Branche Lifestyle-PR: Wie Brands mit Emotionen und Influencern ihre Zielgruppen erreichen

Lifestyle-PR ist eine Spielwiese für Geschichtenerzähler. Marketingabteilungen sowie Werbe- und PR-Agenturen haben sich darauf spezialisiert, selbst das alltäglichste Produkt emotional aufzuladen und mit einem bestimmten Lebensgefühl zu verknüpften. Beauty, Fashion, Design, Food & Beverages und Technik waren immer schon Lifestyle-PR. Ein Auto? Längst ebenfalls ein Lifestyle-Produkt. Einkaufen im Bioladen? Eine Lebenseinstellung. Das neueste und teuerste Smartphone? Ein Avantgarde-Statement.

Prominenz bahnt den Weg in die Medien: So machte es der Gartengerätehersteller McCulloch mit Ex-Fußball-Nationaltorwart Tim Wiese im „Duell der Maschinen“.

Karkalis Andre Gf Karkalis KomDass man als Brand im heutigen wettbewerbsintensiven Umfeld kommunikativ mehr bieten muss als das Herausstellen eines befriedigten Grundbedürfnisses, ist Allgemeinkonsens. Für „Macht satt“, „putzt die Zähne sauber“ oder „bringt einen von A nach B“ gibt kaum jemand einen Extra-Euro aus. „Entscheidend ist, Begehrlichkeiten zu wecken und einen emotionalen Mehrwert für ein Produkt oder eine Marke zu schaffen“, erklärt André Karkalis (Foto l.), Geschäftsführer von Karkalis Communications in Düsseldorf.

Nah am Lebensgefühl der Zielgruppe

Hechler Barbara RPMAuch Barbara Hechler (Foto l.), Managing Partner bei RPM – revolutions per minute in Berlin, argumentiert in diese Richtung: „Für Lifestyle-Marken geht es darum, mit authentischem Storytelling nah an dem Lebensgefühl der Zielgruppe zu sein und dabei dennoch den Spagat zu schaffen, die Markenwerte und Key Messages in der Informationsflut der digitalen Kanäle stringent zu positionieren.“

Die Revolution in der Lifestyle-PR findet bei jüngeren Zielgruppen statt, weil sich dort das Medienverhalten bereits komplett geändert hat. Print und TV werden bei den unter 25-jährigen immer unwichtiger. Facebook gilt als altbacken, während Instagram, YouTube und Special-Interest-Blogs das Userinteresse umso stärker anziehen. Das Resultat? Influencer. Sie haben sich als neuer Werbe- und PR-Kanal in wenigen Jahren etabliert. Kaum eine Marke kann es sich mehr erlauben, Influencer zu vernachlässigen, will sie jüngere Käufergruppen für sich zu gewinnen.

Belastbare Netzwerke zu Redaktionen und Influencern

Hetzinger Michael schroeder schoembs„Bei unseren aktuell laufenden Kampagnen spielen Influencer immer eine Rolle“, sagt Michael Hetzinger (Foto l.), Geschäftsführer bei der Berliner Lifestyle-Agentur Schröder & Schömbs. „Sie sind nur nicht das einzige: Weiterhin ist ein auf die Zielgruppen abgestimmter Mix an Medien und Kanälen der Weg zum Ziel.“ Für Kunden sei es selbstverständlich geworden, dass Agenturen ihnen eine Influencer-Strategie anbieten. „Der Wunsch nach Beratung auf Unternehmensseite ist deutlich gestiegen, weil es für Firmen immer mehr Bereiche gibt, die sie abdecken müssen. Agenturen müssen belastbare Netzwerke zu Redaktionen und zu Influencern vorweisen können“, so Hetzinger.

Influencer und ihre Follower sind jung, wie eine Umfrage von Brandnew IO, Jung von Matt und Facelift unter 1.200 Influencern zeigt: Männliche Influencer sind im Durchschnitt 28 Jahre alt, weibliche ein Jahr jünger. Die Follower erst 24. Eine erfolgreiche Agentur muss entsprechend wissen, welche Themen, Marken, Trends und Influencer gerade bei jungen Menschen angesagt sind. Sie muss eine Ahnung haben, über was auf dem Schulhof gesprochen wird und für welche Produkte dieser oder jener Influencer gerade geworben hat. Reichweite, Interaktionsrate und Bekanntheit lassen sich noch recherchieren, aber die Credibility eines Influencers kann eigentlich nur jemand aus einer Sub-Szene beurteilen.

Identifikation mit den Kunden ist gefragt

Lifestyle-Agenturen haben angefangen, personell umzusteuern. „Im Idealfall sollte Influencer Marketing von jungen Mitarbeitern gemacht werden, die Influencern selbst folgen und Teil der Zielgruppe sind“, meint Karkalis. Problem: „Diesen fehlt häufig das PR-Know-how. Das kann man aber lernen.“ In Stellenanzeigen werden Anforderungen wie „ein ausgeprägtes Interesse an Lifestyle-Themen und Trends“ zunehmend relevanter. Szenenähe vor Fachkenntnis. Agenturen könnten gezwungen sein, Branchenteams noch spezialisierter aufzustellen mit jüngeren Mitarbeitern, die als Trendscouts fungieren.

Authentizität des Beraterteams – das verlangen Kunden immer häufiger von ihren Agenturen. „Wir stellen fest, dass wir als Agentur dann am stärksten sind, wenn sich unsere Mitarbeiter mit einem Kunden und dessen Themen identifizieren können“, schlussfolgert Michael Hetzinger. „Wer für Food-Themen kommuniziert, sollte ein Foodie sein. Wer Kommunikation für Technik und IT macht, etwas nerdig drauf sein. Bei Fashion benötigt man ein Interesse für Style und Mode.“ Chemistry Meetings vor Pitchbeginn und Auftragsvergabe seien deshalb üblich und sinnvoll, meint Hetzinger.

Paid Media als gleichrangiges PR-Tool

PR und Pressearbeit hängt der Makel an, dass sie außer des Agenturhonorars nichts kosten sollen. Ohne Paid Media würden viele Marken nur medial kaum noch stattfinden. „Keine Angst vor Advertising – das kann gerade für Content von Influencern ein spannender Boost in Sachen Reichweite und Engagement sein“, erklärt Barbara Hechler. Michael Hetzinger sieht es ähnlich: „Hat eine Marke Journalisten keine Neuigkeit zu erzählen, empfehlen wir, ein Budget für Werbemaßnahmen bereitzuhalten.“

Pressearbeit ist in der Lifestyle-PR keineswegs tot. „Der Promi ist der schnellste Weg in die Medien“, erklärt André Karkalis. Er kann dabei auf die preisgekrönte Agenturkampagne „Duell der Maschinen“ des Gartengeräteherstellers McCulloch verweisen, bei der der muskelbepackte Ex-Nationaltorwart Tim Wiese (Foto) hilfreich dafür war, um nicht nur den Boulevard zu bedienen. Redaktionsbesuche mit Servicecharakter, Studien, das Aufgreifen von Trendthemen oder anlassbezogene Kommunikation zu Weihnachten oder Valentinstag kämen in Redaktionen gut an. Karkalis: „Man darf als Marke nur nicht die Zeit eines Journalisten vertrödeln.“ Was zu erzählen haben, sollte man schon.

Maßgeschneidert und adaptierbar: Content muss für die Medien passend sein

Barbara Hechler sieht es ähnlich: „In Zeiten sinkender Personaldichte in Redaktionen wird es immer wichtiger, individualisierten, maßgeschneiderten und leicht adaptierbaren Content an die Medien zu liefern.“ Alles müsse mit möglichst wenig Zeitaufwand von Redakteuren aufbereitet werden können. „Nach wie vor sind exklusive Inhalte, Zugang zu spannenden Marken-Gesichtern, Experten und durchaus auch Influencer ein spannender Trigger, um mit Medien größere Kooperationen, Content Co-Creation und somit qualitativ hochwertigen Output zu generieren.“ Blogazines und Online-Special-Interest-Formate hält sie für eine spannende Entwicklung, die den klassischen Medien Konkurrenz mache.

Beim wem landen am Ende die lukrativen Budgets für Influencer Relations und Influencer Marketing? „Natürlich findet hier auch ein Verteilungskampf zwischen verschiedenen Agenturen und Gattungen statt“, so André Karkalis. PR-Agenturen möchten genauso ein Stück vom Kuchen abhaben wie Werbe-, Media- und Digitalagenturen, Influencer-Plattformen und die Verlage. „Uns als PR-Agenturen sehe ich uns da in einer guten Position, weil wir immer schon Storytelling betrieben haben“, zeigt sich Michael Hetzinger optimistisch.

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