Wenn Du die aber nicht hast, dann geht’s nicht.
Wir haben aber auch schon erlebt, dass sich Menschen aus dem Verlag etwa von der Umgebung der Yacht Show in Monaco eingeschüchtert gefühlt haben, damit überhaupt nichts anfangen konnten.
„Wir schreiben immer über das Besondere“
Frage: Wie bei allen teuren Hobbies ist Neid sicher auch nicht der beste Berater bei deinem Job.
Hager: Ich bin davon nicht betroffen, nein. Ich verspüre keinen Neid, wenn ich das sehe, nur Begeisterung. Mich fasziniert es, wenn Leute etwas leidenschaftlich machen, und so ist es beim Yachtbau auch, und gerade der Superyachtbau ist die Spitze des Luxusgüter-Eisbergs, und Eigner wünschen sich immer etwas, was es so noch nicht gegeben hat. Deshalb schreiben wir immer über das Besondere: Viel innovative Technik, außergewöhnliches Design.
Frage: Als Nachfolger von Jochen Rieker bist Du seit 2023 parallel auch Chefredakteur der Segelzeitschrift „Yacht“. Wie managst Du die Doppelaufgabe? Wie jonglierst Du zwischen den beiden Titeln und Redaktionen?
Hager: Das frage ich mich täglich selbst. (Lacht). „Boote Exclusiv“ produziert 1000 Seiten Content pro Jahr, die „Yacht“ 2800 Seiten pro Jahr. Dazu kommen die Webseiten, auf denen zusätzlich pro Tag sieben bis zehn Artikel online gehen – jeweils. Das mache ich logischerweise nicht allein. Früher habe ich sehr viel mehr selbst geschrieben, ich schreibe auch heute noch – ehrlich gesagt zu viel und das meist abends oder nachts, wenn es ruhig ist. Aber dieses Volumen geht nur mit einem eingespielten Team. Das Wassersport-Team bei Delius Klasing mit „boote“, der „Yacht“ und „Boote Exclusiv“ besteht aus knapp über 20 Menschen, die alle leidenschaftliche Wassersportler und tief im Thema sind. Nur so geht es überhaupt. All das ist das Ergebnis von Teamarbeit mit Menschen, auf die ich mich blind verlassen kann.
Frage: Wieviel Synergien gibt es inhaltlich zwischen den Titeln, die Du verantwortest? Nutzt ihr Content in beiden Titeln?
Hager: Nicht viel, aber wir haben in der „Yacht“ die Rubrik „das besondere Boot“, und die Yachten der „Boote Exclusiv“ sind alle ganz besondere Schiffe. Nicht nur wegen des Preises, sondern weil sie fast immer Einzelbauten sind. Diese segelnden Superyachten landen also regelmäßig in der „Yacht“. Aber eben auch nicht im zu großen Umfang. Der „Yacht“-Leser interessiert sich viel mehr für technische Tipps, Ausrüstung, Praxis oder Tests von Serienyachten. Da unterscheiden sich die Zielgruppen doch sehr stark.
Nachhaltigkeit ein Megathema?
Frage: Auf Messen und den Websites der Werften ist Nachhaltigkeit das Megathema. Wie passt das zu Eignern, die für ein langes Wochenende mit dem Hubschrauber anreisen oder exklusives Essen mit dem Privatjet einfliegen lassen? Ist Nachhaltigkeit da ernst gemeint?
Hager: Diese extravaganten Beispiele sind klar die Ausnahme. Ja, das ist sehr ernst gemeint, genauso wie auch im Serienbootsbau, wo die Werften nicht Greenwashing betreiben wollen, sondern im besten Fall ihre Produkte langfristig nachhaltiger machen, in der Produktion wie bei der Planung der umweltverträglichen Entsorgung in späteren Jahren.
Auch die meisten Eigner meinen das sehr ernst. Es gibt das berühmte Zitat in dieser Branche: „Wer darüber nachdenken muss, ob er sich eine Yacht leisten kann, kann sie sich nicht leisten.“ Und Leute, die sich solche Schiffe leisten, die können und wollen sich auch leisten, ihren CO2-Fußabdruck möglichst gering zu halten. Die sind sogar bereit, viel Geld dafür auszugeben. Ein weiterer Punkt: Wer sich so ein Schiff leisten kann, ist häufig etwas älter und hat Kinder. Die sind dann wiederum die Treiber, die ihren Urlaubsstil vor ihrem Umfeld rechtfertigen müssen oder gleich sagen „Urlaub auf einer Motoryacht kommt für mich nicht in Frage“. Die nächste Generation unter den Eignern nimmt also immer mehr Einfluss auf die Entscheidung, was und wie für die Eltern gebaut wird.
Frage: Auf welcher Superyacht bist Du mit deinen Kindern privat unterwegs?
Hager: Durch die Hobbies meiner Kinder bleibt an den Wochenenden kaum Zeit. Ich habe aber das große Glück, dass der Verlag eine historische Holzjolle auf der Alster besitzt, ein Schwertzugvogel, Baunummer 1 von 1961. Um den kümmere ich mich und den segele ich, wann immer wir können. Sonst gehe ich gerne an der Ostsee Wingfoilen oder Kitesurfen. Dafür braucht man keine Crew, das hat auch seine Vorteile.
Bester PR-Case der letzten Jahre
Frage: Was ist aus Deiner Sicht der erfolgreichste PR-Case der letzten Jahre?
Hager: Als leidenschaftlicher Sportler denke ich da an Red Bull. Der Sprung aus dem All von Felix Baumgartner war das Abgefahrenste bis dato, das ist wahrscheinlich der beste PR-Gag.
Frage: Welches Buch sollte jeder mal gelesen haben?
Hager: Ich finde Blackout gut, von Marc Elsberg, weil es sehr genau zeigt, in was für einer Zeit wir heutzutage leben. Herausragende Unterhaltung, zugleich ein wenig beängstigend.
Frage: Welcher Künstler ist ein inspirierender Storyteller?
Hager: Der Fotograf Chris Burkard lebt in Kalifornien und Island und ist für mich einer der größten Natur-und Extremsportfotografen.
Frage: Wessen Story würdest Du hier an dieser Stelle noch gern lesen?
Hager: Holt Euch mal einen KI-Manager eines großen Verlags.
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