Die GPRA-Roadshow macht Halt in Leipzig (Foto: Tom Kornblum, LPRS)

Was heißt eigentlich „Beratung“ in der Kommunikationsbranche? Und was macht einen Berater aus? In Leipzig fand die im letzten Jahr vom „PR-Journal“ initiierte Roadshow der GPRA mit dem sechsten Stopp nun ihren Abschluss. Im Vordergrund stand das Thema Beraterpersönlichkeit, welches am 8. Januar von der Gesellschaft der führenden PR- und Kommunikationsagenturen in Deutschland (GPRA) gemeinsam mit dem Leipziger Public Relations Studenten e.V. (LPRS) diskutiert wurde.

Der Einladung in das Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaften der Universität Leipzig folgten Alexandra Groß, Stellvertretende Präsidentin der GPRA und Vorständin bei Fink & Fuchs, Hanning Kempe, Präsidiumsmitglied der GPRA und Deutschland-CEO von FleishmanHillard, Anastasia Sementsova, Junior-Beraterin bei A&B One, Johannes Söller, Account Executive bei FleishmanHillard und Sven Wagener, Associate Public Affairs bei Weber Shandwick.

Thomas Dillmann, Chefredakteur beim „PR-Journal“, betont zu Beginn der Diskussionsrunde die Relevanz der Förderung des Branchennachwuchses. Der LPRS sei als einer der ältesten studentischen Vereine seit Gründung an einem nachhaltigen Beitrag zu einer optimalen, theoretisch fundierten wie auch praxisnahen PR-Hochschulausbildung und den Zukunftsperspektiven der Studierenden interessiert. Seit Beginn wird der Verein daher auch von Seite des Branchenmediums – namentlich von Gründer Gerhard Pfeffer – gefördert. „Der Branchenaustausch ist wichtig. Miteinander reden ist besser als übereinander“, sagt Dillmann und plädiert damit für eine Diskussion auf Augenhöhe, die in 2020 weniger emotional als vielmehr zielorientiert geführt werden soll.

Die Beraterpersönlichkeit steht zur Diskussion

LPRS Vorstandsvorsitzende Julia Dietlmeier stimmt zu: „Die Nachwuchsdebatte ist im letzten Jahr sehr emotional geworden und deshalb freuen wir uns darauf, das Thema umzumünzen. Wir wollen uns heute konkret über die Beraterpersönlichkeit unterhalten, die die GPRA in den letzten Treffen mit Studierenden angesprochen hat.“

„In der GPRA sprechen wir vom beruflichen Reifeprozess zur Beraterpersönlichkeit“, erklärt Groß. „Diese Reifung braucht Zeit und findet hauptsächlich in der beruflichen Praxis statt. Im schulischen und akademischen Umfeld ist dafür nicht genug Platz, es werden maximal gute Grundlagen gelegt.“ Gleichzeitig befänden sich die Anforderungen der Auftraggeber in einem dynamischen Wandel, führt sie weiter aus. Und so entwickelten sich die Kommunikationsagenturen von der reinen Werkbank immer mehr in Richtung eines Beratungshauses, das Experten und Sparringspartner für die Unternehmenskommunikation stellt.

GPRA Kompetenzkreis als Grundlage zur Weiterqualifizierung

Um die damit einhergehenden Anforderungen an einzelne Berater darzustellen, zeigt Groß den in der GPRA verwendeten Kompetenzkreis (nach Hülshoff) als Grundlage zur Weiterqualifizierung. Hier werden Fachkompetenz, Methodenkompetenz wie auch die persönliche und soziale Kompetenz in konkrete Beraterfähigkeiten aufgegliedert. Jede Agentur legt dabei ihre eigenen Schwerpunkte, die Kompetenzen-Attribute sind beispielhaft dargestellt.

PR-Journal GPRA Kompetenzkreis

„Fachlich sind die Absolventen, die sich uns vorstellen, top“, sagt Groß und erntet Zustimmung im Publikum. „Die Methodenkompetenz ist abhängig von der Ausbildungsstätte. Aber die Bereiche der persönlichen und sozialen Kompetenz sind zu Beginn der Karriere noch nicht ausgereift. Es fehlt beispielsweise an Konfliktfähigkeit, an Eloquenz, an Selbstvertrauen.“

Sementsova stimmt zu: „Keiner ist als Berater oder Beraterin geboren, aber zwei Grundvoraussetzungen muss man mitbringen: Zum einen die Freude am Denken, Konzipieren und Analysieren und zum anderen den Spaß am Umgang mit Menschen.“ „Erst in der Agentur habe ich gelernt, dass wir als Berater die Businesspartner der Kunden sein müssen“, ergänzt Wagener und auch Söller unterstreicht, dass erst Traineeship und Juniorberater-Position die Reifung der Sozialkompetenzen mit sich bringen würden.

„Absolventen fehlt es an persönlicher Reifung“

Dietlmeier zeigt sich skeptisch: „Persönliche und soziale Kompetenzen werden nicht erst im Berufsleben ausgebildet. Das Studium fördert die eigene Reife ungemein und verlangt Kontaktstärke, Kommunikationsfähigkeit und Konfliktbereitschaft – nur so können wir die Gruppenarbeiten und Projekte an der Uni meistern.“

„Da muss ich widersprechen“, sagt Wagener. „Das lerne ich erst im Job. Es geht um den Umgang mit Kunden. Die Frage, was ich mache, wenn es Konflikte gibt, wie ich Bedürfnisse erkenne und Vorschläge präsentiere.“

„Rollenspiele sind ein guter Einstieg“, erklärt Groß. „Doch in den Gruppenarbeiten an der Universität gibt es keine Hierarchien. Erst in der Agentur muss man für seine Sache werben, gegen Budgets arbeiten, Kritik vom Kunden aushalten und verschiedene Kompetenzen zusammenführen. Den Absolventen, denen ich im Bewerbungsprozess begegne, fehlt es da natürlich an persönlicher Reifung. Was überhaupt nicht schlimm ist, sondern ganz normal. Der Prozess beginnt im Job“, betont Groß.

Ansgar Zerfaß, Professor für Strategische Kommunikation am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig, der im Publikum sitzt, stimmt zu: „Man kann nicht alles im Studium vermitteln. Und nicht jeder Absolvent passt auch überall hin. Die Marktsituation ist relevant und das Geschäftsgebaren der einzelnen Unternehmen beziehungsweise Agenturen. Die entscheidende Frage ist doch, was ich persönlich erreichen will. Will ich ein Teil einer großen Organisation sein oder in einem kleinen oder mittelständischen Unternehmen echtes Unternehmertum mitbekommen?“ Denn – so sind sich die Beteiligten einig – eine höhere Managementebene bringt weniger operatives Geschäft mit sich.

Tatsächlich hat sich auch die GPRA 2020 das Thema der Karriereberatung auf die Fahnen geschrieben. Der Branchennachwuchs braucht Transparenz über die verschiedenen Karrierewege, Anforderungen und Aufgabengebiete in Agenturwelt. Die Herausforderung wird sein, diese vor dem Hintergrund der Diversität der GPRA-Agenturen zu verallgemeinern. Das Format „GPRA im Dialog“ wird auf jeden Fall fortgesetzt, denn der direkte Austausch mit den Studierenden trägt Früchte.


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