Branche TV-Duell 2025: Vorteil …?

Die einen sagen so, die anderen sagen so. Wer hat beim Kanzlerkandidaten-TV-Duell am 9. Februar einen Punktsieg davongetragen? Laut einer ZDF-Umfrage entscheidet Kanzler Olaf Scholz (SPD) das TV-Duell gegen Friedrich Merz (CDU) knapp für sich. "The Pioneer-Briefing" von Gabor Steingart hingegen sieht einen Punktsieg für Merz. Das PR-JOURNAL schaut auf den Bundesverband für Medientraining in Deutschland (BMTD), der noch am späten Sonntagabend seine Analyse vorlegte.

Medientrainer des BMTD analysieren die Auftritte von Kanzler Scholz (SPD), links, und Herausforderer Merz (CDU) im ersten TV-Duell. (Foto: PR-JOURNAL)

Abstrakt, wenig bürgernah und kaum mitreißend. So beurteilen sechs Medientrainerinnen und -trainer das erste TV-Duell zwischen Olaf Scholz und Friedrich Merz. Gemeinsam mit dem Phonetiker Professor Oliver Niebuhr analysierten sie das TV-Duell mit Blick auf die Körpersprache, Mimik, Gestik, Blickkontakt (visuelle Bewertung), Sprechweise und Stimmführung (akustische Bewertung) sowie den Aufbau und die Verständlichkeit der Botschaften (sprachliche Bewertung).

Wissenschaftsbasiertes Bewertungsraster

Scholz erzielte 232 Punkte, Merz liegt mit 219 Punkten knapp dahinter, maximal wären 400 Punkte möglich gewesen. Basis für die Bewertung bildet ein wissenschaftsbasiertes Bewertungsraster mit 16 Unterpunkten. Stimme und Sprechweise wurde mit einem Algorithmus von Professor Niebuhr auswertet.

Katrin Prüfig, stellvertretende Vorsitzende im BMTD und Initiatorin der Jury, erklärte: „Olaf Scholz schien sich in dem unterkühlten Studio wesentlich wohler zu fühlen. Er wandte sich seinem Kontrahenten zu, lehnte lässig am Pult, kommunizierte mit den Moderatorinnen. Merz blickte fast nur geradeaus und hatte seine Mimik phasenweise nicht unter Kontrolle.“

„Kernbotschaften kamen wenig einprägsam rüber“

Ingo Bosch, BMTD-Vorsitzender, wundert sich: „Die Kernbotschaften kamen wenig einprägsam rüber. Mit Vergleichen, Storytelling oder anschaulichen Beispielen aus dem Alltag der Menschen hätten beide leicht punkten können.“

Auf der visuellen Ebene fiel auf, dass Olaf Scholz sehr aktiv seine Gestik nutzte. Ihm tat gut, dass er sich nicht an einem Handmikrofon festhalten durfte. Die aktiven Handbewegungen verstärkten nicht nur inhaltlich seine Aussage. Sie hatten auch unmittelbar eine Wirkung auf die Lebendigkeit in der Stimme.

Akustisch punktete Friedrich Merz in vielen Themenbereichen mit kürzeren Sätzen und etwas lauterer Stimme. Einzig beim Thema AfD und Migration war Olaf Scholz stimmlich besser. Beiden fehlte stimmlich und in der Gesamtwirkung die Positivität. Selbst in den Passagen mit reichlich Eigenlob klang Olaf Scholz nicht überzeugend positiv.

Weg vom Zahlensalat

Scholz und Merz sollten unbedingt inhaltlich weg vom Zahlensalat kommen, hin zu allgemein verständlichen, anschaulichen Botschaften.

Prüfig: „In den weiteren Duellen wird es darauf ankommen, dass Friedrich Merz seine Mimik unter Kontrolle bringt und etwas elastischer mit der sterilen Studio-Situation umgeht. Für Olaf Scholz lautet der Auftrag: kürzere Sätze bilden. Und Punkt.“

Der Fach-Jury zur Bundestagswahl 2025 gehören an: Sonja Praxl, Volker Siegert, Katja Schleicher, Dr. Katrin Prüfig, Ingo Bosch und Sven Matis (Beisitzer). Die Akustik-Analyse des TV-Duells stammt von Professor Oliver Niebuhr, Universität Süddänemark, Sonderborg.

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