Branche Fachkongress in Österreich "Hoher Reifegrad bei der Krisenkommunikation"
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- von Thomas Dillmann, Bad Honnef
Von A wie APA bis W wie Westbahn reichte das Spektrum der Referenten beim diesjährigen Österreichischen Krisenkommunikationsgipfel an der Universität Wien. In der Sky Lounge und digital diskutierten auf Einladung des Kieler Krisennavigator am 10. Oktober 2024 rund 120 Kommunikationsverantwortliche und Krisenmanager über Strategien zum Reputationsmanagement in unsicheren Zeiten.

Ein Schwerpunkt in Wien waren die Gefahren für die Reputation von Personen und Organisationen durch KI-Manipulationen, Fake News und Hassrede im Internet.
Shitstorm ist nicht gleich Shitstorm
Gleich zu Beginn des Kongresses zeigte sich, dass für die Institutionen Krise nicht gleich Krise ist. Während ein Unternehmen wie Spar mit mehr als einer Million Kunden pro Tag einen Shitstorm mit 2.000 Negativbeiträgen in den sozialen Medien nicht als Krise einstuft, kann ein solcher für exponierte Einzelpersonen wie eine Politikerin im Landtag Steiermark durchaus eine veritable Krise darstellen. Andere Institutionen wie das Bundesheer setzen bei der Krisendefinition auf den "body count". Stirbt ein Bundesheer-Angehöriger im Dienst eines unnatürlichen Todes oder wird er bei einem Auslandseinsatz durch Feindeinwirkung verwundet, liegt ein Krisenfall vor. Gleiches gilt, wenn ein Zivilist durch das Bundesheer verletzt oder getötet wird.
Vertrauen ist das wichtigste Gut
In den meisten Vorträgen wurde deutlich, dass Vertrauen das wichtigste Gut ist, das durch Krisenkommunikation und Reputationsmanagement auch in unsicheren Zeiten geschützt werden soll. Während das Medienzentrum des Landes Salzburg hierbei auf den Grundsatz „Richtigkeit vor Geschwindigkeit“ setzt, arbeitet der Branchenverband Oesterreichs Energie nach dem Prinzip „erklären, zeigen, richtigstellen“.
Das international tätige Bauunternehmen Strabag will Vertrauen wiederum durch offene und proaktive Kommunikation gepaart mit internen und externen Faktenchecks schaffen. Sofern Dritte versuchen, das Vertrauen in Organisationen und Einzelpersonen zu zerstören, gibt es durchaus bewährte rechtliche Möglichkeiten, sich gegen Rufmord zur Wehr zu setzen. Doch wie ein Medienrechtler veranschaulichte, kann deren Einsatz manchmal mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften.
KI im Einsatz für und gegen Desinformationen
Traditioneller Höhepunkt des 36. Gipfeltreffens des Krisennavigator war die Podiumsrunde mit Vertretern aus Unternehmen, Behörden, Verbänden, Wissenschaft und Politik. Durchaus unterschiedliche Meinungen hatten die Diskutanten bei der Frage, wie ein wirksames Frühwarnsystem zum Schutz vor Fake News, Bots und Trollen gestaltet werden sollte. Während die Politik und Wissenschaft auf eine stärkere Vermittlung von Medienkompetenz in den Bildungseinrichtungen setzen, betonen Unternehmen und Verbände die Verantwortung von Journalisten als zentrale Gatekeeper für seriöse und vertrauenswürdige Inhalte. Genau hier setzen auch die KI-gestützten Faktenchecks der APA an. Zwar schreitet der Einsatz von KI-Tools zur Erkennung von Manipulationen bei der Nachrichtenagentur weiter voran. Dennoch bleiben die journalistische Sorgfaltspflicht und der Mensch als letzte Entscheidungsinstanz auf absehbare Zeit unverzichtbare Bestandteile von Faktenchecks.
Hoher Reifegrad der Krisenkommunikation in Österreich
„Im internationalen Vergleich haben österreichische Unternehmen, Behörden und Verbände einen hohen Reifegrad bei der Krisenkommunikation erreicht“, sagt Frank Roselieb, geschäftsführender Direktor des Krisennavigator - Institut für Krisenforschung, ein Spin-Off der Universität Kiel und Initiator der Krisenkommunikationsgipfel. „Selbst die erst seit einem Jahr gültige ÖNORM EN ISO 22361 zum Krisenmanagement haben viele Verantwortliche bereits gut im Blick", so Roselieb weiter.
Impressionen vom Österreichischen Krisenkommunikationsgipfel 2024 können auf der Internetseite zur Veranstaltung unter diesem Link abgerufen werden. Das nächste Gipfeltreffen findet am 5. März 2025 in Leipzig statt.
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