Branche ZAW: Werbemarkt 2022 mit leichtem Plus, sorgenvoller Ausblick auf 2023

Die Werbewirtschaft in Deutschland wächst 2022 auf 48,66 Mrd. Euro (+2,8 Prozent). Damit liegt sie erstmals nach drei Jahren über dem Niveau des Vorkrisenjahres 2019, wie der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V. in seiner vorläufigen Jahreserfassung ausweist. Die endgültigen Zahlen werden im Mai 2023 veröffentlicht. Das Gleiche gilt für die anderen Kerndaten der Branche: Die Investitionen in Werbung steigen auf 36,99 Mrd. Euro (+2,6 Prozent), die Netto-Werbeeinnahmen der Medien auf 26,37 Mrd. Euro (+1,9 Prozent). Beim Blick auf das Jahr 2023 gehen die Experten von einer Stagnation aus.

Nach dem Absturz im Coronajahr 2020 kehrte die Werbebranche 2021 noch nicht komplett zum Vorkrisenniveau zurück. Dies gelingt in 2022. (Grafik: ZAW)

Auch die bereits in 2022 stark spürbaren Effekte inflationsbedingter Preissteigerungen sind für nominale Zuwächse verantwortlich. Der dringend erhofften Gesundung des Marktes, angetrieben durch nachhaltig steigende Werbeinvestitionen, stehen eine bedrückende Inflation, hohe Rohstoff- und Energiepreise sowie damit einhergehend eine eingeschränkte Konsumlaune entgegen. Der ZAW und seine Mitglieder sorgen sich angesichts der anhaltend schlechten wirtschaftlichen Aussichten, aber auch aufgrund politischer Ankündigungen um die vielfältige Werbeträger- und Medienlandschaft in Deutschland 2023.

Andreas F. Schubert, ZAW-Präsident, fasst die Situation der Werbewirtschaft zusammen: „Historisch hohe Energie- und Rohstoffpreise, Lieferkettenprobleme bis zur Jahresmitte und rückläufiger Konsum belasten die Branche in 2022. Das Plus fällt geringer aus als unsere Branche es benötigt. Hauptsächlich generiert durch digitale Werbung, streichen die Zuwächse vor allem die Gatekeeper-Plattformen ein. Negative Konjunkturaussichten, ungleiche Wettbewerbsbedingungen im Digitalwerbemarkt und drohende Werbeverbote für einzelne Produkte: Wir blicken sehr besorgt auf 2023.“

Das Jahr 2022 kompakt

Nach dem Absturz im Coronajahr 2020 mit -7 Prozent auf 44,86 Mrd. Euro (2019: 48,33 Mrd. Euro), kehrte die Werbebranche 2021 mit 47,34 Mrd. Euro (+5,5 Prozent) nicht komplett zum Vorkrisenniveau zurück. Dies gelingt in 2022 mit 48,66 Mrd. Euro (+2,8 Prozent). Der Grund für das Plus ist das weiter überproportionale Wachstum der digitalen Werbung, von dem nationale oder auch europäische Player allerdings nur wenig profitieren.

Die Werbebranche leidet an vielen Stellen unter der wirtschaftlich angespannten Lage in Deutschland. Hohe Papier- und Energiepreise belasten vor allem die Printwerbeträger, dazu verteuert der seit Oktober 2022 gestiegene Mindestlohn die Zustellung. Die hohen Rohstoffpreise beispielsweise im Ernährungsbereich, wie die extrem gestiegenen Preise für Zucker (+100 Prozent), Butter (+57 Prozent) oder Weizen (+60 Prozent), erschweren die Herstellung von Produkten ebenso wie Materialengpässe aufgrund bekannter Lieferkettenprobleme – werbende Unternehmen promoten keine Produkte, die sie absehbar nicht auf den Markt bringen können. Konsumenten wiederum ächzen unter den hohen Preisen für Lebensmittel und Energie, sie schränken sich ein und sparen. Die Monate November und Dezember sind normalerweise die umsatzstärksten Monate des Handels und damit auch sehr wichtige Werbemonate.

Bei den Werbeträgereinnahmen erwartet der ZAW für Video- und Kinowerbung sowie für einzelne Printwerbeträger ein leichtes Plus, bei anderen Gattungen sieht er eher eine schwarze Null bzw. Stagnation.

Blick auf 2023

Rezessive Konjunkturdaten, Inflation und sinkende Konsumlaune belasten die ZAW-Mitglieder: Mit Blick auf das zu Ende gehende Jahr und das erste Quartal 2023 befürchten 48 Prozent Streichungen von Investitionen bei Produkten, 55 Prozent bei Dienstleistungen, nur neun Prozent sehen Investitionsverlagerungen ins Ausland. Liquiditätsengpässe befürchten weiterhin 39 Prozent, 42 Prozent gehen von Betriebsaufgaben aus und 33 Prozent gar von Insolvenzen.

„Risiken können kalkuliert werden, Unsicherheit nicht“

Mit Blick auf 2023 prognostiziert ZAW-Präsident Schubert: „Das erste Halbjahr 2023 wird angesichts der bereits angekündigten Budgetkürzungen schwierig, auch weil allgemein die konjunkturelle Lage angespannt bleibt. Ab dem zweiten Halbjahr gehen wir von Entspannung und Besserung aus – vorausgesetzt die geopolitische Lage und die Konjunktur bessern sich. Ein wichtiger Faktor ist ganz klar die vorhandene Unsicherheit in vielen Märkten. Risiken können kalkuliert und eingepreist werden, Unsicherheit nicht, für nachhaltige Werbeinvestitionen ist dies ein Hemmschuh. Werbungtreibende fahren dann eher auf Sicht. Die Branche hat allerdings in 2021 gezeigt, dass Sie schnell reagieren kann, wenn – was denkbar ist – es zu Verbesserungen des Gesamtumfelds ab der zweiten Jahreshälfte kommt. Wir schreiben 2023 definitiv nicht ab, sondern wir gehen aktuell mindestens von einer schwarzen Null für unsere Branche aus, es könnte aber auch ein kleines Plus werden.“

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